Donnerstag, 21. Juni 2012

Ein Abend in der Oper - "Alcina" in Köln

Die Spielzeit 2011/12 geht mit großen Schritten ihrem Ende entgegen.

Am 16. Juni hatte nun die letzte Produktion der Kölner Oper der laufenden Saison im Palladium im Stadtteil Mülheim Premiere: Es gab die im Jahr 1735 in Covent Garden uraufgeführte Oper Alcina von Georg Friedrich Händel (1685-1759).

Die Zauberoper Alcina dürfte neben Giulio Cesare in Egitto, Xerxes und dem Rinaldo (ebenfalls dem damals beliebten Sujet der Zauberoper hinzuzurechnen) wohl zu den beliebtesten und heute am häufigsten auf der Bühne zu erlebenden Opern Händels gehören.

Weitere Infos sowie Fotos der Aufführung siehe auch hier.

Die von mir gestern besuchte, fast ausverkaufte Vorstellung wurde – für Zuschauer, die es interessierte – mit einer knapp 15-minütigen Einführung in die Handlung eröffnet.
Diesmal übernahm diese Aufgabe jedoch nicht – wie eigentlich üblich – ein(e) Dramaturg(in) des Hauses, sondern eine Gruppe von Sechst- und Siebtklässlern einer benachbarten Realschule, die zusammen mit ihrer Musiklehrerin ein Pantomimen- und Schattenspiel erarbeitet hatten, das die Opernhandlung zusammenfasste und das zudem noch mit Melodien des Stücks, gespielt auf zahlreichen (Xylophonen, Schlaginstrumenten, etc.) untermalt wurde.
Zwei Darsteller mit Sprechrollen gab es auch – sie stellten den Komponisten Händel und den Librettisten der Oper, Antonio Marchi, dar, die sich über die Handlung des Stücks unterhielten.
Eine - wie ich fand - überaus charmante Idee, die allen Beteiligten sichtlich Spaß zu machen schien!

Die szenische Umsetzung der „richtigen“ Opernaufführung ließ, zuvor gelesene Kritiken hatten mich bereits vorgewarnt, dann leider doch arg zu wünschen übrig:

Bis auf zwei Tische und ein paar Stühle war die in klassische „Guckkasten-Form“ angelegte Bühne leer – und selbst diese Requisiten verschwanden nach dem ersten Akt, so dass die Bühne für den Rest der Vorstellung bis auf eine bewegliche Rückwand, in die eine Tür integriert war, vollkommen leer, schwarz und nüchtern blieb!

Eine „puristischere“ Inszenierung habe ich auch noch nicht erlebt und ich gehe schon seit ein paar Jahren in die Oper! Immerhin korrespondierte die Kargheit auf der Bühne mit dem nüchternen Industriehallen-Charme des Palladiums, das nun wirklich nicht mit einem barocken Theater zu verwechseln ist…
Wenn man bösartig wäre, könnte man auch sagen, dass am Ende der Spielzeit einfach kein Budget mehr da war für irgendwelchen „szenischen Firlefanz“…
Wenn man der Regisseur (Ingo Kerkhof) ist, argumentiert man im Programmheft irgendwas von wegen „veralteten Zauberoperneffekten“, die heute niemanden mehr vom Hocker reißen würden und daher auch keiner szenischen Umsetzung mehr bedürften (naja)…
Es gehe wieder mal um die Konzentration auf die inneren Konflikte und seelischen Extremzustände der Figuren dieser Oper. Das behauptet ja nun jeder Regisseur von seinen Regiearbeiten – aber warum muss das Ganze dann immer wieder in den immer selben Gesten, dem immer gleichen, bedeutungsvollen „Über-die-Bühne-Schreiten“ oder „Auf-dem-Boden-wälzen“ münden, das man alles schon so oft gesehen hat?

Wenn man schon eine solche puristische, allein auf psychologische Aspekte konzentrierte Inszenierung ankündigt, dann wäre es schön, wenn man als Zuschauer hierbei auch mal etwas wirklich Neues in puncto Personenführung, Gestik, etc. erleben könnte…!

Naja – so störte dann relativ wenig den Musikgenuss – selbst die Kostüme waren so neutral wie möglich gehalten, damit auch wirklich niemand davon abgelenkt werden konnte *grins*

Aus dem Grund der angestrebten „Konzentration auf die einzelnen Charaktere“ waren dann wohl auch die – zugegebenermaßen sehr wenigen – Choreinsätze dieser Oper komplett gestrichen worden *seufz*

Man hätte wirklich besser daran getan, diese „Neuinszenierung“ direkt als konzertante Aufführung anzukündigen, dann wäre mit Sicherheit auch niemand enttäuscht worden, bzw. mit falschen Erwartungen an die ganze Sache herangegangen. Gerade seltene Opern werden an vielen Opernhäusern (mitunter auch in Köln, so ja zum Beispiel auch in der kommenden Spielzeit) ja in konzertanten Aufführungen gegeben und selbst hierbei agieren die Sängerinnen und Sänger ja oft in sparsamer, aber durch das Miteinander wohl auch unvermeidlicher Art und Weise zusammen – und das dürfte dann auch nicht viel anders aussehen, als das, was wir da gestern zu sehen bekamen.

Damit kommen wir dann aber nach dem Ärger über diese "Nicht-" oder "Kaum-Inszenierung" dann zum ausgesprochen erfreulichen Aspekt und der Hauptsache dieses Opernabends, nämlich die musikalische Leistung der Beteiligten – und die war nun ausgesprochen hörenswert!

So sah der Programmzettel des gestrigen Abends aus:

Alcina: Claudia Rohrbach
Ruggiero: Franziska Gottwald
Morgana: Anna Palimina
Bradamante: Katrin Wundsam
Oronte: John Heuzenroeder
Melisso: Wolf Matthias Friedrich
Oberto: Adriana Bastidas Gamboa
Gürzenich-Orchester Köln
Leitung: Peter Neumann


Ich war zunächst überrascht, dass man nicht – wie bei den meisten Produktionen barocker Opern (bzw. Opern aus dem 18. Jahrhundert) der letzten Jahre - Konrad Junghänel für die musikalische Leitung verpflichtet hatte (wie zuletzt noch bei Monteverdi geschehen).
Peter Neumann kannte ich bislang „nur“ als Leiter des Kölner Kammerchors und des Instrumentalensembles Collegium Cartusianum, aber er ist natürlich ein ausgewiesener Händel-Spezialist (wenn bislang auch hauptsächlich im Bereich des Oratoriums) und bewies nun auch bei seinem ersten Opernprojekt eine sichere Hand und ein gutes Gespür für diese Musik: Mit meist federndem Tempo gab es mehr als eine Gelegenheit, den besonderen Schwung und den unwiderstehlichen Rhythmus dieser Barockmusik mitzuerleben!

Das Gürzenich-Orchester (in diesem Fall natürlich nur ein Teil davon!) ist durch zahlreiche Opernprojekte der vergangenen Jahre mittlerweile wirklich erstaunlich „heimisch“ im barocken Musizieren – da gab es wirklich nichts auszusetzen (vor allem die Continuogruppe, die u. a. mit Barockharfe, Basslaute und zwei Cembali üppig besetzt war, hatte es mir angetan!)

Die Sängerinnen und Sänger (man hatte sämtliche „höhergelegten“ Herrenpartien, die einst von Kastraten gesungen wurden, mit Damen besetzt – ich hätte gern auch mal wieder dem ein oder anderen Countertenor zugehört!) überzeugten ebenfalls durch die Bank mit schönem, schlanken, fast durchgehend vibratolosem Gesang, dem man gerne zuhörte! Sogar die eine oder andere Verzierung wurde da an den zahlreichen, hierfür vorgesehenen Stellen, „improvisiert“ - wahrscheinlich waren sie vorher sorgfältig einstudiert worden, aber das soll die Leistung nicht schmälern!

Allen voran begeisterte Claudia Rohrbach in der Titelpartie das Publikum mit ihrer intensiven Interpretation – das war wirklich großartig!

Aber auch die übrigen Solistinnen und Solisten standen dem in nichts nach! Schön vor allem die Tatsache, dass alle Sieben entweder Ensemblemitglieder der Kölner Oper sind oder in den vergangenen Monaten zumindest mehrfach schon an Kölner Opernproduktionen mitgewirkt haben. Auf diese zur Verfügung stehenden Kräfte kann das hiesige Opernhaus schon stolz sein!

So endete nach etwa 3 Stunden ein musikalisch sehr beglückender, szenisch leider eher nicht stattfindender Opernabend mit viel Applaus für alle Musizierenden!

Ach ja – hier noch der Hinweis auf eine auch sehr gelungene Rezension dieser Kölner Alcina im Online Musik Magazin.

Mittwoch, 20. Juni 2012

Heute in der Lunch-Time-Orgel

Unser Organist Wolfgang Abendroth präsentierte uns im heutigen Mittagskonzert ein rein französisches Programm aus der Romantik:

Léon Boëllmann (1862-97)
Fantaisie dialoguée op. 35 für Orgel und Orchester
bearbeitet für Orgel alleine von Eugène Gigout (1844-1925)

Alexandre Guilmant (1837-1911)
Trois Oraisons op. 94 („Drei Gebete“)

César Franck (1822-90)
Pièce héroïque


Die französische Orgelmusik aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stellt eine große Fundgrube wunderbarer, zum Teil viel zu selten gespielter Stücke gerade für große Konzertorgeln dar - und gehört deshalb auch zu meinen Lieblingsepochen!

Umso mehr habe ich mich gefreut, dass heute ausschließlich Stücke aus dieser Zeit auf dem Programm standen!

Während das abschließende, seinem „heroischen“ Titel vollkommen gerecht werdende Stück von César Franck noch zu den bekannteren Orgelstücken dieser Epoche gehört, waren zumindest mir die beiden zuvor gespielten Werke von Boëllmann und Guilmant bis dato unbekannt.

In der von Boëllmanns Zeitgenossen Gigout für Solo-Orgel bearbeiteten Fantaisie dialoguée kam der sich im Original zwischen Orchester und Orgel entwickelnde Dialog gut zur Geltung – als Zuhörer konnte man gut nachvollziehen, welche Passagen in der ursprünglichen Fassung vom Orchester und welche von der Orgel übernommen werden – ein erwartungsgemäß repräsentatives und klangprächtiges Stück!

Dem Titel entsprechend waren die drei Oraisons von Guilmant dagegen eher etwas ruhiger und meditativer angelegt. Faszinierend die jeweils nach einem eher schlicht und liedhaft anmutenden Beginn einsetzenden „harmonischen Wanderungen“ durch diverse Tonarten, mit zum Teil unerwarteten Wendungen und Rückungen – sehr modern!
Bewundernswert – und ein Beweis für das souveräne Können des Komponisten – dass alle drei Stücke kurz vor Schluss dann allesamt wieder mit sicherer Hand wie selbstverständlich, und ohne besonders „brachiale“ Wendungen nutzen zu müssen, zum (harmonisch wie melodischen) Ausgangspunkt zurückgeführt wurden!
Drei kleine Meisterwerke und wahre Fundgruben für Freunde der Harmonielehre! ;-)

Dienstag, 19. Juni 2012

Das Bonmot für Zwischendurch...

Heute hab ich drei gleichermaßen schlaue wie geistreiche Sentenzen gefunden von Johann Jacob Mohr (1824-86).
Bei der Nr. 3 musste ich erst ein bissel nachdenken - gerade deswegen hat mir der Ausspruch dann auch besonders gut gefallen:

Der geniale Mensch ist der, der Augen hat für das, was ihm vor den Füßen liegt.


Der schlechteste Dichter sucht immer das schönste Papier.


Man muss den Großen, wenn man ihnen gegenübertritt, das Bücken nicht zu schwer machen.

Freitag, 15. Juni 2012

Oper Köln - Ausblick auf die Spielzeit 2012/13

So, wie schon im vergangenen Jahr an dieser Stelle ein kleiner Ausblick auf die neue Opernspielzeit 2012/ 13 – über die ganzen ausgesprochen unerfreulichen Begleiterscheinungen habe ich mich ja nun schon etwas ausführlicher an anderer Stelle ausgelassen, daher hier und heute nichts mehr davon!

Vergangene Woche gab es die letzte Vorstellung im „regulären“ Opernhaus am Offenbachplatz vor dem großen Umbau: Ein letztes Mal wurden Die Meistersinger von Nürnberg in der Inszenierung des Kölner Opernintendanten Uwe Eric Laufenberg gegeben (wenn ich nicht irre, war dies die Inszenierung, mit der sich im Herbst 2009 der damals neue Intendant dem Kölner Publikum vorstellte) und alle Akteure inklusive des bei Mitarbeitern wie Publikum gleichsam beliebten Hausherrn konnten sich dort noch ein letztes Mal feiern lassen, bevor es ab sofort heißt: “Oper Köln – Außer Haus“, so steht es aktuell auch auf vielen Plakaten in der Stadt und seit Anfang dieser Woche wird im Opernhaus schon kräftig ausgeräumt – das große, lang erwartete (und dringend notwendige) Renovierungs- und Umbauspektakel hat nun endlich begonnen!

Hoffen wir, dass dieses Großprojekt – ganz untypisch für Köln – ohne große Pannen und Verzögerungen im wahrsten Sinne des Wortes „über die Bühne geht“!

Ich hatte ja noch im März anlässlich der “Umwidmung“ des bisherigen Musical Dome angekündigt, dass dieser ab Beginn der neuen Spielzeit 2012/ 13 nach zwei Jahren der kreativen „Wanderschaft“ durch zahlreiche Ausweichspielstätten im ganzen Stadtgebiet die ausschließliche und einzige Spielstätte der Kölner Oper sein würde – allerdings war ich da wohl etwas voreilig, wie ein Blick in das neue Programm bestätigt:

Lässt man mal die Kinderoper außen vor, die ja schon etwas länger in der Kölner Südstadt eine neue Spielstätte gefunden hat, dann wird es in der neuen Saison neben der neuen Oper am Dom weiterhin das Palladium im Stadtteil Mülheim als Aufführungsort geben (womit ich nicht gerechnet hätte) und für zwei Wiederaufnahmen aus den vergangenen Spielzeiten werden die seinerzeit dafür ausersehenen Ausweichspielstätten nochmals reaktiviert:
Das prunkvolle Treppenhaus des Oberlandesgerichts für La Clemenza di Tito im Dezember und Januar sowie die Trinitatiskirche für The Turn of the Screw im März und April 2013.
Für alle Opernfreunde, die diese Inszenierungen seinerzeit versäumt haben mithin eine gute Gelegenheit, zwei spannende Produktionen an zwei atmosphärisch sehr wirkungsvollen Orten nun doch noch erleben zu können!

Aber nun zu den Neuinszenierungen der kommenden Saison:

Zum Spielzeitauftakt gibt es ja gerne etwas Großes und Repräsentatives (ich erinnere mich gerne an den letztjährigen Saisonstart mit Krieg und Frieden!) – in diesem Jahr wird am 16. September in den neuen Räumlichkeiten der Oper am Dom mit Verdis La Forza del Destino der Startschuss gegeben! Diese Produktion läuft dann die 2. Septemberhälfte hindurch bis Anfang Oktober (bedingt durch die fehlenden Räumlichkeiten können während der Umbau- und Renovierungsphase alle Stücke immer nur en suite gespielt werden!).
Auf diese Neuinszenierung des Franzosen Olivier Py bin ich wirklich schon sehr neugierig, denn ich erinnere mich noch mit leichtem Gruseln an die letzte Kölner Forza del Destino, die – wenn ich mich recht erinnere – 2005/ 06 zu erleben gewesen war (ist also noch gar nicht sooo lange her!) und die ich einfach nur schauderhaft inszeniert fand!
Da passte einfach nichts zusammen: Die Darsteller sangen irgendwas, auf der Bühne geschah gleichzeitig etwas ganz anderes – ich war damals ziemlich frustriert und habe meine Besuche der Kölner Oper nach diesem Erlebnis für eine ganze Zeit auf ein absolutes Minimum reduziert, weil ich einfach keine Lust mehr hatte. Jetzt also die mit Spannung erwartete Neuinszenierung - es kann nur besser werden und da bin ich nach den bisherigen Erfahrungen der letzten Jahre mit Neuproduktionen der Kölner Oper auch ganz zuversichtlich!

Die zweite Oktoberhälfte wird dann im Palladium ein weiterer absoluter Opernklassiker, nämlich Le Nozze di Figaro, gegeben werden. Hier inszeniert der Hausherr Uwe Eric Laufenberg dann wieder einmal selbst. Werde ich mir ganz bestimmt auch nicht entgehen lassen!

Den ganzen November und Dezember 2012 (und dann noch mal im Juni 2013) erhält das charakteristische blaue Zelt der Oper am Dom dann vorübergehend seine alte Funktion als Musical Dome zurück, denn das unverwüstliche Musical My Fair Lady wird dort in einer Neuinszenierung von Dietrich W. Hilsdorf zu erleben sein!
Ich weiß gar nicht, wie lange dieser Musical-Evergreen schon nicht mehr in Köln auf der Bühne zu sehen war (und es wäre mir mit Sicherheit aufgefallen, wenn es da in den letzten Jahren mal etwas gegeben hätte, da My Fair Lady mein absolutes Lieblingsmusical ist!) und daher freue mich natürlich sehr, dass die Kölner Oper endlich mal wieder ein paar klassische Musicals auf ihre Bühne bringt! Noch in sehr guter Erinnerung ist mir Kiss me, Kate!, die im Frühjahr 2010 hier in Köln zu erleben war!

Interessant wird hierbei sicherlich auch die Tatsache, dass der Intendant Uwe Eric Laufenberg in einigen Vorstellungen selber auf der Bühne stehen wird – nämlich als Professor Henry Higgins! Gibt es da so etwas wie eine "inoffizielle Tradition"?
Ich erinnere mich nämlich an Vorstellungen von My Fair Lady, die ich vor ca. 20 Jahren (jaja, so lang ist das schon her!) im Koblenzer Stadttheater gesehen habe und auch dort spielte der damalige Intendant des Hauses, der im Februar 2012 im Alter von 80 Jahren verstorbene Hannes Houska , mit Leib und Seele (in diesem Fall als Müllkutscher Alfred Doolittle) mit!
Man darf also gespannt sein, wie das hier in Köln laufen wird. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, einen Kölner Opernintendanten schon mal als Akteur auf der Bühne erlebt zu haben!

Die My Fair Lady-Aufführungsreihe wird dann Ende November/ Anfang Dezember für eine Neuinszenierung von Fidelio (gerade mal 6 Vorstellungen sind hier angesetzt!) unterbrochen.

Und weil der Spätherbst eine so beliebte Jahreszeit für Theaterveranstaltungen ist, gibt es zeitgleich im November und Dezember im Palladium mit Così fan tutte gleich die nächste Mozart-Neuinszenierung von Uwe Eric Laufenberg (der Mann hat sich was vorgenommen für diesen Herbst)!

Überhaupt Mozart – man könnte meinen, ein weiteres Jubiläumsjahr des beliebten Salzburgers stünde an, denn neben den erwähnten Neuninszenierungen von Le Nozze di Figaro und Così fan tutte und der Wiederaufnahme der Clemenza di Tito erfolgt im Juni 2013 dann auch noch die Wiederaufnahme der Entführung aus dem Serail (übrigens auch eine Inszenierung des Kölner Intendanten) im Mülheimer Palladium!
Wenn man bedenkt, dass es die Zauberflöte und den Don Giovanni in den letzten beiden Spielzeiten hier auch schon zu sehen gab, dann fehlt jetzt eigentlich nur noch der Idomeneo, dann hätten wir in Köln innerhalb kürzester Zeit alle großen Mozart-Opern durch!

Weil 2013 Wagner-Jahr ist (200. Geburtstag – hojotohoo!) wird dem im April in der Oper am Dom mit einigen Aufführungen des Parsifal, wiederum in einer Neuinszenierung von Uwe Eric Laufenberg, Rechnung getragen.

Im Jahr 2013 gibt es dann aber nach so viel klassischem Repertoire erfreulicherweise auch ein paar weitaus seltener zu erlebende Stücke (die deswegen ja nicht zwangsläufig schlechter sein müssen):

Ende Februar/ Anfang März erfolgt eine Neuinszenierung von Donizettis Anna Bolena, im April und Mai gibt es Franz Schrekers Oper Die Gezeichneten (beide Opern im Mülheimer Palladium) und ebenfalls im Mai (in der Oper am Dom) noch Puccinis auch nicht so häufig gespieltes „Triptychon“ Il Trittico, bestehend aus den drei Einaktern Il Tabarro, Suor Angelica und Gianni Schicchi!

Ich glaube, es war 1999 (ist also auch noch nicht übermäßig lange her), dass ich in Köln zuletzt dieses vielgestaltige, sich erst aus dem Zusammenspiel dieser drei so unterschiedlichen Einakter als wirklich stimmig erweisende Puccini-Werk erleben konnte und man darf gespannt sein, wie man das Ganze diesmal auf die Bühne bringt. Immerhin werden gleich drei verschiedene Regisseurinnen sicherlich völlig unterschiedliche Akzente in diesen Stücken setzen!

Etwas ungewöhnlich finde ich die Tatsache, dass man offenbar geplant hat, alle drei Stücke zwar an einem Abend stattfinden zu lassen, diese ansonsten aber völlig unabhängig voneinander zu behandeln, was zum Beispiel auch den Kartenverkauf anbetrifft: Wer also beispielsweise nur Lust auf den abschließenden Gianni Schicchi haben sollte (sicherlich der populärste der drei Einakter), der kann sich dafür allein eine Karte kaufen und muss dann aber auch erst um 21:30 Uhr im Theater eintreffen!
Sehr ungewöhnlich und der vom Komponisten ja eigentlich beabsichtigten Gesamtwirkung der drei Stücke völlig zuwiderlaufend, aber warten wir’s mal ab, wie sich das Ganze in einem knappen Jahr dann in der Praxis darstellen wird – ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass zwischen den Stücken jedesmal ein großes Kommen und Gehen herrschen wird…

Ach ja – zwei konzertante Aufführung von Verdis ebenfalls nicht so häufig zu hörendem Attila wird es im Juni 2013 im Palladium dann auch noch geben - es ist dann ja schließlich auch Verdi-Jahr!

Und im Dezember 2012 sind auch noch drei konzertante Aufführungen der noch seltener gespielten Barockoper Artaserse von Leonardo Vinci (1690-1730) in der Oper am Dom angesetzt: Das wird ein Fest für alle Freunde des Countertenorgesangs, denn sämtliche Rollen (auch die weiblichen) sind – wie zur damaligen Zeit durchaus üblich – mit Herren besetzt. Klingt nach einem spannenden Projekt!

Außerdem gibt es noch mehrfach Gastspiele verschiedener internationaler Tanzensembles (Köln hat ja kein eigenes!), die das ganze Spielzeitprogramm abrunden.

Das wäre nun also das neue, so hart umstrittene Programm für die Spielzeit 2012/ 13.
Viel Mozart, viele Repertoireklassiker und auch ein paar Raritäten, leider keine Barockoper (sieht man von den drei konzertanten Aufführungen im Dezember einmal ab).
Problematisch sicher auch die ungewohnte Tatsache, dass alle Produktionen en suite, also an einem Stück hintereinander, gegeben werden, und es dann zum Teil nur sehr wenige Aufführungen von einzelnen Werken gibt (z. B. beim Fidelio).
Insgesamt würde ich aber sagen, dass das Ganze wohl eine ganz gute Mischung ergibt, auf die ich in jedem Fall schon sehr gespannt bin!

Mittwoch, 13. Juni 2012

Heute in der Lunch-Time-Orgel

Musik aus immerhin fünf Jahrhunderten spielte unser Organist Wolfgang Abendroth heute für uns:

Günter de Witt (1909-97)
Passacaglia g-moll

Robert Schumann (1810-56)
aus den „Waldszenen“ op. 82:
- „Vogel als Prophet“
Orgelbearbeitung von Wolfgang Abendroth

Andrea Gabrieli (1510-86)
Pass‘ e mezzo antico

Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Vier Choralbearbeitungen aus dem „Orgelbüchlein“:
Liebster Jesu, wir sind hier
Vater unser im Himmelreich
Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ
Wer nur den lieben Gott lässt walten

Dietrich Buxtehude (1637-1707)
Passacaglia c-moll


Den einzigen Namen, den ich heute noch nicht kannte, war der von Günter de Witt.
Wie uns Herr Abendroth in seinen kurzen Programmanmerkungen unmittelbar vor dem Konzert wissen ließ, handelt es sich hierbei um einen Organisten, der viele Jahre in Osnabrück künstlerisch tätig war.
Die heute gespielte g-moll-Passcaglia dieses Komponisten stellte eine gelungene Mischung aus einer Hommage an diese alte barocke Variationsform und spätromantischer Orgelmusik dar.
Sehr hörenswert!

Dienstag, 12. Juni 2012

Kölner Kulturpolitik: Alles nur Karneval?

Vor mir liegt das Programm der Kölner Oper für die kommende Spielzeit 2012/ 13 und erst jetzt traue ich mich, hier etwas darüber zu schreiben. Warum?

Nun, bis vor ein paar Tagen war noch nicht einmal sicher, ob dieser Spielplan auch tatsächlich so wie geplant umgesetzt werden würde – es ist den Kölner Kulturschaffenden wieder einmal in einer wohl so nur hier möglichen „Parade der Peinlichkeiten“ gelungen, sich in Verbindung mit einem gewaltigen Öffentlichkeitsrummel und der damit verbundenen Zerschlagung des sprichwörtlichen Porzellans über Budgetfragen dermaßen zu zerstreiten, dass es wohl so aussieht, als würde Köln den erfolgreichsten Opernintendanten, den es hier seit Jahren gegeben hat (nämlich Uwe Eric Laufenberg) nun vorzeitig wieder verlieren!

Dies ist das Ergebnis einer über Wochen in aller Öffentlichkeit geführten Auseinandersetzung, die man meiner Meinung nach ohne Weiteres (vor allem ohne den damit verbundenen Imageschaden) auch hinter verschlossenen Türen hätte führen können, um der Öffentlichkeit dann ein wie auch immer geartetes Ergebnis zu präsentieren – aber ich habe stets das Gefühl, dass es gerade hier in Köln den Beteiligten viel mehr Spaß macht, solche Scharmützel mit großem Trara lieber für alle nachvollziehbar vor besagten Türen abzuhalten, so dass auch wirklich jeder hierzu seinen meist völlig überflüssigen Senf dazugeben kann!

Ich finde ein solches Verhalten in höchstem Maße unprofessionell und unwürdig, gerade für den Kulturbereich! Wenn es ums liebe Geld geht, kann man ja gerne unterschiedliche Ansichten haben und darüber streiten, aber doch bitte nicht so!

Denn nach all dem öffentlichen Brimborium blieb dem beim Publikum (und seinen Mitarbeitern) außerordentlich beliebten Intendanten – schon um sein Gesicht zu wahren - eigentlich gar nichts anderes mehr übrig, als die sicher im Eifer des Gefechts vorgetragene Bitte (Drohung?) aufrechtzuerhalten, seinen eigentlich – wenn ich nicht irre - noch bis 2016 laufenden Vertrag vorzeitig aufzulösen!

Wäre das Ganze intern abgelaufen, hätte man sicher hier im Nachhinein noch zurückrudern können, aber so war die ganze Sache schon längst in den Medien und damit so einfach und ohne Weiteres nicht mehr zurückzunehmen. Die Atmosphäre zwischen Intendanz und den Kulturpolitikern ist längst so vergiftet, dass man nicht mehr wirklich miteinander kommuniziert und das wäre schon wichtig, wenn es darum geht, für kommende Spielzeiten weiter zu planen…

Über diese Thematik könnte ich mich jetzt schon wieder stundenlang aufregen, denn diese aktuelle Affäre ist leider kein Einzelfall, sondern lässt sich in eine leider viel zu lange Liste ähnlicher kulturpolitischer „Unfälle“ und Peinlichkeiten einordnen, die sich die Stadt Köln zurechnen lassen muss!

Wenn ich allein zurückdenke, was es hier in den letzten 10 Jahren alles für Vorfälle gegeben hat, dann kann man nur noch mit dem Kopf schütteln: Ich denke z. B. an die lieblose Bewerbung zur Kulturhauptstadt im Jahr 2004 (Essen und das Ruhrgebiet haben dann ja das Rennen gemacht), die zum Teil übereilten und unwürdigen Personalquerelen um den Kölner Kulturdezernenten oder andere leitende Posten im Kölner Schauspiel, Opernhaus und verschiedenen Museen, das nicht enden wollende Drama um den Bau des Kulturzentrums am Neumarkt und so weiter und so fort…

Ist das eigentlich nur bei uns in der Stadt so oder gibt es anderswo ebenfalls eine solche ständige kulturpolitische Katastrophensituation? Ich gebe zu, ich verfolge das Ganze nur hier in Köln und das reicht mir schon – aber dennoch habe ich den Eindruck, dass Kulturpolitik in anderen Städten weitaus reibungsloser funktionieren kann, als in der viertgrößten Stadt Deutschlands, wo sich sämtliche Akteure immer so zu benehmen scheinen, als stünden sie und nicht die Darsteller und Sänger auf der Bühne!
Aber man ist ja karnevalserprobt und es spricht Bände, dass man hier allen Ernstes die Fähigkeiten des Oberbürgermeisters auch daran misst, wie gelungen seine jährliche Rede zur "Proklamation" des Kölner Dreigestirns war!!!

Es fehlt in der Kölner Politik meiner Meinung nach schon seit Jahren eine führende Persönlichkeit, die sich die Kulturpolitik auch aus persönlicher Überzeugung ganz oben auf die Fahne geschrieben hat. Von den meisten Verantwortlichen (den Kölner OB inbegriffen) hört man eigentlich immer nur halbherzige und bestenfalls wohlformulierte Lippenbekenntnisse zu diesem Thema, aber wenn es darauf ankommt (wie im aktuellen Fall mit dem Hin und Her um das Budget für die kommende Opernspielzeit), merkt man, dass hier niemand gewillt ist, Kultur wirklich als Chefsache oder „Leuchtturmprojekt“ zu begreifen, die ja auch eine Imagesache und damit für das Renommee der Stadt als solche sicher nicht unwichtig ist!

Denn das ist genau das klassische „Köln-Phänomen“, das in meinen Augen zunehmend auch zum typischen „Köln-Problem“ zu werden scheint: Die meisten (alle?) Kölner (natürlich inklusive unserer Politiker) sind ja eh davon überzeugt, dass ihre Stadt die schönste, beste und überhaupt alles andere übertreffende Ansiedlung von allen ist. Da kann nichts mithalten, da kommt nichts dran heran. Und das läuft quasi automatisch, da muss man nichts für tun! Der Dom steht eh schon da, Karneval gibt's auch jedes Jahr, etc. – da brauchen die Leute ja nur noch in Scharen zu kommen und mit dem Bewundern anzufangen!

Dass es in der Realität schon einige Anstrengungen erfordert, um etwas für einen positiven Ruf zu tun – gerade im kulturellen Bereich – das scheint vielen Verantwortlichen nicht ganz klar zu sein.
Dass eine wichtige und große Stadt wie Köln auch ein entsprechend gewichtiges Opern- oder Schauspielhaus verdient, steht für alle Beteiligten selbstverständlich außer Frage – aber man ist nicht wirklich bereit, sich dafür angemessen zu engagieren, bzw. zu begreifen, dass man sich so einen Wunsch dann auch etwas kosten lassen muss!

Bei mir entsteht immer der Eindruck, dass man davon ausgeht, dass allein die Tatsache, dass sich z. B. das Opernhaus in Köln befindet, für dessen nationale (wie internationale) kulturpolitische Bedeutung bereits mehr als ausreichend ist. Warum diesem Haus also ein entsprechend großzügiges Budget zur Verfügung stellen? Im Vergleich zu anderen (auch kleineren Städten) sind die Ausgaben unserer Stadt für derlei kulturelle Einrichtungen nämlich nicht besonders hoch.

Und es geht ja nicht nur um so große Projekte wie Museen, Opern- oder Schauspielhaus – auch die „kulturelle Grundversorgung“ vor Ort und in den Stadtteilen wird meiner Ansicht nach von offizieller Seite ebenfalls nicht besonders wertgeschätzt, sondern als etwas Selbstverständliches hingenommen, was sowieso da ist (und dabei ja auch zum Renommee der Stadt beiträgt)…

So – jetzt habe ich mich doch wieder geärgert und meinem Frust mehr Raum gelassen, als beabsichtigt war! Aber das musste einfach mal raus!

Mag sein (bzw. ich gehe mit ziemlicher Sicherheit davon aus), dass sich nicht alles tatsächlich so verhält, wie ich es hier dargestellt habe - aber so kommt das ganze "Theater" bei mir als zufällig auch noch kulturinteressiertem "Otto-Normal-Bürger" nun einmal an und das finde ich unter dem Aspekt der Öffentlichkeitswirksamkeit eigentlich noch viel bedenklicher!

Damit das Ganze hier nicht zu lang wird, schreibe ich dann beim nächsten Mal etwas über die neue Kölner Opernspielzeit 2012/13, die dann zum Glück übrigens wirklich in allerletzter Minute noch gesichert werden konnte (man befürchtete dann wohl doch einen zu großen Image-Schaden für die Stadt, wenn man hier tatsächlich ganze Projekte hätte canceln müssen!) und die nun so über die Bühne(n) gehen kann, wie ursprünglich geplant!

Aber um welchen Preis…!

Mittwoch, 6. Juni 2012

Heute in der Lunch-Time-Orgel

Im Moment ist es leider echt stressig bei mir – da empfinde ich es als besondere Wohltat, mir heute Mittag eine gute halbe Stunde eine Auszeit zu nehmen und bei guter Orgelmusik einfach mal ein wenig abschalten zu können!
Folgende Stücke hatte unser Organist Wolfgang Abendroth heute für uns vorbereitet:

Jean-François Dandrieu (1682-1738)
Offertoire über den Hymnus „O Filii“

Georges Athanasiadés (geb. 1929)
Suite sur trois Chorales gregoriennes de Saint-Maurice

Alexandre Guilmant (1837-1911)
Offertoire sur „O Filii“ op. 49 Nr. 2


Der gregorianische Osterchoral „O Filii“, der im heutigen Konzert gleich zwei Kompositionen (bzw. kleinen Variationszyklen) zugrundelag, ist sehr eingängig und ich bin sicher, dass ich diese Melodie auch schon in ein paar anderen Kompositionen gehört habe!
Vor allem die stark mit punktierten Rhythmen arbeitende Melodik des französischen Bach-Zeitgenossen Dandrieu blieb nachdrücklich im Ohr, während sein um 150 Jahre jüngerer Landsmann Guilmant das Ganze mehr „glättet“, die Melodie elegant dahinfließen lässt und zusätzlich noch einen lyrischen Mittelteil einsetzt.

Der Name Georges Athanasiadés war mir bislang noch kein Begriff – es handelt sich um einen Schweizer Mönch (mit unverkennbar griechischen Vorfahren), der sich in seiner heute für uns gespielten Komposition ebenfalls von alten gregorianischen Choralmelodien aus dem Kloster von Saint Maurice inspirieren ließ und in seine dreisätzige Suite (Prélude – Variations – Toccata) unüberhörbar sehr archaisch anmutende Klänge eingebaut hat, was wirklich eine faszinierende Wirkung hatte und sich gut anhören ließ. Diese Musik machte definitiv neugierig auf mehr von diesem Schweizer Organisten!