Da hab ich ja was angefangen letzte Woche mit den Beethoven-Klavierkonzerten...!
Vor allem das prägnante Klavierkonzert Nr. 3 c-moll op. 37 (Beethovens einziges Klavierkonzert in einer Moll-Tonart) hat mich über das gesamte Wochenende "verfolgt" und gestern Nachmittag habe ich dann den äußerst einprägsamen Beginn des ersten Satzes als persönlichen Ohrwurm mit mir herumgetragen (wobei ich froh war, dass es zur Abwechslung mal dieses geschmackvolle Beethoven-Thema war, das sich in meinem Kopf festgesetzt hatte, denn meist ist es mit Ohrwürmern gemeinerweise ja so, dass man ausgerechnet die Melodien nicht mehr loswird, die man eigentlich überhaupt nicht ausstehen kann und am liebsten ganz schnell wieder vergessen würde...!) und ich konnte es dann am Ende kaum noch erwarten, mir zu Hause das dritte Klavierkonzert erneut in voller Schönheit und Länge zu Gemüte führen zu können - in dieser Intensität ist mir sowas auch schon lange nicht mehr passiert, weder mit einem klassischen Musikstück noch mit einem Ohrwurm übehaupt!
Beethoven hat sich mit dem Beginn des ersten Satzes aber auch einen echten Hammer einfallen lassen - einmal gehört und schon kann ihn jeder sofort mitsummen! Dabei fällt mir auf, dass so simple und unglaublich einprägsame Themen wie dieses gerade von den Komponisten der Wiener Klassik (also Haydn, Mozart und eben Beethoven) sehr gerne verwendet wurden. Ich denke dabei zum Beispiel gerade an den Beginn der Kleinen Nachtmusik, der 5. Beethoven-Symphonie oder den 2. Satz der Symphonie mit dem Paukenschlag von Haydn.
Ich glaube es entsprach zum Teil der damaligen "Komponisten-Philosophie", sowohl für Laien als auch für Liebhaber geeignete Musik zu komponieren (es gibt z. B. Zitate aus Mozart-Briefen zu diesem Thema) und eben beide Erwartungshaltungen in ein und demselben Stück miteinander zu verbinden!
Und es gehört ja nun weiß Gott eine große Meisterschaft dazu, ein derart simples Thema wie z. B. das "Ta-ta-ta taaa" zu Beginn der 5. Symphonie so raffiniert zu verarbeiten, dass das Stück eben nicht so klingt wie die Krönungsmesse des zwölfjährigen Heinz Klemke, sondern den Hörer herausfordert, weil Spannung erzeugt wird und musikalischer Anspruch im vermeintlich Einfachen verborgen liegt.
Mit dem dritten Klavierkonzert Beethovens verhält es sich genauso - aus einem solch plakativen Satzbeginn muss man erstmal einen effekt- und spannungsvollen Satz kreieren können ohne in formelhafte Plattitüden zu verfallen! Beethoven gelingt dies erwartungsgemäß grandios - aber auch der zweite und dritte Satz dieses Konzerts (das ist ein Rondo mit einem ebenfalls sehr einprägsamen Thema) stehen dem ersten in nichts nach!
Ich habe mir gestern eine Aufnahme aus dem Jahr 2005 angehört - Solist ist Michael Rische, Marcus Bosch dirigiert das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin.
Das Besondere an dieser CD ist die Tatsache, dass Rische nicht nur Beethovens eigenhändige Kadenz zum ersten Satz, sondern gleich noch sechs (!) weitere Alternativen aus dem 19. und 20. Jahhundert eingespielt hat (inklusive einer eigenen)! Dank CD-Programmierung kann man sich nun gezielt für eine der sieben Kadenzen am Ende des ersten Satzes entscheiden (oder man hört sich gleich alle hintereinander an *grins*)
Eine tolle Idee, die ich mir auch für andere Konzerte wünschen würde!
Der Übergang von Kadenz zum Abschluss des Satzes, wo Orchester und Klavier wieder zusammenspielen (der dauert hier knapp eine Minute) wurde für dieses Projekt übrigens von Solist und Orchester auf jedem dieser 7 Tracks erneut eingespielt, damit die Musik ohne störende Übergänge und Brüche weitergehen und der erste Satz so zu einem "runden" Abschluss gebracht werden kann.
Und es ist wirklich sehr spannend zu sehen, wie spätere Komponisten/ Solisten versucht haben, ihre eigenen Sichtweisen zum musikalischen Material dieses ersten Satzes in eine Solo-Kadenz (= der Pianist spielt allein, das Orchester schweigt währenddessen) zu gießen.
Das Ganze gipfelt in einer gut siebenminütigen Kadenz (die damit schon halb so lang ist wie der gesamte erste Satz!) von Charles Valentin Alkan (1813-88), der es in diesem rahmensprengenden Koloss sogar noch schafft, ein Thema aus dem vierten Satz der 5. Symphonie von Beethoven einzubauen, das erstaunlicherweise dann auch noch große Ähnlichkeit mit dem Beginn des ersten Satzes dieses Klavierkonzerts hat!
Interessant auch Versuche von Komponisten aus dem frühen 20. Jahrhundert, zeitgenössische Klänge in ihre Kadenzen mit einfließen zu lassen (Erwin Schulhoff [1894-1942]) - stilistisch hat das dann zwar nicht mehr viel mit Beethoven zu tun, aber das macht die ganze Sache ja so spannend! Und wenn ich da an die schon ans Groteske grenzende Kadenz denke, die Alfred Schnittke (1934-98) für Beethovens Violinkonzert "kreiert" hat, ist die erwähnte Kadenz von Herrn Schulhoff wirklich harmlos dagegen...
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