Dienstag, 21. Juni 2011

Zuletzt gehört...


Immer wieder gern gehört und seit Jahren eine meiner Lieblings-CDs: Das im Jahr 2002 erschienene Debut-Solo-Recital von Juan Diego Flórez, auf dem er ausschließlich Tenor-Arien aus Rossini-Opern singt, begleitet von Coro Sinfonico und dem Orchestra Sinfonica di Milano Giuseppe Verdi unter der Leitung von Riccardo Chailly.
Was für eine wunderbare Aufnahme! Meiner Meinung nach immer noch die beste CD des sympathischen peruanischen Tenors und definitiv eines der gelungensten und überzeugendsten Recitals überhaupt! Die thematisch überzeugende reine Rossini-Zusammenstellung vermeidet den Eindruck eines wahllosen "Opern-Flickenteppichs" unterschiedlichster Epochen, Nationalitäten und Komponisten, wie man ihn leider auf fast jeder Arien-CD eines neuen Opernstars vorfindet.

Parallel zu seiner kometenhaften internationalen Bühnenkarriere, die vor ungefähr 10 Jahren so richtig ins Rollen kam, lieferte Juan Diego Flórez mit diesen Rossini-Arien eine unwiderstehliche klingende Visitenkarte seines bevorzugten Repertoires ab - und dass er sich im Klangkosmos Rossinis absolut heimisch fühlt, hört man wirklich an jedem gesungenen Ton:
Es ist mir selten passiert, dass ich beim Anhören einer Gesangs-CD auf Anhieb derart fasziniert und begeistert war, wie damals, als ich diese Aufnahme erstmals im CD-Player hatte - die offenkundige Freude des Sängers an dieser wunderbar leichtfüßigen und so durch und durch italienischen Opernmusik übertrug sich quasi sofort auf den Zuhörer!

Wie sehr Rossini damals sein Publikum in Entzücken, ja Raserei versetzte, kann man anhand dieser auf dieser CD versammelten Tenor-Arien aus den Opern Semiramide, Otello, Il barbiere di Siviglia, La gazza ladra, L'Italiana in Algeri, Zelmira, La donna del lago und La Cenerentola gut nachvollziehen - der Mann hatte einfach ein Händchen für eingängige Melodien, grandiose Steigerungen und optimale Gesangslinien. Für uns heutige Zuhörer ist es allerdings erstaunlich, dass man den Arien durch die Bank nicht anhören kann, ob sie einer ernsten oder komischen Oper entstammen - zu Rossinis Zeit machte ein solches Kriterium allerdings auch keinen großen Unterschied, Hauptsache, der Sänger oder die Sängerin konnte auf der Bühne mit seinem/ ihrem Vortrag glänzen und das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißen; eine Tatsache übrigens, die dem nachhaltigen Erfolg der meisten Rossini-Opern allerdings sowohl unter gesangstechnischen wie auch dramaturgischen Gesichtspunkten sehr im Wege gestanden hat...

Mich erstaunt die Selbstverständlichkeit, mit der Juan Diego Flórez die auf dieser CD zu hörenden Arien vorträgt - als wäre es die normalste Sache der Welt, bewältigt er halsbrecherische Koloraturen und sonstige technische Tücken, meistert die höchsten Töne und verleiht dem Ganzen durch seinen hörbar gutgelaunten und scheinbar mühelosen Vortrag die in der Musik ja schon angelegte Leichtfüßigkeit ohne überhaupt jemals angestrengt und forciert zu klingen. Es macht wirklich Spaß, ihm zuzuhören - die gute Laune dieser Musik tut schnell ihre sonnig-südländische Wirkung ;-)

Besonders gut gefällt mir auf dieser CD die in den meisten Aufnahmen (und Inszenierungen) gestrichene große Szene des Conte Almaviva "Cessa di più resistere" aus Rossinis bekanntester Oper, dem Barbier von Sevilla - ein echtes Plädoyer dafür, diese Arie auch auf unseren Bühnen häufiger einmal präsentiert zu bekommen!

Und - mein Lieblingsstück dieser Aufnahme - die Arie des Idreno aus der Oper Semiramide: Eine fantastische Interpretation - wirkungsvoll und konsequent gesteigert bis hin zum großartigen Schluss!
Wenn man die Einspielung dieser Arie mit anderen Aufnahmen dieses Stücks vergleicht, merkt man erst, mit welchem Schwung und welcher konkurrenzlosen Leichtigkeit alle Beteiligten hier zu Werke gehen.

Ich habe mir z. B. in direktem Kontrast zu Flórez mal die Interpretation von Frank Lopardo angehört, die dieser im Rahmen der Gesamtaufnahme der Semiramide mit Cheryl Studer in der Titelrolle (erschienen bei der Deutschen Grammophon im Jahre 1994) abgeliefert hat: Das Tempo ist hier deutlich langsamer, alles wirkt im Ausdruck wesentlich gebremster und zurückhaltender und so wacker sich Lopardo auch schlagen mag - im Vergleich zu Flórez wirkt er angestrengter und zum Teil vorsichtiger an heiklen Stellen.
Die Begeisterung, die beim Hören der Flórez-Aufnahme quasi sofort da war, wollte sich hier partout nicht einstellen - ich hatte streckenweise sogar den Eindruck, eine ganz andere Arie zu hören, wirklich ein eklatanter Unterschied! Danach weiß man die Leistung des "peruanischen Tenorwunders" noch viel mehr zu würdigen.
Für mich ist die "Rossini Arias"-CD definitiv eine Aufnahme für die einsame Insel: Als Tenor-, als Opern-, als Rossini- und natürlich als Juan Diego Flórez-Fan!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen