Mittwoch, 6. April 2011

Philharmonie-Konzert

Gestern Abend hatte ich in diesem Jahr nun schon zum dritten Mal die spontane (und gern genutzte) Gelegenheit, ein Sinfoniekonzert des Gürzenich-Orchesters in der Kölner Philharmonie zu besuchen.

Auf dem Programm des insgesamt 8. Konzerts der laufenden Spielzeit standen folgende Werke:

Maurice Ravel (1875-1937)
"Ma Mère l'Oye" Suite für Orchester (1911)

Sergej Prokofjew (1891-1953)
Violinkonzert Nr. 1 D-Dur op. 19 (1916/17)

Nikolai Rimski-Korsakow (1844-1908)
Scheherazade op. 35
Sinfonische Suite aus "Tausendundeine Nacht" (1888)

Akiko Suwanai, Violine
Gürzenich-Orchester Köln
Dir.: Emmanuel Krivine


Alle drei Werke sind absolute Klassiker, die in den Jahren kurz vor und nach Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden sind. Die Zuhörer in der zu gut drei Viertel ausgebuchten Philharmonie konnten einen rundum gelungenen Konzertabend erleben mit einem engagierten Dirigenten, einer virtuosen Solistin und einem wirklich gut aufgelegten Orchester, so dass eigentlich keine Wünsche offen blieben!

Der französische Dirigent mit russisch-polnischen Wurzeln Emmanuel Krivine, der nach mehreren internationalen Stationen seit 2006 dem Philharmonischen Orchester Luxemburg vorsteht, fühlte sich begreiflicherweise neben dem französischen auch im russischen Repertoire des gestrigen Abends absolut heimisch und dirigierte den Prokofjew und den Rimski-Korsakow auswendig mit einem schwungvollen und dynamischen Stil - klare, weit ausholende Gesten, deren Entschlossenheit Musikern wie Publikum unmissverständlich vermittelte, dass sich der Maestro dieser Musik durch und durch verbunden fühlt!

Aber auch dem französischen Klangzauberer Ravel entlockte er zu Beginn in der kurzen fünfsätzigen "Mutter Gans"-Suite die erforderlichen klangprächtigen kindlich-fantasievollen Assoziationen, die zur Umsetzung der mit Märchenfiguren bevölkerten einzelnen Episoden erforderlich sind.

Die Violinistin Akiko Suwanai spielt auf einer Stradivari aus dem Jahr 1714, die sie als Leihgabe von der Nippon Music Foundation zur Verfügung gestellt bekommen hat. Es war wirklich beeindruckend zu erleben, welch raumfüllenden Klang dieses immerhin 300 Jahre alte Instrument besitzt - vor allem, als Akiko Suwanai als Zugabe nach dem bravourös absolvierten Prokofjew-Konzert eine kleine Solozugabe spielte (es handelte sich hierbei wohl um einen Satz aus einer der Partiten für Solovioline von Bach, in diesem Fall also um ein Stück, das genauso alt wie die Stradivari selber ist!): Der warme und klare Ton ihrer Geige drang mühelos noch in die letzte Ecke des riesigen Saales!
Aber auch zuvor hatte die Japanerin sich souverän über alle technischen Klippen des enorm schwierigen ersten Violinkonzerts von Prokofjew hinweggesetzt (die charakteristische "Violinentonart" D-Dur und die über weite Strecken sehr hoch geführte Solostimme hat dieses Konzert mit dem berühmten Beethoven-Konzert gemeinsam!) - allein schon der rasend schnelle Mittelsatz "Scherzo - Vivacissimo" war wirklich beeindruckend! Hier würde ich zu gern mal erleben, wie sich "Pop-Geiger" David Garrett, der sich ja gerne als schnellster (oder einer der schnellsten) Geigenspieler der Welt bezeichnet, hier schlagen würde… aber natürlich lässt sich ein Satz wie dieser von Prokofjew längst nicht so medienwirksam rüberbringen, wie der ewige Hummelflug :-)

Womit wir bei Rimski-Korsakow wären (von dem man hierzulande eigentlich viel zu selten etwas zu hören bekommt - ich denke allein an seine zahlreichen, fast alle um Märchengeschichten kreisenden Opern!)…
Er war - genau wie Maurice Ravel - ein genialer Instrumentator, der einem Orchester die faszinierendsten Klangfarben entlocken konnte!
Das Paradestück ist in diesem Bereich eindeutig seine gut 45-minütige "Scheherazade"-Suite für groß besetztes Sinfonieorchester (die gestern den zweiten Teil des Konzerts füllte) - in diesem dankbaren und ausgesprochen wirkungsvollen (und deswegen wohl auch so beliebten) orientalisch-märchenhaft angehauchten Orchesterstück kann ein gutes Orchester wirklich zeigen, was es alles drauf hat!
Und das Kölner Gürzenich-Orchester hatte einiges drauf: Ein sehr kraftvoller und runder, zugleich "knackiger" Ensembleklang - sehr präzise in den Tutti-Passagen, vor allem im vierten Satz, der mit seinen zahlreichen, oft völlig abrupten Wechseln von Motiven, Tempi und Klangfarben und der fast allgegenwärtigen Dominanz eines alles vorantreibenden Rhythmus stilistisch schon weit voraus ins 20. Jahrhundert weist!

Außerdem bietet diese Suite so ziemlich allen Instrumenten und Instrumentengruppen des Orchesters anspruchs- und wirkungsvolle Solostellen, sei es für die Blechbläser oder Solo-Fagott, -Oboe, -Klarinette, -Cello, etc. Von den stets wiederkehrenden Soli für die erste Violine (zumeist in aparter, exotisch-orientalisch wirkender Begleitung der Harfe) ganz zu schweigen! Eine dankbare Herausforderung für jeden Konzertmeister - in diesem Fall souverän gemeistert vom fabelhaften Torsten Janicke. Alles in allem also eine wirklich mitreißende und begeisternde Leistung des gesamten Ensembles unter dem Dirigat eines sich hier sichtlich in seinem Element befindlichen Emmanuel Krivine - an mehreren Stellen bekam man wirklich Gänsehaut und das ging sichtlich nicht nur mir so! Es hat sich wieder einmal wirklich gelohnt!

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