Nach einer Woche vorweihnachtlicher Auszeit melde ich mich hier jetzt auch mal wieder zu Wort - mein heutiges Thema ist zur Zeit, ob freiwillig oder nicht, sowieso in jedermanns und -fraus Ohren: Weihnachtslieder haben im Moment ja absolut Hochkonjunktur!
Ob im Radio, in den Kaufhäusern und Geschäften, auf dem Weihnachtsmarkt, im Rahmen alljährlicher zahlreicher Neuerscheinungen auf CD oder auch in den eigenen vier Wänden: Überall kling(el)t es in diesen Wochen mehr oder weniger (vor)weihnachtlich vor sich hin - und nervt des Öfteren schon mal ganz gewaltig!
Klassische und moderne Weihnachtslieder besitzen für mich zum einen zwar oft einen großen Erinnerungswert und sind mir lieb und teuer, nicht wenige finde ich aber nur schwer erträglich und bin froh, wenn ich sie möglichst nicht so häufig ertragen muss...
Ich persönlich teile Weihnachtslieder für mich in 5 Kategorien ein (man hat es ja gern hübsch ordentlich und übersichtlich *zwinker*):
1. Geistliche deutschsprachige Weihnachtslieder
Die meisten dieser Lieder finden sich vor allem in den Kirchengesangbüchern und sind mehrheitlich bereits mehrere hundert Jahre alt.
Ich denke da zum Beispiel an Lieder wie
Macht hoch die Tür
Nun komm, der Heiden Heiland
O Heiland, reiß die Himmel auf
Es kommt ein Schiff, geladen
Wie soll ich dich empfangen?
Maria durch ein Dornwald ging
Tochter Zion, freue dich
Vom Himmel hoch, da komm ich her
Lobt Gott, ihr Christen alle gleich
Es ist ein Ros' entsprungen
Zu Bethlehem geboren
Brich an, du schönes Morgenlicht
In dulci jubilo
Ich steh' an deiner Krippen hier
und so weiter...
Diese Lieder mag ich eigentlich ganz gerne, zum einen, weil sie zum Teil ein beeindruckendes Alter aufweisen und damit für unsere heutigen Ohren so schön archaisch und damit eigentlich eher "unweihnachtlich" klingen (zumindest im landläufigen Sinne). Ich mag auch zum anderen sehr gerne die zur Abwechslung mal etwas melancholischeren Weihnachtslieder in moll-Tonarten und daher gehören Lieder wie Es kommt ein Schiff, geladen oder Maria durch ein Dornwald ging zu meinen besonderen Favoriten! Außerdem ist es schön, dass man diese Weihnachtslieder eben nicht so häufig zu hören bekommt und sie so immer noch etwas Besonderes bleiben. Da viele dieser Lieder alt genug sind, dass auch barocke oder klassische Komponisten sie schon gekannt haben, ist es ein weiterer Vorteil, dass man hier auch mal Variationen und Bearbeitungen dieser alten Melodien z. B. von J. S. Bach, Brahms, Reger, Karg-Ehlert & Co. zu hören bekommt, was dem Ganzen einen zusätzlichen Reiz verleiht!
Aus Bachs umfangreichem Werk gibt es seine adventlich-weihnachtlichen Beiträge (Orgelvorspiele, Choräle, geistliche Lieder, etc.) zum Beispiel in einer schönen und abwechslungsreichen Zusammenstellung, die im Jahr 2000 im Rahmen der Gesamtausgabe Bach-Akademie beim Label Hänssler erschienen ist.
2. Weihnachtskinderlieder
Für mich persönlich ist dies mit die problematischste Gruppe mit dem höchsten "Nerv-Faktor"! Für diese Lieder gibt es aus meiner Sicht eigentlich nur die Devise: "Anhören: Nö! - Selber musizieren: Unbedingt!"
Nur so ertrage ich Lieder wie
Alle Jahre wieder
Lasst uns froh und munter sein
Morgen kommt der Weihnachtsmann
Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen
Leise rieselt der Schnee
Süßer die Glocken nie klingen
Ihr Kinderlein kommet
O Tannenbaum
Kling, Glöckchen, klingelingeling
Morgen Kinder wird's was geben
etc.
Da diese Gruppe mit Abstand die bekanntesten und beliebtesten deutschsprachigen Weihnachtslieder enthält, hört man unzählige Interpretationen hiervon im Moment (wie in jedem Jahr) überall, wo man hingeht: Kaufhaus, Supermarkt, Adventsbazar...
Dargeboten von Kinderchören, Blockflötenensembles, Schlagerstars, usw.
Diese Weihnachtslieder stammen fast ausnahmslos aus dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert, als sich Weihnachten schwerpunktmäßig zunehmend von der kirchlichen Feier in das im trauten Familienheim begangene Kinderfest verwandelte, wie wir es heute wohl alle kennen. Entsprechend naiv-herzig sind die Texte der hier vertretenen Lieder, der geistliche Aspekt wird dabei zum Teil komplett vom "Geschenke-Faktor" verdrängt und - ganz entscheidend - die Melodien sind an Kinderliedern orientiert einfach, kurz ... und musikalisch meist völlig uninteressant!
Sicher, man kann sie schnell lernen und behalten, aber musikalisch geben die meist kurzen Strophen nicht viel Interessantes her, so dass ich mich frage, warum zum Besipiel Jahr für Jahr immer wieder neue Aufnahmen mit genau diesen Liedern produziert werden? Musikalisch stehen die meisten dieser Weihnachtslieder auf einer Stufe mit "Ganzjahrestiteln" wie "Fuchs, du hast die Gans gestohlen" oder "Alle Vögel sind schon da" - und diese Lieder werden ja auch nicht ständig neu eingespielt oder irgendwo aufgeführt...?!
Die Beliebtheit gerade dieser Weihnachtslieder muss damit zusammenhängen, dass sie für viele Erinnerungen an die eigene Kindheit wecken und diese gerne wachgerufen und an folgende Generationen weitergegeben werden sollen.
Und genau das prädestiniert diese Lieder für mich vor allem zum Selber- und Mit-Kindern-Singen:
Lieder wie Alle Jahre wieder oder Leise rieselt der Schnee zusammen mit anderen zu musizieren und zu singen (einfach genug sind sie ja!) macht natürlich gerade auch den Kindern Spaß und genau dafür sind diese Lieder meiner Meinung nach auch einzig und allein geeignet - aber bitte nicht zum Dauerbeschalltwerden in der Innenstadt! Da vergeht einem dann der Spaß wirklich ganz schnell!
Zwei kleine persönliche Ausnahmen muss ich hier allerdings machen:
O du fröhliche und Stille Nacht, die ich eigentlich auch zu dieser zweiten Gruppe dazuzählen würde, sind aufgrund ihrer ganz besonderen Beliebtheit nochmal ein Fall für sich:
O du fröhliche lässt sich als festliche Hymne wunderbar gemeinsam singen - als Kind kenne ich es, dass am Ende des Gottesdienstes am Abend des 24.12. die ganze Gemeinde dieses Lied zusammen im Stehen sang und daher verbinde ich gerade mit diesem Lied dieses typisch festlich-friedliche Gemeinschaftsgefühl, das für mich unbedingt zu Weihnachten gehört!
Und das eigentlich so simple Stille Nacht, heilige Nacht, dessen große auch internationale Beliebtheit mir nach wie vor ein Rätsel ist, ist in seiner leider viel zu selten dargebotenen Urfassung von 1818 tatsächlich ein wirklich schönes Weihnachtslied, das irgendwo zwischen volkstümlicher Naivität und großer Festlichkeit seinen Platz findet. Warum man zu 95 % nur noch die vom Komponisten Franz Xaver Gruber (1787-1863) (oder einem anonymen Bearbeiter stammende) meines Wissens in den 1830er Jahren angefertigte vereinfachte Melodie zu hören bekommt (in der auch die letzte Zeile nicht mehr wiederholt wird), weiß ich nicht - ich kann aber nur jedem empfehlen, sich mal mit der eigentlichen Ur-Fassung von Stille Nacht, heilige Nacht zu beschäftigen - gerade auch der Wechsel von Solosängern und antwortender Gemeinde am Ende jeder Strophe und natürlich die etwas ausgeschmücktere Melodiestimme haben deutlich mehr Reiz als die allüberall heruntergedudelte "abgespeckte" Version...! Man findet plötzlich wieder Gefallen am vermeintlich längst Bekannten - und das ist dann mal wirklich ein toller Aha-Effekt (jedenfalls ist es mir seinerzeit so ergangen)!
Fortsetzung folgt (einmal werden wir noch wach!)...
Montag, 13. Dezember 2010
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