Mittwoch, 12. Juni 2013

Heute in der Lunch-Time-Orgel

Wolfgang Abendroth spielte heute Mittag für uns französische Orgelmusik aus dem Barock und dem 19. Jahrhundert:

Nicolas de Grigny (1672-1703)
Offertoire
Dialogue de flûtes pur l‘Elevation
Dialogue pour la Communion

César Franck (1822-90)
Petit Offertoire

Louis James Alfred Lefébure-Wély (1817-69)
Offertoire a-moll
Offertoire F-Dur


Die heute gespielten Kompositionen entstanden sämtlich zu liturgischen Zwecken und erklangen während der katholischen Messe an den in ihren jeweiligen Titeln erwähnten Stellen und dienten zur Untermalung der liturgischen Handlung. Gerade für das Offertorium (die Gabenbereitung, die der Eucharistiefeier - also dem Abendmahl - vorangeht) entstanden hier im Laufe der Zeit die oft umfangreichsten Musikstücke, da dies traditionell der Punkt innerhalb der Messe war, an dem ein längerer Zeitraum musikalisch überbrückt werden musste.

So bekamen wir heute – neben zwei kürzeren Stücken, die nach der Wandlung und zur Kommunion gespielt werden sollen – dann auch gleich vier Offertoriumsmusiken zu hören:
Neben der festlichen und klangprächtigen Komposition aus dem Barock von Nicolas de Grigny ein eher zurückgenommenes, fast schon traurig anmutendes Offertorium von César Franck und schließlich die beiden virtuosen Offertorien von Lefébure-Wély, die in seinem typischen Stil komponiert wurden:
Seine Orgelkompositionen (wohlgemerkt auch explizit die für die Messe vorgesehenen) zeichnen sich fast alle durch ein deutlich am Stil der zu seiner Zeit populären Opernmusik orientierten Klangideal aus.
Dies wurde von seinen damaligen Zuhörern nicht etwa kritisiert, sondern geradezu erwartet und machte ihn zu einem ausgesprochen populären Organisten und Komponisten!
Das verwöhnte Pariser Publikum schätzte es offenbar außerordentlich, auch während des Kirchgangs von populärer, ja schmissiger Musik der aktuellsten Mode unterhalten zu werden, daran nahm seinerzeit offenbar niemand Anstoß - das wäre auch ein interessantes Argument für diejenigen, die in der heutigen Zeit auch für mehr moderne Musik im Gottesdienst eintreten! Für unsere heutigen Ohren klingen beispielsweise einige der Sorties (also die Musik, die am Ende des Gottesdienstes zum Auszug gespielt wird) von Lefébure-Wély eher wie Musik für eine Jahrmarktsorgel, aber die Geschmäcker ändern sich halt und die Kirchgänger damals liebten diese schwungvollen „Rausschmeißer“ ganz offensichtlich.
So überraschte es dann auch nicht, dass auch die beiden heute zu hörenden schwungvollen Offertoires eher an Opernouvertüren oder dergleichen erinnerten – und so gar nichts Kirchliches an sich zu haben schienen, aber warum auch nicht?
Effektvolle (und überaus hörenswerte) Musik bleibt es ja trotzdem und der immer wieder geäußerte Vorwurf, dass irgendein Musikstück nicht kirchlich genug klingen würde, zieht sich durch mehrere Jahrhunderte der Musikgeschichte – das ist so gesehen also auch nichts Besonderes… ;-)

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