Freitag, 29. Juli 2011

Das Bonmot für Zwischendurch...

Bevor ich mich für ein paar Tage in den Sommerurlaub begebe, möchte ich hier und heute nochmal was Geistreiches zum Thema Literatur, Autoren, Bücher, etc. präsentieren...

Ich mag immer den Mann mehr lieben, der so schreibt, wie es Mode werden kann, als den, der so schreibt, wie es Mode ist.

(Georg Christoph Lichtenberg 1742-99)

Jeder rechtliche* Autor schreibt für niemand oder für alle. Wer schreibt, damit ihn diese und jene lesen mögen, verdient, dass er nicht gelesen wird.

* im Sinne von "rechtschaffen", "redlich", "ernsthaft"
(Friedrich Schlegel 1772-1829)

Wenn ein Buch nicht wert ist, zweimal gelesen zu werden, so ists auch nicht wert, einmal gelesen zu werden.

(Jean Paul 1763-1825)

Mittwoch, 27. Juli 2011

Heute in der Lunch-Time-Orgel

Heute spielte Wolfgang Abendroth drei Orgelwerke für uns:

Antonio Vivaldi (1678-1741)
Concerto a-moll für zwei Violinen und Orchester
für Orgel bearbeitet von J. S. Bach (BWV 595)

Max Reger (1873-1916)
Intermezzo D-Dur op. 80 Nr. 10

Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-47)
Sonate B-Dur op. 65 Nr. 4


Das dreisätzige Concerto klang - vor allem in den beiden Ecksätzen - wirklich unverkennbar und typisch nach Vivaldi! Bach hat das Ganze aber auch kongenial auf die Orgel übertragen, so dass die eigene BWV-Nummer dieses Konzerts wirklich gerechtfertigt ist.

Das folgende, kurze Intermezzo von Max Reger klang eigentlich etwas untypisch für diesen Komponisten: Eher meditativ und zart - man meint ja immer, Regers Musik wäre harmonisch hochkomplex, mit wuchtigen Akkorden und raffiniert konstruierten Stimmverläufen; ein so simpel erscheinendes Stück wie dieses beweist sehr schön, dass dieses (Vor-)Urteil nicht wirklich auf alle Werke Regers zutrifft und er eben sehr wohl auch "anders" konnte... ;-)

Zum Abschluss gab es dann noch die viersätzige B-Dur-Orgelsonate von Mendelssohn: Ein festliches Werk, dessen erhabene, feierliche Stimmung in allen vier Sätzen auf ganz unterschiedliche Weise zum Ausdruck kommt und von unserem Organisten durch eine entsprechend warme und volltönende Registrierung noch unterstrichen wurde.

Dienstag, 26. Juli 2011

Neuerwerbung



Erik Satie (1866-1925) gehört für mich zu den faszinierendsten Künstlergestalten des späten 19. bzw. frühen 20. Jahrhunderts.
Ein echter Visionär, der mit seinem auf größtmöglicher Einfachheit basierenden Kompositionsstil und seinen generellen ästhetischen Ansichten seiner Zeit um viele Jahre voraus war und darüber hinaus auch noch einen ausgeprägten Sinn für Humor, Ironie und Sarkasmus hatte, was ich immer ganz besonders sympathisch finde - solche Menschen sind amüsante und in der Regel sehr scharfsinnige Beobachter und ihre entsprechenden Kommentare oft unglaublich unterhaltsam!

Mit der beim französischen Label harmonia mundi im Jahre 2009 erschienenen Doppel-CD hatte ich schon länger geliebäugelt, zumal ich auch den Pianisten Alexandre Tharaud sehr schätze (z. B. seine Einspielung sämtlicher Klavierwerke von Maurice Ravel).

Die Aufnahme gliedert sich in zwei Teile:
Die erste CD, "Solo" betitelt, enthält einen repräsentativen Querschnitt durch das pianistische Hauptwerk Saties (eben für Soloklavier), angefangen von der geradezu allgegenwärtigen und weltberühmten Gymnopédie Nr. 1 aus dem Jahr 1888 (die beiden übrigen Gymnopédies wurden interessanterweise nicht mit eingespielt) und den sechs Gnossiennes von 1890/ 91, bis zu den Avant-dernières pensées (Vorletzte Gedanken) von 1915 sind einige der wichtigsten Miniaturen (kein Stück dauert hier länger als maximal 4 Minuten!) dieses französischen - im besten Sinne - Avantgardisten vertreten.

Unglaublich, wenn man diese minimalistischen, mit zahlreichen repetitiven und zum Teil auch sehr rhythmusdominierten Elementen arbeitenden Kompositionen hört und bedenkt, dass sich zur selben Zeit die meisten von Saties Komponistenkollegen noch in üppigsten spätromantischen Ergüssen aalten - da wurde gerne dick aufgetragen, sowohl was Harmonik, Orchestrierung, Umfang und Länge sowie ästhetische und emotionale Ansprüche anbetraf (und was an sich ja auch gar nichts Schlechtes sein muss, schließlich hat jede Stilrichtung ihre Daseinsberechtigung!) und dann kommt da dieser unscheinbare Franzose daher und komponiert zur gleichen Zeit kleine Musikstücke, die eine Schlichtheit und Einfachheit (auch unter Einbeziehung älterer Musikformen) sowie mitunter ein entspanntes "Einfach-mal-gar-nichts-ausdrücken-wollen" propagieren, das in totalem Kontrast zum gleichzeitigen musikalischen Geschehen steht, dass man sich wirklich wundern muss, wie Satie zu dieser Zeit bereits auf solche Ideen gekommen ist! In der "klassischen Moderne" des frühen 20. Jahrhunderts sollten diese von ihm verwendeten Stilmittel wie Schlichtheit, Rhythmus, Knappheit, Transparenz zu den alles dominierenden Elementen nicht nur der Kunstmusik werden...

Satie scheint einen faszinierend sicheren Instinkt dafür besessen zu haben, zu erkennen, dass die musikalische Epoche der überbordenden, teilweise bis zum Exzess überfeinerten Spätromantik so nicht mehr fortzuführen war und sich künstlerisch somit in die krasse Gegenrichtung einer größtmöglichen Einfachheit, Prägnanz und Kürze begeben.
Dass die gesamte Entwicklung der Kunstgeschichte in allen Bereichen ihm dann tatsächlich spätestens in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg Recht geben würde, spricht für Saties Gespür, vorauszuahnen, in welche Richtung sich die ästhetische Grundeinstellung entwickeln würde.

Ähnlich wie die heute noch völlig zeitlos und nach wie vor aktuell daherkommenden Entwürfe des Bauhaus-Gründers Walter Gropius (1883-1969) - noch so ein Visionär, den ich sehr bewundere - wirken auch die Klavierstücke Saties nach wie vor erstaunlich zeitlos.
Man hört ihnen nicht an, dass die meisten davon vor zum Teil mehr als 100 Jahren entstanden sind! Kein Wunder, dass Saties Musik stilbildend und inspirierend für viele zeitgenössische (beginnend mit Claude Debussy) und vor allem nachfolgende Komponisten des 20. Jahrhunderts geworden ist.

Alexandre Tharaud interpretiert diese pianistischen Klassiker der Moderne mit der nötigen Ruhe und Sorgfalt. Man merkt, wie sehr ihm Saties Musik am Herzen liegt - jede noch so winzige Miniatur wird mit gebührendem Respekt behandelt, so dass kein Detail verlorengeht (was bei einem lieblosen Herunterspielen vieler dieser kleinen Stücke durchaus passieren könnte). Und auch der allgegenwärtige Humor Saties, der nicht nur in den teils absurden Titeln seiner Stücke, sondern z. B. auch in nicht enden wollenden Schlussfloskeln mancher Stücke zum Ausdruck kommt, wird von Tharaud genussvoll zelebriert.

CDs mit Solowerken für Klavier von Satie gibt es tatsächlich einige, so gesehen wäre die jetzt hier vorgestellte CD - abgesehen von der guten Interpretation - gar nicht mal so besonders erwähnenswert.

Den eigentlichen Reiz an dieser Aufnahme macht für mich daher vor allem die zweite CD mit dem Titel "Duos" aus, denn hier kombiniert Tharaud zusammen mit anderen Musikern einen interessanten Überblick über viel seltener zu hörende Kompositionen Saties, der eben nicht nur Werke für Klavier solo verfasst hat, sondern unter anderem auch ebenfalls sehr hörenswerte Stücke für Klavier vierhändig, Klavier und Violine oder auch Gesangsstücke mit Klavierbegleitung - er war viele Jahre lang als Pianist in diversen Cafés in Montmartre tätig und hat in diesem Rahmen auch mehrere Stücke für Sängerinnen und Sänger geschrieben, mit denen er dort zusammenarbeitete. Hier fanden dann auch zur damaligen Zeit so topmoderne Einflüsse wie der Ragtime Eingang in Saties Kompositionen (auch damit dürfte er ein Vorreiter in Europa gewesen sein).

Diese erwähnten witzig-spritzigen Chansons haben mir auf dieser 2. CD denn auch am Besten gefallen, zeigen sie doch eine weitere, mir bislang völlig unbekannte Facette von Satie.

Ach ja, die aus sieben (!) Sätzen bestehenden Trois Morceaux en forme de poire (Drei Stücke in Birnenform) aus dem Jahr 1903, für Klavier zu vier Händen, gehörten auch direkt zu meinen Favoriten!

Eine wirklich lohnende Doppel-CD, die einen guten Überblick über die Musik eines der originellsten, ungewöhnlichsten und einflussreichsten Komponisten des frühen 20. Jahrhunderts gibt!

Mittwoch, 20. Juli 2011

Heute in der Lunch-Time-Orgel

Unser Lunch-Time-Organist Wolfgang Abendroth servierte uns heute ein rein französisches Programm (alles Kompositionen, die gegen Ende des 19. bzw. zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden sind) - genau mein Geschmack!


Léon Boëllmann (1862-97)
Offertoire F-Dur
Offertoire Des-Dur

Alexandre Guilmant (1837-1911)
Sonate Nr. 4 d-moll op. 61


Guilmant gehört zu den Komponisten-Jubilaren dieses Jahres (100. Todestag am 29. März), er fällt - wie noch einige andere Kollegen - jedoch zu Gunsten der beiden alles überstrahlenden 2011er "Promis" Franz Liszt und Gustav Mahler leider total unter den Tisch, was ich sehr ungerecht finde, zumal man z. B. bereits im vergangenen Jahr intensiv und ausgiebig an Gustav Mahler erinnert hatte (da war es der 150. Geburtstag)! Die Musik von Liszt und Mahler ist doch eh quasi ständig "in aller Ohren", wohingegen ich es eher unbekannteren Komponisten schon sehr gönnen würde, wenn sie mal ein bisschen ins Licht der Öffentlichkeit gerückt werden würden...

Umso mehr freue ich mich, dass wir auch heute wieder ein großes Orgelwerk dieses französischen Komponisten präsentiert bekamen: Die trotz der vorherrschenden Moll-Tonart erstaunlich leichtfüßig daherkommende klassisch-viersätzige Orgelsonate Nr. 4!

Vorweg gab es zwei kürzere (und vom Charakter her deutlich ruhigere) Offertoires von Guilmants Zeitgenossen, dem viel zu früh verstorbenen Elsässer Léon Boëllmann, der heute hauptsächlich für seine ebenfalls für die Orgel komponierte Suite gothique bekannt sein dürfte.

Dienstag, 19. Juli 2011

Oper Köln - Ende der Spielzeit 2010/11

Da in diesem Jahr hier bei uns in NRW die Sommerferien ziemlich spät beginnen (Ende dieser Woche geht es los), ist auch die Opernspielzeit 2010/11 erst am vergangenen Wochenende abgeschlossen worden - Zeit also für eine kleine persönliche Rückschau auf die abgelaufene Saison.

Eine sehr ungewöhnliche Spielzeit, die aufgrund der ungewöhnlich zahlreichen Spielorte, die im ganzen Kölner Stadtgebiet verstreut lagen, Ausführenden wie Publikum sicher noch lange in Erinnerung bleiben wird!

Rückblickend kann man sagen, dass die Kölner Oper diese gewaltige logistische Herausforderung (die noch ergänzt wurde durch zwei Auslandsaufenthalte des Ensembles im Herbst 2010 in China und im Frühjahr 2011 im Irak) wirklich gut gemeistert hat - in der kommenden Spielzeit wird diese "Wanderung" ja noch einmal fortgesetzt werden, dann allerdings nicht mehr an so vielen verschiedenen Orten wie zuletzt.

Ich habe mehrere (aber bei weitem nicht alle) Neu-Inszenierungen der letzten Spielzeit besucht - und hier auch ausführlich darüber berichtet. So richtig enttäuscht hat mich - und ich freue mich, dass ich das sagen kann - keine dieser Produktionen! Das ist etwas, das man vor wenigen Jahren leider nicht immer am Ende einer Spielzeit der Kölner Oper sagen konnte, so gesehen bin ich nach wie vor sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Intendanz von Uwe Eric Laufenberg - bislang hat er sich keinen wirklichen "Fehlgriff" geleistet; einige seine Vorgänger hingegen schienen dafür geradezu ein Händchen zu haben, was mir (und sicher auch anderen) über Jahre die Lust an Besuchen von Kölner Opernproduktionen ziemlich verdorben hat!
So häufig wie in den letzten zwei Jahren war ich schon ewig nicht mehr im heimischen Opernhaus - gut, dass wir hier in der Region gleich mehrere, nicht allzu weit von Köln entfernte Ausweichmöglichkeiten besitzen (Bonn, Düsseldorf, Wuppertal, Essen, Gelsenkirchen, etc.)…
Aber wie gesagt: Ausweichen war in den letzten Monaten nicht mehr unbedingt nötig, bei uns in Köln gab es genug Sehens- und Hörenswertes zu erleben! Auf der Homepage der Kölner Oper gibt es zur Zeit einen kleinen Film mit den Highlights der abgelaufenen Saison zu bewundern.

Meine beiden persönlichen Highlights der vergangenen Spielzeit sind bezeichnenderweise beides Inszenierungen gewesen, die nicht im eigentlichen Opernhaus, sondern in einer der diversen Ausweichspielstätten realisiert wurden: Monteverdis "L'incoronazione di Poppea" in der ehemaligen Konzernzentrale der Gerling-Versicherung und Brittens "The Turn of the Screw" in der Trinitatiskirche.
Nicht nur im Falle dieser beiden Produktionen kann man sagen, dass die Tatsache, dass man außerhalb der gewohnten Räumlichkeiten des Opernhauses verschiedene Inszenierungen auf die Beine stellen musste, bei allen Beteiligten eine enorme Kreativität geweckt hat - die verschiedenen Spielorte wurden nicht nur als einfache Räume aufgefasst, sondern mit all ihren individuellen Besonderheiten (Lage, Architektur, Ausstattung, etc.) in die jeweiligen Aufführungen mit einbezogen, was zum Teil zu wirklich einzigartigen Stimmungen vor, während und nach den Vorstellungen geführt hat!
Ich erinnere mich zum Beispiel sehr gern an die den gediegenen Charme der 1950er Jahre ausstrahlenden Repräsentationsräume im Gerling-Gebäude, die zum Ambiente der Poppea-Aufführungen ganz erheblich beigetragen haben. Schön, dass man als Besucher auch Gelegenheit bekam, sich ein wenig in der ungewohnten Umgebung umzusehen. Und die einzigartige Atmosphäre, die der Kirchenraum vermittelte, in dem die geheimnisvolle Geister-Oper "The Turn of the Screw" gegeben wurde, hätte man so auch in keinem "herkömmlichen" Operntheater erzeugen können!

Ich habe die Neu-Inszenierung der Zauberflöte im Dezember 2010 nicht besucht, die in der Aula der Universität stattgefunden hat. Hier gab es - eigentlich zum einzigen Mal - auch etwas kritischere Stimmen, die sich darum drehten, dass dieser heute als Hörsaal genutzte Ort nicht unbedingt der optimalste Ort für eine gut dreistündige Opernaufführung ist. Auch die Inszenierung musste sich in diesen Räumlichkeiten den begrenzten Möglichkeiten beugen und soll den Umständen entsprechend etwas bieder und farblos gewesen sein. Aber diese Produktion scheint die rühmliche Ausnahme gewesen zu sein - ansonsten war das bisherige Kapitel "Ausweichspielstätten" mehr als ein Erfolg: Man sollte meiner Meinung nach auch nach Beendigung der Sanierungsarbeiten am Opernhaus (die ja auch erst im Jahr 2012 beginnen werden) ab und an mal wieder "auf Tour" durch die Stadt gehen und sich an ungewöhnlichen Aufführungsorten vom dortigen Ambiente inspirieren lassen - das lohnt sich wirklich!

So gesehen hatten es im Vergleich hierzu die Inszenierungen im eigentlichen Opernhaus schon mal etwas schwerer (und auch diese gab es noch in der letzten Spielzeit), gegen die plötzlich nicht mehr als Handicap sondern sich als echter Vorteil erweisenden "Auswärts-Inszenierungen" anzukommen. Hierunter waren dann z. B. mit der Aida oder dem Rinaldo dann auch eher durchschnittliche Produktionen - keine absoluten Ärgernisse, aber eben auch "nur" moderne Inszenierungen, wie man sie in dieser Art und Weise heute fast überall zu sehen bekommt.

Das bezog sich jetzt alles nur auf die Inszenierungen - musikalisch hingegen gab es in dieser Spielzeit eigentlich fast gar nichts auszusetzen. Nicht nur in den von mir schon als meine persönlichen Highlights hervorgehobenen 2 Inszenierungen sondern auch in den anderen Aufführungen, die ich besucht habe, haben Orchester, Chor und Solisten gute, überzeugende, ja zum Teil sogar herausragende Leistungen geboten und das hat mich wirklich am allermeisten gefreut!

Ich wünsche mir sehr, dass man auf diesem guten Weg, den man nach langen Jahren des irgendwie planlosen Herumlavierens nun endlich gefunden zu haben scheint, auch in den kommenden Spielzeiten fortschreiten wird.

Mitte September geht es wieder los!

Mittwoch, 13. Juli 2011

Heute in der Lunch-Time-Orgel

Durch das heutige Konzert führte zum einen ein thematischer "roter Faden", der aus Bearbeitungen bzw. Improvisationen über verschiedene Gotteslob- und Dankes-Choräle bestand und zudem standen alle heute zu hörenden Stücke in derselben Tonart G-Dur, wie uns Organist Wolfgang Abendroth in seiner kurzen Konzerteinführung zu Beginn verriet.

Und so setzte sich das heutige Programm zusammen:

J. S. Bach (1685-1750)
Präludium und Fuge G-Dur BWV 550
Choralbearbeitung "Nun danket alle Gott" BWV 657

Wolfgang Abendroth (geb. 1978)
Improvisation über Psalm 103 ("Lobe den Herrn, meine Seele")

Sigfrid Karg-Ehlert (1877-1933)
aus den "Choral-Improvisationen" op. 65
- Lobe den Herren (Studio)
- Nun danket alle Gott (Marche triomphale)


Besonders gefreut habe ich mich heute darüber, dass wir nach längerer Zeit wieder einmal eine Improvisation unseres Organisten zu hören bekamen! Vor ein paar Jahren gab es eine Phase, in der er fast wöchentlich über den jeweiligen Wochen-Choral für uns improvisierte, was ich immer ausgesprochen beeindruckend und sowohl musikalisch wie dramaturgisch sehr überzeugend fand!
Heute war es also wieder (endlich) einmal soweit und Wolfgang Abendroths musikalische Umsetzung der Lobpreisungen des 103. Psalms war entsprechend kraftvoll, optimistisch und auch festlich - sehr schön!

Originell auch Karg-Ehlerts notierte und gedruckte "Improvisation" (vom Komponisten "Studio", also "Studie" betitelt) über die Melodie des auch heute noch sehr bekannten Chorals "Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren" - in dem diese Melodie gar nicht erklingt, sondern lediglich durch den entsprechenden Rhythmus zu erkennen ist (den wohl jeder Zuhörer bei diesem bekannten Lied sofort im Ohr haben dürfte), während dazu ganz andere Noten gespielt werden, als diejenigen, die die eigentliche Melodie ergeben würden. Trotzdem erkannte man genau, welcher Choral hier gemeint war - auf so eine Idee muss man erstmal kommen!

Donnerstag, 7. Juli 2011

Philharmonie-Konzert

Bereits zum vierten Mal in diesem Jahr bin ich diese Woche Dienstag (5. Juli) ganz spontan und überraschend an eine Karte für ein Symphoniekonzert des Kölner Gürzenich-Orchesters in der Philharmonie gekommen.

Folgendes stand auf dem Programm:

Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Klavierkonzert Nr. 5 Es-Dur op. 73


Gustav Mahler (1860-1911)
Symphonie Nr. 1 D-Dur


Martin Helmchen, Klavier
Gürzenich-Orchester Köln
Dirigent: Markus Stenz


Mit diesem 12. Symphoniekonzert beschließt das Gürzenich-Orchester seine Konzertsaison 2010/ 2011 - Mitte Oktober beginnt dann die neue Konzertsaison 2011/ 2012.

Obwohl das Konzert am Dienstag der übliche dritte Konzerttermin mit dem oben genannten Programm war (am 3. und 4. Juli fanden bereits ebenfalls Konzerte statt), schien der Publikumszuspruch ungebrochen: Die Philharmonie war tatsächlich ausverkauft, was ich nun auch noch nicht so oft erlebt habe, zumal es sich ja um kein außergewöhnliches "Event" mit irgendwelchen gastierenden Weltstars handelte, sondern "lediglich" um ein reguläres Symphoniekonzert, für das auch zahlreiche Abonnenten ihre Dauerkarten besitzen!
So überraschend die Tatsache war, dass der Konzertsaal tatsächlich bis auf den letzten Platz besetzt war, so erfreulich war das Ganze natürlich (nicht nur für die Künstler): Weder der laue Sommerabend noch das zeitgleich stattfindende Frauen-Fußball-WM-Deutschlandspiel konnten die Konzertbesucher vom Philharmoniebesuch abhalten - auffallend dazu außerdem der verhältnismäßig hohe Anteil junger Leute im Publikum: Nicht nur die unter 30-jährigen, sogar die sehr deutlich vertretenen unter 20-jährigen Zuhörer lassen hoffen, dass das Interesse auch der jüngeren Generation an klassischen Symphoniekonzerten durchaus vorhanden ist - ich habe hier jedenfalls viele sehr aufmerksame und ausgesprochen zufriedene Gesichter während und nach dem Konzert beobachten können.

Und es gab auch jede Menge Gründe, von diesem Konzert begeistert zu sein - das attraktive Programm schien ja bereits wie ein Publikumsmagnet gewirkt zu haben, die überzeugende, ja mitreißende Leistung von Solist, Orchester und Dirigent taten dann ein Übriges!

Den sympathischen 29-jährigen Solisten Martin Helmchen aus Berlin kannte ich bereits von einigen CD-Aufnahmen - im Konzert habe ich ihn am Dienstag erstmalig erleben dürfen (es war zugleich auch sein Debüt mit dem Kölner Gürzenich-Orchester). Helmchen, dessen pianistischer Schwerpunkt wohl im Bereich der Wiener Klassik sowie bei Schubert, Schumann und Brahms liegen dürfte, überzeugte durch sein auf die große Virtuosenattitüde verzichtendes Spiel - so etwas würde wohl auch besser zur Musik von Tschaikowsky oder Rachmaninoff und nun wirklich nicht zu Beethoven & Co. passen. Er gestaltete den anspruchsvollen Klavierpart des 5. Klavierkonzerts (uraufgeführt im Jahr 1809) klar, präzise und schwungvoll, mit der nötigen Eleganz (z. B. direkt zu Beginn des ersten Satzes) und einem guten Gespür für die zarten und leisen Töne, ohne hier zu sehr ins Sentimentale oder Romantisierende abzugleiten, obwohl gerade der Beginn des zweiten Satzes, eines der wohl lyrischsten Satzanfänge, die Beethoven je komponiert hat, zu einer solchen Interpretation verleiten würde. Aber wie der weitere Verlauf dieses zweiten Satzes dann zeigt, ist Beethoven weit davon entfernt, sich in einer quasi endlosen schwärmerischen Stimmung zu verlieren und dies ordentlich auszukosten, wie es z. B. in den langsamen Sätzen der beiden Klavierkonzerte von Chopin der Fall ist - aber diese Musik gehört ja dann auch schon in die Epoche der Romantik!

Mich hat jedenfalls Helmchens Interpretation - gerade auch dieses poetischen Anfangs des 2. Satzes - sehr angesprochen.

Auch die Interaktion zwischen Solist und Orchester klappte tadellos: Markus Stenz ließ dem Solisten an den Solostellen ausreichend Zeit und Gelegenheit, diese sorgfältig auszuspielen und keine drängende Hektik aufkommen zu lassen (es kommt ja vor, dass man mitunter den Eindruck hat, das zahlenmäßig überlegene Orchester würde den oder die Solist[in] vor sich her treiben…) - im Konzert am Dienstag musizierten jedenfalls zwei gleichberechtigte, einander auch klanglich absolut ebenbürtige Partner miteinander und nicht aneinander vorbei.

Das gewählte zügig-leichtfüßige Grundtempo und der transparente Orchesterklang passten gut zum Wiener Klassiker Beethoven (dessen Musik ja früher gerne deutlich schwerfälliger und irgendwie immer ganz besonders "bedeutungsgeschwängert" aufgeführt wurde!) - alles machte einen frischen und lebendigen Eindruck und wirkte im Ganzen wie eine wirklich "runde" Sache!

Als Zugabe und als Dank für den begeisterten Applaus spielte Martin Helmchen für uns noch den Satz "Vogel als Prophet" aus den Waldszenen op. 82 von Robert Schumann (1810-56).

Dass das Gürzenich-Orchester eine bis in die Entstehungszeit der Symphonien zurückreichende Mahler-Tradition besitzt, kann man in jedem Konzertführer nachschlagen - es ist eine erfreuliche Tatsache, dass auch aktuelle Aufführungen nach wie vor die Hingabe aller Beteiligten an und die Begeisterung für die Kompositionen von Gustav Mahler rüberbringen können.
Man spürte z. B. im pompös-wuchtigen Finale der 1. Symphonie geradezu die körperliche Kraft und Energie, die dieser Musik innewohnt - das Orchester hierbei zu beobachten war gleichermaßen faszinierend und begeisternd - im Publikum konnte sich niemand diesem Sog entziehen und was kann man Besseres von der Wiedergabe eines Musikstücks sagen, als wenn man feststellen muss, dass der berühmte "Funke" ganz offensichtlich übergesprungen und die musikalische Botschaft angekommen war?

Den berühmten dritten Satz der im Jahr 1889 uraufgeführten 1. Symphonie, dieser immer wieder in schwungvoll-groteske Klänge umkippende Trauermarsch über die in Moll erklingende Melodie des bekannten Kanons "Frère Jacques", fand ich besonders gelungen: Markus Stenz verstand es prächtig, die schmissigen Einwürfe, die die eigentlich ernste Stimmung des Satzes immer wieder ins Absurde, ja Komische abgleiten lassen, richtig schön auszukosten. Man spürte förmlich das Zukunftsweisende dieser Musik - hier wurde die Tür ins 20. Jahrhundert bereits weit aufgestoßen.

Aber auch schon im ersten Satz wurden die teilweise urplötzlich auftretenden Lautstärke- und Stimmungswechsel richtig schön plastisch und knackig ausgekostet - das eh schon groß besetzte Orchester konnte sich in dieser Symphonie wieder einmal so richtig "austoben" und zeigen, was für ein gut aufeinander eingespieltes Ensemble es darstellt. Vor allem die verschiedenen Blechbläser beeindruckten in diesem für sie so überaus dankbaren Werk (von zwei kleinen Patzern abgesehen) - sehr präsent und strahlend dominierten sie an den entsprechenden Stellen das Ganze und wenn dann im Finale des letzten Satzes traditionell die sieben Hornisten zur Steigerung des Gesamtklangs ihren Part im Stehen spielen, dann bekommt man schon eine Gänsehaut!

Schade, dass es diesmal keinen "3. Akt" gab, also den erst im Konzert selbst unmittelbar vorher bekanntgegebenen letzten Programmpunkt, der traditionell immer auf der Agenda steht, wenn Markus Stenz selber das Gürzenich-Orchester dirigiert. Aber was hätte nach diesem gewaltigen Schlusspunkt am Ende der 1. Symphonie noch kommen können, zumal die Musiker nach dieser "Schlacht" auch sichtlich erschöpft und erleichtert wirkten (und sich vielleicht auch schon auf die Sommerpause freuten, die jetzt wohl anstehen dürfte)?
Ich hätte mich gefreut, wenn auch der von Mahler ursprünglich vorgesehene, "Blumine" betitelte zweite Satz zur Aufführung gekommen wäre - gerade jetzt im "Mahler-Jahr". Man bekommt diesen Satz viel zu selten einmal zu Gehör und da hätte es sich doch angeboten anstatt des "3. Aktes" am Schluss des Konzerts den "Blumine"- Satz vielleicht ganz einfach an der ursprünglichen Stelle (wo er auch in der Uraufführung 1889 noch zu finden war) zu spielen?

Aber das soll den Eindruck dieses tollen Konzertabends nun wirklich nicht schmälern - ich bin noch immer ganz hin und weg und freue mich schon auf die neue Saison!

Mittwoch, 6. Juli 2011

Heute in der Lunch-Time-Orgel

Von den fünf heute von Wolfgang Abendroth im Verlauf des Mittagskonzerts gespielten Stücken waren allein vier davon Bearbeitungen für die Orgel - bis auf das letzte Stück gab es heute barocke Kompositionen zu hören:

Georg Friedrich Händel (1685-1759)
Second Sinfonia aus dem Oratorium "Solomon"
("Die Ankunft der Königin von Saba")

bearbeitet für Orgel von Wolfgang Abendroth

Ciacona F-Dur
bearbeitet für Orgel von Wolfgang Abendroth

Georg Böhm (1661-1733)
Partita "Auf meinen lieben Gott trau ich in Angst und Not"

Johann Pachelbel (1653-1706)
Kanon D-Dur

bearbeitet für Orgel von Wolfgang Abendroth

Edward Elgar (1857-1934)
Imperial March op. 32

bearbeitet für Orgel von George C. Martin

Besonders interessant fand ich heute natürlich die Bearbeitungen, die unser Organist selber für sein Instrument angefertigt hatte:
Die berühmte "Ankunft der Königin von Saba", die Abendroth in einem nicht zu schnellen Tempo spielte (ich kenne Orchesteraufnahmen dieses Stücks, wo man den Eindruck hat, die Königin wäre mindestens eine Langstreckenläuferin...) hatte er in den Tutti-Stellen relativ volltönend registriert, wodurch sich die im Wechsel hierzu erklingenden Solostellen (im Original von Oboen gespielt) klanglich gut abgrenzen ließen.

Die relativ kurze Ciacona ist im Original ein Stück, das Händel für Cembalo solo geschrieben hat, sich aber auch in der Orgelfassung gut machte.

Die Partita von Georg Böhm war im heutigen Konzert das einzige Originalstück für Orgel - mehrteilige Variationen in verschiedenen Kompositionstechniken über den titelgebenden Choral (dessen Melodie ich nicht kannte).

Den berühmten Kanon von Pachelbel (eines meiner absoluten Lieblingsstücke!) kenne ich in -zig Versionen, für die Orgel habe ich das Stück bislang aber auch noch nicht gehört, entsprechend gespannt war ich auf die Bearbeitung Abendroths.
Gut fand ich, dass er das Grundtempo (in der Basslinie) nicht allzu flott nahm (auch hier kenne ich einige Interpretationen, die eher an einen Geschwindmarsch erinnern!) - im Verlauf des Stücks hatte ich allerdings den Eindruck, dass das Ganze ein wenig schneller wurde (es war aber nicht störend, vielleicht habe ich mich aber auch durch die Oberstimmen täuschen lassen); ich finde nämlich die Wirkung des Kanons bei einem eher moderaten Tempo viel wirkungsvoller, als wenn so gehetzt wird, wie man es leider in vielen Aufnahmen hören kann.
Abendroth hatte das Stück in ein romantisch-fülliges Klanggewand gepackt - der üppige Schluss erinnerte eher an das Werk eines Spätromantikers als an ein Stück Barockmusik, aber der wirklich unverwüstliche Pachelbel-Kanon kann das ab...

Zum guten Schluss gab es dann noch ein "Schmankerl", das mich als Fan britischer Musik natürlich besonders freute: Edward Elgars Imperial March, ursprünglich für Orchester komponiert anlässlich der Feierlichkeiten zum diamantenen Kronjubiläum von Queen Victoria im Jahr 1897 - ein gelungener Abschluss eines ausgesprochen interessanten Programms!

Montag, 4. Juli 2011

Zuletzt gehört...

Lange schon nicht mehr angehört: Barbra Streisand mal "klassisch"

Weil es so bizarr klang und ich mir überhaut nicht vorstellen konnte, wie die Kombination Streisand - Klassik klingen könnte, hab ich mir vor ein paar Jahren die CD Classical Barbra (ist bei SONY als LP erstmals 1976 erschienen) zugelegt.

Ich wurde seinerzeit - in Bezug auf die erwartete (oder befürchtete?) Skurrilität dieser Aufnahme - dann auch nicht enttäuscht:
Begleitet vom Columbia Symphony Orchestra (und zweimal auch vom Klavier) aalt sich "Frau Streusand" in ihrem vom Broadway her ja bereits bestens bekannten Lieblings-Tempo herum – schneller als Largo oder Adagio macht sie es musikalisch ja ausgesprochen ungern und schon gar nicht, wenn sie klassische Musik zum Besten gibt (was sie glücklicherweise wohl nur dieses eine Mal versucht hat)... *räusper*

Und so gibt es auf der CD dann eine ziemlich eigentümliche Zusammenstellung, in der sich unter anderem Debussys "Beau soir", Hugo Wolfs "Verschwiegene Liebe", Schumanns "Mondnacht", Faurés "Pavane" als Vocalise, Händels "Lascia ch’ io pianga" aus der Oper Rinaldo oder "In trutina" aus Carl Orffs "Carmina burana" versammeln – was für eine Mischung!!

Und wenn Madame dann z. B. das Schumann-Lied (wohlgemerkt auf Deutsch!) singt, versteht man kein einziges Wort: Ich habe es mehrfach versucht. Gut, dass alle Texte im CD-Booklet stehen (mit hilfreichen, von mir beim ersten Durchblättern noch als völlig überflüssig aufgefassten Hinweisen versehen, welche Sprache das von uns' Barbra Gesungene dann jeweils darstellen soll…) – Frau Streisand verschluckt und nivelliert sämtliche Konsonanten dermaßen, dass es klingt, als würde sie nur einen einzigen, langgestreckten und mehrfach umgefärbten Vokal von sich geben. Aber das soll dann ein Lied von Schumann sein? Eine derart ungewöhnliche Interpretation eines Schumann-Liedes muss man wirklich lange suchen!
Textkommentar im Booklet:
Wie schon Wolfs "Verschwiegene Liebe" wird auch dieses Lied so vorgetragen, wie Schumann es komponiert hat.

Das klingt irgendwie wie eine Drohung... *grins*
Ein äußerst aufschlussreicher und irgendwie völlig überflüssiger Kommentar, der eigentlich einen Preis für besonders geistloses Formulieren verdient hätte, da ein solcher Vortrag ("wie vom Komponisten komponiert") ja doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, oder verstehe ich da irgendwas falsch?

Fazit:
Wer auch immer die Künstlerin auf die Idee gebracht hat, eine Klassik-CD aufzunehmen, hätte das Projekt entweder ganz anders aufziehen oder aber gleich eine andere Sängerin engagieren müssen!

In Musicals und z. B. in Kooperation mit Barry Gibb ist sie ja wirklich eine spezielle Klasse für sich – aber wenn eine Händel-Arie plötzlich wie "I am a Woman in Love" klingt, frage ich mich schon, was da wohl falsch gelaufen sein könnte...
Jedenfalls überrascht es mich überhaupt nicht, dass das Album Classical Barbra in all den langen Jahren ihrer Karriere der einzige Ausflug der großen Diva in die Welt der klassischen Musik geblieben ist - wahrscheinlich hat sie selbst gemerkt (oder man hat es ihr schonend beigebracht), dass dieses Projekt irgendwie nicht zu ihren gelungensten gehört.

Aber solche Aufnahmen haben ja durchaus einen gewissen Kult-Faktor: Ich hatte jedenfalls mal wieder großen Spaß beim Anhören dieses somit in jeder Hinsicht wirklich ungewöhnlichen - und einzigartigen - Machwerks... ;-)