Italien bringt man ja eigentlich nicht unbedingt zuallererst mit Orgelmusik in Verbindung - klassische Musik findet dort, so möchte man meinen, vor allem im Bereich der Oper statt.
Umso interessanter war das heutige Mittagskonzert, in dem uns Wolfgang Abendroth ausschließlich Orgelwerke (allesamt mehr oder weniger unbekannter) italienischer Komponisten vorstellte.
Los ging's mit Thème et Variations cis-moll, op. 115 von Marco Enrico Bossi (1861-1925). Die sieben Variationen plus einer abschließenden klangprächtigen Fuge als Finale sind deutlich spätromantisch gefärbt und waren für mich mal wieder eine echte Entdeckung.
Etwas "harmloser" ging es dann mit einer einsätzigen Sonate in g-moll von Baldassare Galuppi (1706-85) weiter: Virtuos aber ansonsten nicht weiter erwähnenswert.
Dass die Italiener dann doch nicht so ganz von der allgegenwärtigen Oper lassen können, bewies das im Anschluss gespielte Stück Elevazione des Geistlichen Padre Davide da Bergamo (1791-1863): Was bei diesem aus der Messliturgie stammenden Titel (und dem der Geistlichkeit entstammenden Komponisten) zunächst auf ein asketisch-strenges Orgelstück für den Gottesdienst schließen lässt, kam überraschenderweise wie eine leibhaftige Opernszene daher, die sich irgendwie in die Orgel verirrt hatte: Beginnend mit einem ausdrucksvollen Rezitativ, gefolgt von einem ausdrucksvoll-langsamen Cantabile und einer schnellen Cabaletta am Schluss hätte dieses Stück (versehen mit Gesangsstimme und Orchester) in jeder italienischen Oper des frühen 19. Jahrhunderts eine gute Figur gemacht! Kaum zu glauben, dass solche Musik dann tatsächlich (der Titel des Stückes legt dies nahe) während des Gottesdienstes erklungen ist?!? Das wäre wie "Dancing Queen" oder "La Isla Bonita" als Untermalung zur Eucharistie in heutiger Zeit - eine Vorstellung, die mir zugegebenermaßen schwer fällt (aber irgendwie auch ganz amüsant ist).
Als "Schmankerl" zum Schluss gab es dann doch noch "echte" Opernmusik: Giuseppe Verdis (1813-1901) Triumphmarsch aus der Oper "Aida", eingerichtet für die Orgel von H. R. Shelley. Klang gut - hätte aber im Programm konsequenterweise nicht als bloßer "Triumphmarsch" angekündigt werden sollen, da Mr. Shelley auch noch Musik des vorangehenden Chores "Gloria all' Egitto" in seine Bearbeitung einfließen hat lassen, um das Ganze etwas zu strecken :-)
Es war somit heute wieder eine sehr schöne Mittagsunterhaltung!
Mittwoch, 26. Mai 2010
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