„Komposition“ ist ein ganz niederträchtiges Wort, das wir den Franzosen zu verdanken haben und das wir sobald wie möglich wieder loszuwerden suchen sollten. Wie kann man sagen, Mozart habe seinen Don Juan „komponiert“! Komposition! Als ob es ein Stück Kuchen oder Biskuit wäre, das man aus Eiern, Mehl und Zucker zusammenrührt!
Aus den Gesprächen Goethes mit seinem Freund Johann Peter Eckermann (1792-1854)
Jawohl - heute präsentiere ich hier mal ein paar Aussprüche zum Thema Musik von Johann Wolfgang Goethe (1749-1832).
Und ja - ich gestehe – ich bin bekennender Goethe-Fan!
Schade, dass man den zum „deutschen Dichterfürsten“ Geadelten auf einen fast schon unerreichbar erscheinenden Thron in höchste Höhen gehoben hat und man heutzutage – wenn überhaupt - mehr über ihn spricht, als dass man mal etwas von ihm liest!
Ich finde zumindest, dass sich das durchaus lohnt.
Schon in der Schule fand ich „Die Leiden des jungen Werther“ toll – dieses kompromiss- und rücksichtslose "Sich-in-seinen-Gefühlen-Rumwälzen" in einer aussichtslos erscheinenden Liebesleidenschaft und der daraus folgenden Konsequenz bis zum bitteren Ende, das hatte schon was.
Und als wir dann noch „Iphigenie auf Tauris“ gelesen hatten, war ich restlos begeistert:
Zum einen das in diesem Stück propagierte ideale und edle (und deshalb auch leider völlig utopische) Menschenbild, in dem sich Aufrichtigkeit, Treue, Ehrlichkeit, Toleranz und Mitgefühl vereinen und dazu dann noch diese wunderschöne Sprache!
Ich hätte nie gedacht, dass die von Kritikern oft als plump und brachial klingend geschmähte deutsche Sprache (vor allem im Vergleich mit dem Französischen oder Italienischen) so elegant und harmonisch fließend rüberkommen kann – in Goethes Iphigenie gelingt dies mit scheinbar leichter Hand wie selbstverständlich!
Seitdem habe ich viele weitere Werke von ihm gelesen und enttäuscht war ich bislang eigentlich von keinem – im Gegenteil:
Die Lektüre ermöglicht viele interessante Einblicke in die Welt, die Ideen und Gedanken des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts – eine Welt, die immerhin unsere heutigen Lebensumstände und Denkweisen ganz grundlegend geprägt hat!
Goethe war neben seiner literarischen Begabung ausgesprochen vielseitig interessiert und engagiert: Geschichte, Philosophie, Botanik, Mineralogie, Optik (Farbenlehre!), etc.
Interessant nur, dass er ausgerechnet auf dem Gebiet der Musik (um hier mal wieder aufs eigentliche Thema zurückzukommen) einen eher konservativen Geschmack hatte und im Vergleich zu zahlreichen anderen Gebieten an Neuerungen und Weiterentwicklungen entweder nicht interessiert war oder ihnen sehr skeptisch gegenüberstand (z. B. seinen Zeitgenossen Beethoven und Schubert).
Irgendwie seltsam, dass seine sonst so typische Neugier und Aufgeschlossenheit in musikalischen Dingen nicht vorhanden war.
Ich vermute, dass das mit seiner persönlichen Auffassung vom Wesen der Musik zu tun hatte: Musik war für ihn etwas ganz Naturgegebenes und Ursprüngliches, eine Art menschlicher „Urinstinkt“ (von dem der eine mehr, der andere eben etwas weniger mitgegeben bekommt) und hatte daher möglichst natürlich, also so einfach und ungekünstelt wie möglich daherzukommen. Und da konnten ihm musikalische Entwicklungen, wie sie z. B. ein Ludwig van Beethoven vorantrieb, natürlich nicht behagen!
Ich habe daher mal ein paar Zitate des berühmtesten deutschen Dichters („Jeder kennt ihn, keiner liest ihn!“) zusammengetragen, aus denen diese seine persönliche Einstellung zur Musik sehr schön rüberkommt, wie ich finde:
„Merkwürdig ist“, sagte ich, „dass sich von allen Talenten das musikalische am frühesten zeigt, so dass Mozart in seinem fünften, Beethoven in seinem achten und Hummel in seinem neunten Jahre schon die nächste Umgebung durch Spiel und Kompositionen in Erstaunen setzten.“
„Das musikalische Talent“, sagte Goethe, „in Wundern wie der Erscheinung Mozarts, kann sich wohl am frühesten zeigen, indem die Musik ganz etwas Angeborenes, Inneres ist, das von außen keiner großen Nahrung und keiner aus dem Leben gezogenen Erfahrung bedarf."
Aus den Gesprächen Goethes mit Eckermann
Der Musiker ist glücklicher als der Maler. Er spendet willkommene Gaben aus, persönlich unmittelbar, anstatt dass der letzte nur gibt, wenn die Gabe sich von ihm absonderte.
Musik im besten Sinne bedarf weniger der Neuheit, ja vielmehr je älter sie ist, je gewohnter man sie ist, desto mehr wirkt sie.
Beide Zitate aus dem Roman „Wilhelm Meisters Wanderjahre“
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