Sonntag, 2. September 2012

Zuletzt gehört...

Ernani, uraufgeführt am 9. März 1844 im Teatro La Fenice in Venedig und basierend auf einem Schauspiel des französischen Dichters Victor Hugo aus dem Jahr 1830, ist die fünfte Oper des zu dieser Zeit gerade einmal dreißigjährigen Giuseppe Verdi (1813-1901).

Auf den Tag genau zwei Jahre zuvor, am 9. März 1842, hatte er mit der Uraufführung des Nabucco an der Mailänder Scala seinen Durchbruch erzielt und der Ernani, der ebenfalls direkt ein großer Erfolg wurde, stellt nun einen weiteren wichtigen Schritt in der Entwicklung Verdis zum führenden Opernkomponisten Italiens dar.

Wo im Nabucco vieles noch etwas grobschlächtig und holzschnittartig wirkt (ohne dieser Oper ihre ganz eigene Qualität absprechen zu wollen), ist im Ernani bereits deutlich zu erkennen, was man später als „typisch Verdi“ bezeichnen wird: Eingängige Melodien, zündende Ensemble- und Chorszenen (wie man sie zum Beispiel auch aus dem Troubadour kennt), wunderbar lyrische Passagen (vor allem natürlich für den Titelhelden Ernani und seine Geliebte Elvira).

Ernani hat einfach alles, was man von einer klassischen italienischen Oper des 19. Jahrhunderts erwartet (inklusive der hanebüchenen Handlung, aber wen interessiert die schon bei soviel wunderbarer Musik?) – Verdi mag zwar noch nicht ganz der Komponist seiner Meisterwerke wie La Traviata, Rigoletto oder Un ballo in maschera sein, aber seine Musik verfügt nun über diese wunderbare Mischung aus „Schmissigkeit“, melodiöser Eingängigkeit und dramatischer Kraft, so dass man beim Zuhören einfach nur Freude hat und sich spontan wie im Italienurlaub fühlt - so geht es mir jedenfalls beim Anhören dieser Oper!

Leider wird der Ernani nicht so häufig aufgeführt, wie es diese ausgesprochen gelungene Musik eigentlich verdient hätte - liegt vielleicht doch an der skurrilen Handlung mit ihrem seltsamen Schluss, wo sich der Titelheld freiwillig erdolcht, bloß weil er sich an einen zuvor dem Schurken dieser Oper gegenüber geleisteten Eid gebunden fühlt?

Ich besitze dafür aber eine wirklich schöne Aufnahme aus dem Jahr 1967, die beim Label RCA erschienen ist:

Ernani: Carlo Bergonzi
Donna Elvira: Leontyne Price
Don Carlo: Mario Sereni
Don Ruy Gomez de Silva: Ezio Flagello
Don Riccardo: Fernando Iacopucci
Iago: Hartje Müller
Giovanna: Julia Hamari
RCA Italiana Opera Orchestra and Chorus
Dir.: Thomas Schippers


In den 1960er Jahren hat Thomas Schippers die Oper Ernani gleich drei Mal eingespielt, darunter zweimal mit Carlo Bergonzi und einmal mit Franco Corelli in der Titelrolle. Und auch Leontyne Price war hierbei jedesmal als Donna Elvira mit von der Partie, Mario Sereni immerhin auch noch ein weiteres Mal. Man kann also von einem eingespielten und routinierten Ensemble sprechen, das sich hier im Juli 1967 in Rom (nach zwei vorangegangenen Aufnahmen im Rahmen von Live-Aufführungen an der New Yorker Met 1962 und 1965) für diese Studioproduktion zusammengefunden hat.

Und ich finde, man hört diese Routine (im besten Sinne) der Aufnahme auch an: Alle Beteiligten sind in ihrem Element und füllen ihre Partien mit Leidenschaft und Hingabe.

Allen voran Carlo Bergonzi, dessen jugendlicher Tenor einen wunderbaren Schmelz verströmt – da „scheppert“ oder „knödelt“ nichts – es macht Spaß, ihm zuzuhören!
Auch Leontyne Price bringt eine wirklich beeindruckende Leidenschaft und Intensität rüber – vor allem ihre Soli verfehlen ihre Wirkung nicht!

Auch die übrigen Solisten, Chor und Orchester überzeugen, so dass diese Opernaufnahme einen wirklich guten Eindruck dieser frühen Verdi-Oper hinterlässt und ich sie immer wieder gerne anhöre, wenn mir der Sinn nach einer richtig schönen, typischen Opera all’italiana mit allem, was dazugehört, steht!

Einziger Schönheitsfehler sind die leider an ein paar Stellen etwas unglücklich zu hörenden Schnitte verschiedener Aufnahmesitzungen, die teilweise etwas unsensibel zusammengefügt wurden…

Aber naja: Nobody’s perfect!
Dafür stimmt am Rest dieser immerhin ja auch schon 45 Jahre alten Einspielung so ziemlich alles, da kann man über solche Kleinigkeiten dann auch großzügig hinwegsehen, finde ich!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen