Mittwoch, 31. Juli 2013

Heute in der Lunch-Time-Orgel

Heute Mittag spielte Organist Wolfgang Abendroth folgendes Programm für uns:

Jean-Jacques Beauvarlet-Charpentier (1734-1794)
Messe g-moll
- Kyrie
- Gloria
- Offertoire
- Sanctus
- Agnus Dei


Es ist eine vor allem französische Orgelmusik-Spezialität mit Schwerpunkt im 17. und 18. Jahrhundert: Die Messe für Orgel.
In der Praxis muss man sich das so vorstellen, dass sich die in Form gregorianischer Choräle gesungenen Messteile (also Kyrie, Gloria, Sanctus, etc.) während des Gottesdienstes immer wieder mit kleineren (oder auch etwas ausführlicheren) Orgel-Zwischenspielen abwechselten und sich so den Gläubigen während des Gottesdienstes eine abwechslungsreiche musikalische Darbietung bot.
Vor allem im Frankreich der Barockzeit waren diese „Orgelmessen“ sehr beliebt und kein namhafter Organist (der auch als Komponist tätig war) hat sich die Gelegenheit entgehen lassen, eigene Kompositionen für solche Messen beizusteuern, es gibt hier berühmte Beispiele u. a. von Francois Couperin oder Nicolas de Grigny.
Heute werden in der Regel die Orgelkompositionen, die zu so einem Messe-Zyklus gehören, am Stück (also ohne die gregorianischen Choräle) aufgeführt, so auch die heute zu Gehör gebrachte gut halbstündige Messe g-moll des nicht ganz so bekannten Beauvarlet-Charpentier.

Obwohl sich die Satzbezeichnungen der vielen kleinen Einzelnummern innerhalb der großen Abschnitte Kyrie, Gloria, Sanctus, Agnus Dei, Offertoire (Letzteres traditionell übrigens der musikalisch ausführlichste Teil, da hier eine längere Zeitspanne während der Messe überbrückt werden muss, weswegen auch noch im 19. Jahrhundert gerade die Offertoires die mit Abstand häufigsten Orgelkompositionen für die katholische Messe darstellen!) an den traditionellen, immer einen Hinweis auf die vorzunehmende Registrierung gebenden, barocken Vorbildern aus dem 17. Jahrhundert orientieren, kann Monsieur Beauvarlet-Charpentier (der mir vorher nicht einmal dem Namen nach bekannt war) nicht verleugnen, dass er in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts komponierte, also in der Epoche, die man (vielleicht etwas zu einseitig) als Wiener Klassik bezeichnet – denn dass man diesen Stil auch außerhalb Wiens beherrschte, das bewies diese Orgelmesse in ohrenfälliger Weise:
Viele Wendungen, Begleitfiguren und die meist ausgesprochen fröhlichen, spielfreudig-virtuosen Melodien erinnerten frappant an Ähnliches von Joseph Haydn oder Wolfgang Amadé Mozart - was ja nun weiß Gott nicht das Schlechteste ist!
An die Grundtonart g-moll erinnerte hier eigentlich nicht allzu viel: Allenfalls das ein oder andere Prélude am Beginn von Kyrie, Gloria oder Agnus Dei klang für die Dauer weniger Takte mal etwas wuchtiger und ernsthafter, bevor sich die sonnige, unbändige, melodienselige Musizierfreude dieser Epoche auch schon wieder die Bahn brach – eine echte Offenbarung, die mir wirklich ausgesprochen gut gefallen hat!

Und damit komme ich dann auch noch zu einem eher traurigen Nachsatz in eigener Sache:
Nach ziemlich genau 11 Jahren beruflicher Tätigkeit in Düsseldorf war heute mein letzter Arbeitstag in der Landeshauptstadt von NRW. Ich kann demnächst auf die Pendelei zwischen Köln und Düsseldorf verzichten, da ich eine neue Stelle hier in der Stadt antreten werde – aber das bedeutet eben auch, dass ich die Lunch-Time-Orgel ab sofort mittwochs zur Mittagszeit nicht mehr werde besuchen können und meine wöchentliche Berichterstattung über diese gleichermaßen ambitionierte wie süchtig machende Konzertreihe zwangsläufig mit dem heutigen Beitrag enden muss :-(

Im Mai 2003 (ich meine irgendwo mal gelesen zu haben, dass es die Lunch-Time-Orgel bereits seit 2002 gibt, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren) bin ich ganz zufällig auf das Schild vor der Düsseldorfer Johanneskirche (die keine 5 Minuten von meiner bisherigen Arbeitsstelle entfernt liegt) gestoßen, das auf das mittwochmittägliche Konzert hinwies und nach diesem meinem ersten Spontanbesuch hatte ich sofort Feuer gefangen und bin in den vergangenen 10 Jahren, wann immer es mir möglich war (und ich habe es einzurichten gewusst, dass dies fast immer möglich war! Mittwochs um 12:30 Uhr waren für mich keine anderen Termine drin…) zur Stelle gewesen, wenn Kantor und Organist Wolfgang Abendroth oder eine(r) seiner ebenso kompetenten Vertreter(innen) die ganze Bandbreite der Orgelliteratur zum Erklingen brachte – es ist wirklich sehr beachtlich, was da in über 10 Jahren alles zusammengekommen ist und wie abwechslungsreich die Programme immer waren – Wiederholungen innerhalb kürzerer Zeitabstände waren da die absoluten Ausnahmen! Und es ist eine Riesenleistung und alles andere als selbstverständlich über einen so langen Zeitraum Woche für Woche diese Konzerte auf stets gleich hohem Niveau zu organisieren und darzubieten!

So sehr ich mich auch auf die anstehende berufliche Veränderung freue, so sehr bedauere ich es aber auch, dass ich künftig nicht mehr die Lunch-Time-Orgel werde besuchen können – schon nach 2 Wochen Urlaub hatte ich in der Regel bereits „Entzugserscheinungen“ und habe mich immer auf den nächsten Mittwoch und die Überraschung gefreut, was für Stücke wohl auf dem Programm stehen würden. Und dass es viel Überraschendes und Hörenswertes zu entdecken gab und gibt, beweisen Konzertprogramme wie das heutige nachdrücklich!

Meine Hochachtung und mein Dank gehen daher an dieser Stelle an Wolfgang Abendroth, seine Kolleginnen und Kollegen und das ganze sympathische Team der Johanneskirche, die mir in über 10 Jahren immer wieder aufs Neue so viel Freude und musikalische Aha-Erlebnisse ohne Ende beschert haben! Das alles wird mir sehr fehlen (und das schreibt ein Kölner über Düsseldorf!) und ich werde bestimmt versuchen, irgendwann mal wieder eines dieser Konzerte zu besuchen.

Ich kann also nur jede(n) an Musik Interessierte(n) aufrufen, der oder die sich mittwochs um 12:30 Uhr in der Düsseldorfer Innenstadt befindet, unbedingt einmal die in entspannter und ungezwungener Atmosphäre stattfindende Lunch-Time-Orgel in der Johanneskirche zu besuchen – es lohnt sich wirklich und man wird schnell zum „Wiederholungstäter“ :-)

In diesem Sinne: Auf dass diese schöne Konzertreihe noch lange fortbestehen möge!

Mittwoch, 24. Juli 2013

Heute in der Lunch-Time-Orgel

Heute spielte Joachim Weller für uns die Lunch-Time-Orgel. Er ist Student an der Kölner Musikhochschule und hatte heute Mittag eine ansprechende orgelmusikalische Mischung aus Barockem und Romantischem für uns vorbereitet:

Eugène Gigout (1844-1925)
Grand Choeur Dialogué

Marcel Dupré (1886-1971)
aus 6 Magnificat-Versetten op. 18
Versett 1

J. S. Bach (1685-1750)
aus Toccata, Adagio und Fuge C-Dur BWV 564
- Toccata

Charles-Marie Widor (1844-1937)
aus Symphonie Nr. 5 in f-moll op. 42 Nr. 1
2. Satz: Allegro cantabile
1. Satz: Allegro vivace


Der Grand Choeur Dialogué von Gigout ist eines meiner Lieblingsorgelstücke und es war toll, dieses heute wieder mal „live und in Farbe“ hören zu können. Ein wirklich großartiges Stück mit einem markant-rhythmischen, fanfarenartigen Thema, bei dem die große Orgel alles geben kann (und muss), was in ihr steckt!

Nach einem ruhigen Satz von Dupré, der mit einer wahrhaft schillernden Chromatik „gewürzt“ war, gab es aus der berühmten Trias Toccata, Adagio und Fuge C-Dur BWV 564 heute „nur“ die einleitende Toccata zu hören (sonst wäre das Programm wohl etwas zu lange geworden). Unser Organist spielte das Stück sehr leichtfüßig und flott (mit einer betont hell und silbrig klingenden Registrierung) – ich kenne eine Reihe von Interpretationen, die hier bedeutend dramatischer und gravitätischer vorgehen. Wie fast immer bei Bach erlauben seine Kompositionen sowohl die eine wie auch die andere Herangehensweise – das Ergebnis klingt eigentlich immer überzeugend.

Zum Schluss gab es dann noch zwei Sätze aus der berühmten 5. Orgelsymphonie von Widor (für das gesamte Werk reichte wiederum leider die übliche Konzertdauer nicht aus… *seufz*). Unkonventionellerweise erklang zunächst der zweite und danach der erste Satz dieser Orgelsymphonie – vermutlich, um uns Zuhörern zum Ende des Konzerts einen „kraftvollen Rausschmeißer“ bieten zu können. So endete diese ausgesprochen gelungene halbe Stunde ganz ähnlich, wie sie begonnen hatte – mit einem rhythmisch stark akzentuierten, markanten Satz aus der französischen Orgelromantik.

Samstag, 20. Juli 2013

Ein Abend in der Oper - "Il trittico" in Köln

Der Eindruck sollte nicht täuschen: Die Vorstellung, von der ich hier berichten möchte, habe ich bereits am 17. Mai (!) in der Kölner Oper am Dom besucht – eigentlich wollte ich ein persönliches Resümee der soeben (mit Beginn der Sommerferien in NRW) abgelaufenen Spielzeit 2012/13 verfassen und habe aus dem Grund hier im Blog mal eben nachgesehen, was ich über die verschiedenen in dieser Spielzeit besuchten Opernaufführungen so geschrieben hatte, da fiel mir auf, dass ich offenbar total vergessen habe, meinen Bericht über Il trittico hier einzustellen, obwohl ich ihn bereits wie üblich wenige Tage nach dem Vorstellungsbesuch geschrieben hatte…
Ich glaube, ich werde alt und schusselig – sowas ist mir auch noch nicht passiert.
Naja, besser spät als gar nicht gibt es daher hier und jetzt zunächst noch den Bericht über die Vorstellung vom 17. Mai zu lesen (wäre ja schade drum, wenn ich das Ganze völlig umsonst getippt hätte):

Es gibt sicher Opern von Giacomo Puccini (1858-1924), die noch seltener gespielt werden als der aus drei voneinander zumindest vordergründig völlig unabhängigen Kurzopern bestehende Il trittico (also Das Triptychon, was sich auf die Dreiteiligkeit dieser „Opernkollektion“ bezieht) – aber an die Beliebtheit und Allgegenwärtigkeit anderer Puccini-Klassiker wie La Bohème, Madame Butterfly oder Tosca kommt dieses in dieser Art ziemlich einzigartige Kurzopern-Konglomerat, das als Puccinis vorletztes Opernprojekt am 14. Dezember 1918 an der Metropolitan Opera in New York seine Uraufführung erlebte, dann doch bei Weitem nicht heran.

Im Rahmen meiner bisherigen „Karriere“ als Opernliebhaber hatte ich Il trittico zuvor erst ein Mal auf der Bühne gesehen – interessanterweise ebenfalls im Kölner Opernhaus und zwar im Dezember 1999!
Das dürfte damals eine meiner ersten Vorstellungen gewesen sein, die ich überhaupt in der Kölner Oper besucht habe (davor war ich meistens im Bonner Opernhaus anzutreffen) und zwischen der damaligen und der aktuellen Neuinszenierung von Il trittico dürfte es in Köln meines Wissens auch keine weiteren Aufführungen dieser Oper gegeben haben – für eine nicht so häufig gespielte Oper (die sicherlich nicht zum „Kernrepertoire“ einer Opernbühne gehört) ist das somit eigentlich gar kein so schlechter Schnitt! Somit fand ich einen Vergleich meiner damaligen mit den ganz frischen Eindrücken natürlich besonders interessant.

Wenn ich von „Kurzoper“ spreche, dann meine ich damit ein Musiktheaterstück, das – alleine aufgeführt – nicht abendfüllend (das ist übrigens ein schönes Wort, wie ich finde!) wäre, also in der Regel eine Aufführungsdauer von etwa einer Stunde (mehr oder weniger) hat.
Hiervon gibt es tatsächlich mehr Opern, als man zunächst meinen sollte – so ziemlich jeder Komponist, der Opern komponiert hat, hat auch mal eine Kurzoper geschrieben. Die Gründe für die Entstehung solcher Werke sind verschieden, oft jedoch durch besondere Umstände ihrer Uraufführung bedingt – beispielsweise war eine solche Oper für kleinere (manchmal auch aus ambitionierten Laien bestehende) Ensembles bestimmt oder lediglich Teil einer größeren Festivität, in deren Verlauf noch weitere Aufführungen oder sonstige Programmpunkte vorgesehen waren. Vielleicht war es aber oft auch einfach der Reiz und die künstlerische Herausforderung, sich in einer Kurzoper deutlich kompakter, prägnanter und knapper fassen zu müssen, als bei einer drei- oder vierstündigen Oper. Viele Autoren haben ja auch lieber Kurzgeschichten als Romane verfasst.
Die beiden bekanntesten Kurzopern der Musikgeschichte dürften wohl Cavalleria rusticana (UA 1890) von Pietro Mascagni (1863-1945) und Pagliacci (UA 1892) von Ruggero Leoncavallo (1857-1919) sein – und da sich wohl jedes Opernhaus, das plant, eine oder mehrere Kurzopern ins Programm zu nehmen, die entscheidende Frage nach einer sinnvollen Kombination mehrerer dieser Werke stellen muss, um einen ganzen Abend ausfüllen zu können, dürfte die Dankbarkeit wohl groß sein, dass sich gerade diese beiden Stücke so perfekt miteinander kombinieren lassen: Handlung, Musikstil, Spieldauer, zeitliche Nähe der Entstehung beider Kompositionen, das passt alles ziemlich perfekt zusammen, sodass aus Cavalleria rusticana und Pagliacci im Laufe der Zeit so etwas wie „siamesische Opernzwillinge“ geworden sind, die – meines Wissens vor allem in den USA – bereits unter dem knackigen Markentitel Cav and Pag firmieren und trotzdem weiß jeder, was damit gemeint ist.

Puccini umging diese Problematik elegant, indem er gleich drei jeweils gut einstündige Kurzopern Il tabarro („Der Mantel“), Suor Angelica („Schwester Angelica“) und Gianni Schicchi komponierte (ein Projekt, das er wohl länger schon geplant hatte) und diese unter dem Übertitel Il trittico zu einem dreiteiligen Opernabend zusammenfasste. Diese vom Komponisten von Anfang so vorgesehene Koppelung ist allerdings – wie ich gelesen habe – nicht immer konsequent beibehalten worden. Gerne hat man immer wieder mal vor allem wohl Il tabarro und Gianni Schicchi jeweils in Kombination mit Kurzopern anderer Komponisten aufgeführt – ich finde allerdings die vom Komponisten intendierte Gesamtaufführung aller drei Opern hintereinander an einem Abend durchaus sinnvoll (und damit am optimalsten), da diese drei zunächst so unterschiedlichen Opern (Il tabarro ist ein leidenschaftliches Eifersuchtsdrama im Verismo-Stil, Suor Angelica ein fast schon kammermusikalisch anmutendes, lyrisches Melodrama und Gianni Schicchi eine bitterböse und turbulente Komödie) doch mehr verbindet, als man meinen sollte.

Genau diesen roten Faden aufzuzeigen, der sich durch alle drei Opern zieht, ist natürlich Aufgabe und Herausforderung des Regisseurs, der Il trittico auf die Bühne bringen soll. In Köln hatte man diese Aufgabe nun gleich drei Regisseurinnen übertragen: Sabine Hartmannshenn inszenierte Il tabarro, Eva-Maria Höckmayr die Suor Angelica und Gabriele Rech schließlich Gianni Schicchi. Allerdings musste man nicht befürchten, dass die gerade zuvor beschriebene Suche nach den verbindenden Elementen dieser drei Opern hierdurch gleich wieder auf der Strecke blieb: Allein schon die Tatsache, dass man alle drei Stücke auf derselben großen, in drei Ebenen geteilten Bühne spielen ließ (wobei in Il tabarro allerdings die oberste Bühnenebene nicht benötigt wurde), stiftete dann doch gleich wieder einen verbindenden (äußeren) Rahmen.
Die Bühne wurde jeweils unter Zuhilfenahme einiger Seiten-, Trenn- und Rückwände für die Bedürfnisse der einzelnen Stücke so sinnfällig wie fantasievoll in kürzester Zeit umgebaut und fungierte so als Lastkahn (nebst Unterdeck und angrenzenden Gebäuden am Ufer) im ersten Stück, dann als Kloster und abschließend als geräumige Villa des verstorbenen Buoso Donati.

Thematisch beschäftigen sich alle drei Stücke mit unterschiedlichen Reaktionen auf die Allgegenwärtigkeit des Todes und die hieraus jeweils folgenden Konsequenzen für die Zurückbleibenden. Auch dies ein stückeübergreifender roter Faden, der auch im Programmheft nochmals ausdrücklich hervorgehoben wurde.

Die Kostüme der Inszenierung(en) waren in einem relativ neutralen Stil gehalten (den ich modisch grob auf die Mitte des 20. Jahrhunderts veranschlagen würde) und changierten irgendwo zwischen den 1920er Jahren in Il tabarro und den 1950er Jahren in Gianni Schicchi.

Alles in allem traf also wieder mal das zu, was ich in solchen Fällen oft über eine Inszenierung sagen kann: Sie störte nicht großartig und lenkte damit auch nicht weiter von den Sängerinnen und Sängern und der Musik ab – und das ist für mich eigentlich das Wichtigste an einem Opernabend (jedoch beim heutigen Regietheater leider nicht immer selbstverständlich)!

Ok – die ein oder andere für mich etwas enttäuschende (weil nicht wirklich verständliche) Szene gab es dann doch, aber für einen mehr als vierstündigen Opernabend (mit immerhin zwei knapp halbstündigen Pausen) kann ich mich in summa wirklich nicht beklagen.
Warum man allerdings in Il tabarro die titelgebende Schlüsselszene dermaßen verhunzte (statt dass der ertappte Liebhaber vom eifersüchtigen Ehemann erstochen und dessen Leiche dann – bedeckt von dessen weitem Schiffermantel – der hinzukommenden Gattin höhnisch präsentiert wird, schien es so, als würde diese – absichtlich oder unabsichtlich? – ihren vor den Drohungen des Ehemanns fliehenden Liebhaber in das rätselhafterweise von ihr gehaltene Messer laufen lassen, woraufhin es natürlich völlig überflüssig geworden war, die Leiche unter dem Mantel zu verbergen?!?) oder in Suor Angelica neben den traditionell gewandeten Nonnen auch noch welche in scharlachroten Gewändern auftreten ließ, ohne dass deren Funktion im Verlauf des Stücks wirklich klar wurde (ebensowenig wie die Tatsache, dass ausgerechnet die Äbtissin des Klosters im prächtigen Gewand der Jungfrau Maria auftrat - einer Figur, die Angelica eigentlich nur in ihren Visionen erscheint) – das waren alles schon Dinge, die beim Zuschauer das ein oder andere Fragezeichen hinterließen, aber sei’s drum: Gestört hat die Inszenierung wie schon erwähnt den positiven Gesamteindruck des Abends nicht wirklich!

Und damit kommen wir zum wirklich durchweg positiven musikalischen Aspekt dieser Aufführung – und dies sollte bei einem Opernabend ja auch immer das Allerwichtigste sein!
Das Gürzenich Orchester unter der Leitung von Will Humburg spielte einen wunderbar intensiven, aber nie zu dick aufgetragenen Puccini-Sound, Chor und Statisterie der Oper Köln fügten sich hierzu passend ein und unter den zahlreichen, allesamt wirklich hervorragend aufgelegten Solistinnen und Solisten fanden sich erfreulich viele Mitglieder des Kölner Opernensembles!

Allen voran wäre hier die vielseitige Dalia Schaechter zu nennen, die als Einzige in allen drei Stücken auftrat und ihre Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellen konnte.
Auch Scott Hendricks, der als eifersüchtiger Michele in Il tabarro und in der Titelrolle in Gianni Schicchi immerhin zwei Hauptrollen an diesem Abend zu übernehmen hatte, überzeugte neben schauspielerischem Talent mit großer stimmlicher Flexibilität und Gestaltungswillen – es machte gleichermaßen Spaß, ihm zuzusehen wie ihm zuzuhören (vor allem natürlich als schlitzohriger Gauner Gianni Schicchi)!
Positiv aufgefallen sind mir auch Asmik Grigorian als Giorgetta in Il tabarro, Jeongki Cho als Rinuccio mit schönem Tenor sowie Gloria Rehm als Lauretta (beide in Gianni Schicchi), die mit der Arie "O, mio babbino caro" immerhin das Privileg hatte, eine der berühmtesten und beliebtesten Arien Puccinis vortragen zu dürfen, die auf keinem Best of Puccini-Sampler fehlen darf und die das bekannteste Stück des gesamten Opernabends darstellt – auch in der Kölner Vorstellung war es ein großer, Gänsehaut erzeugender Moment, an dem diese so typisch nach Puccini klingende, wunderschöne Arie erklang!

Die sängerische wie darstellerische Krone des Abends gehörte aber definitiv Jacquelyn Wagner in der Titelrolle von Suor Angelica: Wie sie diese intensive Rolle gestaltete und mit Leben füllte, dabei stimmlich stets präsent und ausgesprochen klangschön rüberkam und trotz des doch recht tränendrüsigen, tragischen Endes ihrer Bühnenfigur nie die drohende Grenze zum Kitsch überschritt, das war ganz großes Theater! Wirklich hervorragend!

Im Vergleich zur Kölner Inszenierung von Il trittico von vor knapp 14 Jahren muss ich sagen, dass mir – nicht zuletzt wegen der überragenden Titeldarstellerin - die Suor Angelica in der aktuellen Produktion deutlich besser gefallen hat, während ich den Gianni Schicchi von damals als amüsanter und noch etwas spritziger in Erinnerung habe, obwohl auch bei der aktuellen Inszenierung in puncto schwarzem Humor und turbulentem Ensemblespiel eigentlich keine Wünsche offen geblieben sind.

Die Produktion lief während des gesamten Monats Mai (Premiere war am 9.05., die von mir besuchte, zu gut 80% ausgelastete Vorstellung war am 17.05.), weitere Details, Fotos, etc. siehe hier. Außerdem verweise ich gern auch auf die gut und ausführlich geschriebene Rezension des Online Musik Magazins.

Alles in allem also ein vor allem musikalisch wirklich gelungener Opernabend mit einem unverständlicherweise viel zu selten gespielten, abwechslungsreichen Puccini-Werk, das für mich zu seinen interessantesten gehört!

Mittwoch, 17. Juli 2013

Heute in der Lunch-Time-Orgel

Ich melde mich hiermit aus dem Urlaub zurück und bin froh, dass ich in dieser Woche nach zwei verpassten Konzerten endlich wieder mal die Lunch-Time-Orgel in der Düsseldorfer Johanneskirche besuchen konnte!
Wolfgang Abendroth hatte heute Mittag für uns ein ausgesprochen sommerliches Programm vorbereitet:

J. S. Bach (1685-1750)
Allabreve D-Dur BWV 589

Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-47)
aus dem „Sommernachtstraum“
Ouvertüre op. 21
Notturno op. 61 Nr. 6
Hochzeitsmarsch op. 61 Nr. 7


Nach einem virtuosen einleitenden Stück von Johann Sebastian Bach (immerhin eines der ganz großen Vorbilder von Felix Mendelssohn!) bestand der Hauptteil des heutigen Konzerts aus drei Stücken aus dessen Schauspielmusik zu Shakespeares Komödie Ein Sommernachtstraum.
Da diese wohl berühmteste und beliebteste Komposition Mendelssohns eigentlich für Orchester geschrieben wurde, griff Herr Abendroth für das heutige Konzert auf drei verschiedene Bearbeitungen für die Orgel zurück:
Die geniale Ouvertüre, die Mendelssohn bereits als 17-Jähriger komponierte, hatte sich Herr Abendroth gleich selber vorgenommen und eine raffinierte Übertragung der vielfältigen Stimmen (und Stimmungen), die das Orchester im Verlauf der gut 10-minütigen Ouvertüre hervorbringt, in den Klangkosmos der Orgel zustande gebracht!
Er spielte die Ouvertüre in einem zügigen Tempo, was ich als sehr passend für dieses turbulente Stück empfand.
Das ruhige Notturno erklang in einer Orgelversion eines dänischen Organisten namens Frederiksen (nähere Angaben zu diesem Musiker machte Herr Abendroth im Rahmen seiner kurzen Konzerteinführung zu Beginn nicht).
Der weltberühmte Hochzeitsmarsch, seit Jahrzehnten ein unverzichtbarer und unverwüstlicher Klassiker bei Hochzeiten aller Art, erklang in der sicher weitverbreiteten und damit wohl auch am häufigsten gespielten Orgelfassung des französischen Komponisten und Organisten Théodore Dubois (1837-1924), von dem wir in der Vergangenheit im Konzert auch immer mal wieder eigene Kompositionen zu hören bekommen haben.
Herr Abendroth lag sicher richtig mit seiner Vermutung, dass viele Leute diesen Marsch für eine „echte“ Orgelkomposition halten und gar nicht wissen, dass es sich hierbei eigentlich um ein Orchesterstück aus einer Schauspielmusik für ein Shakespeare-Stück handelt.
Im heutigen Konzert erklang dieser Marsch (der sich aber auch wirklich perfekt für eine Wiedergabe auf einer großen Orgel eignet!) in eher breitem, gravitätischen Tempo, was ich persönlich nicht ganz so optimal fand – ich kenne deutlich schneller gespielte Interpretationen des Hochzeitsmarsches, die mir besser gefallen, weil das Stück damit einen fröhlichen Schwung bekommt, der gut zur heiter-beschwingten Stimmung einer Hochzeit passt (die Melodien in diesem Marsch haben für mich einen solchen Charakter und verlieren etwas, wenn man das Ganze zu feierlich und majestätisch werden lässt).
Nun gut, das ist meine persönliche Meinung – trotzdem war es schön, diese herrliche Musik heute live dargeboten zu bekommen, ideal passend zum wunderschönen Sommerwetter draußen!