Und da die Landschaft da draußen heute ideal zum Thema passt, eröffne ich hiermit jetzt auch die musikalische Wintersaison!
Da der Winter ja über die Weihnachtszeit hinausgeht (leider - wär doch eigentlich schön, wenn wir so ab Mitte Januar dann schon Frühling hätten...) und man die hier vorgestellte Winter-Klassik auch noch im Februar gerne hören soll, ohne dabei gleich ans Christkind denken zu müssen, versuche ich hier eine möglichst strikte Trennung zwischen Weihnachtsmusik (die ja auch oft einen Winterbezug hat, ich erinnere beispielsweise mal an das Lied "Leise rieselt der Schnee"!) und solcher Musik, die von ihren Komponisten wirklich nur auf den Winter als Jahreszeit bezogen ist.
Diese Trennung ist jedoch nicht ganz so einfach, da das Thema "Winter" an sich musikalisch weitaus weniger ergiebig ist, als es z. B. Herbst oder Frühling sind. Draußen tut sich nicht gerade viel, was man musikalisch schildern könnte - von Schneegestöber oder gar -stürmen mal abgesehen, aber das ist ja nun auch nicht gerade abendfüllend.
Viele Komponisten sind dann, wenn sie denn überhaupt etwas "Winterliches" komponiert haben, auf Aktivitäten ausgewichen, die man um diese Jahreszeit draußen so machen kann: Allen voran natürlich Dinge wie Schlittschuhlaufen oder Schlittenfahren, wobei hier eigentlich fast immer Fahrten mit den großen, pferdebespannten, kutschenartigen Schlitten gemeint sind, nicht zuletzt der musikalisch ergiebigen Schlittenglöckchen wegen :-)
Daher habe ich mich auch entschieden, das Thema "Schlittenfahrt" auf jeden Fall mit in den Winter zu packen, obwohl viele mit derartigen Stücken ja auch die Weihnachtszeit verbinden - meist auch wieder des Glöckchenklangs wegen. Als Beispiele seien nur die zwei Klassiker "Jingle bells" und der "Sleighride" von Leroy Anderson genannt, die in keinem Weihnachtsmusikprogramm fehlen dürfen, obwohl in den Texten der Lieder kein einziges Mal das Wort "Weihnachten", bzw. "Christmas" vorkommt! Es geht in beiden Fällen wirklich ausschließlich um die Beschreibung einer fröhlichen Schlittenpartie im Freundeskreis.
Einige Überschneidungen zur im Moment eh allgegenwärtigen Weihnachtsthematik sind also fast schon vorprogrammiert, machen die Sache dadurch aber auch spannend.
Jetzt aber zu den Entdeckungen, die ich gemacht habe - los geht es wieder mit den Zyklen, die auch die anderen Jahreszeiten (siehe dort) schon eingeleitet haben:
Antonio Vivaldi (1678-1741)
12 Violinkonzerte "Il cimento dell'armonia e dell'inventione" op. 8 ("Der Gipfel von Harmonie und Erfindung"); entstanden ca. 1700-1725
Darin als Konzert Nr. 4 "L'inverno" ("Der Winter") in f-moll
Natürlich gibt es auch für das Winterkonzert ein erläuterndes (und vermutlich vom Komponisten sogar selbst verfasstes) Sonett, in dem er wieder das "Programm" für die drei Sätze des Konzerts vorstellt.
Die Themen der drei Sätze sind:
1. Satz: Erstarrendes Schauern im eisigen Schnee - Entsetzlicher Sturm - Laufen und Trampeln mit den Füßen vor Kälte - Winde - Zähneklappern
2. Satz: Drinnen am warmen Ofen, draußen fällt der Regen hernieder
3. Satz: Gehen auf dem Eise - Vorsichtiges und ängstliches Gehen - Hinfallen - Forsches Voranschreiten - Brechendes Eis mahnt zur Vorsicht - Der Scirocco - Der Nordwind (Borea) und alle anderen Winde
Von allen vier Vivaldi-Jahreszeiten mag ich den Winter am liebsten:
Allein schon der bizarre Beginn des ersten Satzes mit den andauernden Tonrepetitionen (soll wohl das Zittern in eisiger Kälte illustrieren) könnte fast schon aus dem 20. Jahrhundert stammen! Die aufgestaute Spannung entlädt sich dann in dem Losbrechen des Wintersturms mit einem Motiv, das ziemlich bekannt geworden ist. Der zweite Satz ist einer der populärsten langsamen Sätze von Vivaldi überhaupt - ein weitgespannter gesanglicher Melodiebogen, der die Behaglichkeit in der warmen Stube sehr schön rüberbringt, während die gezupften Streicher die draußen gegen die Fensterscheiben klopfenden Regentropfen symbolisieren. Während fast alle anderen Sätze der Vier Jahreszeiten eher episodenhaften Charakter haben und sich hier ständig viele ganz unterschiedliche Bilder miteinander abwechseln, ist ein einheitlich durchgestalteter Satz wie dieser (sprich: es wird im ganzen Satz nur eine Szene musikalisch beschrieben) innerhalb dieses Zyklus' eher die Ausnahme - und in diesem Fall eine ganz besonders gelungene!
Im dritten Satz schildert Vivaldi wiederum sehr plastisch die schwierige und mitunter gefährliche Fortbewegung in der Kälte draußen - diesmal auf dem Eis, das auch schon mal zu brechen droht. Zum Abschluss ziehen noch einmal alle Winde auf und sorgen im besten Sinne für einen "stürmischen" Ausklang des Konzerts.
Joseph Haydn (1732-1809)
Die Jahreszeiten (Oratorium in vier Teilen, Uraufführung im Mai 1801)
4. Teil: Der Winter
Der letzte Teil von Haydns Oratorium befasst sich mit folgenden Themen:
Dichte Nebel - Erstarrende Natur - Dunkelheit - Eis und Schnee - Verirrter Wanderer im Schnee - Die Dorfbewohner beisammen in geselliger Runde in der warmen Stube beim Flachsspinnen und Korbflechten - Spinnerlied - Lied "Das Märchen" - Eisiger Ostwind: Sieg des Winters - Vergleich: Menschenleben und Jahreszeiten, Verheißung des ewigen Lebens
Gerade bei Haydns Oratorium fällt auf, dass dem Textdichter Gottfried van Swieten (1733-1803) zum Thema Winter nicht so viel eingefallen ist wie zu den anderen zuvor von ihm geschilderten Jahreszeiten. Nach der Beschreibung der in Eis und Schnee erstarrten Natur wird ausführlich die gesellige Runde der im Warmen versammelten Dorfbewohner geschildert. Gleich zwei Lieder werden während dieser Szene vorgetragen, um den Winter auf ungefähr dieselbe Länge wie die anderen drei Jahreszeiten zu strecken. Diese Liedvorträge werden zuvor auch als solche angekündigt - das kommt so im ganzen Oratorium "Die Jahreszeiten" auch nur an dieser Stelle vor. Die beiden Schlussnummern des Oratoriums lenken dann auch den Blick von der reinen Jahreszeitenbetrachtung auf den naheliegenden Vergleich Jahreslauf - Menschenleben:
Erblicke hier, betörter Mensch,
erblicke deines Lebens Bild!
Verblühet ist dein kurzer Lenz,
erschöpfet deines Sommers Kraft.
Schon welkt dein Herbst dem Alter zu,
schon naht der bleiche Winter sich
und zeiget dir das offne Grab.
Mit der hymnisch vorgetragenen Hoffnung auf das noch zu erringende ewige Leben im Paradies schließt das Oratorium dann auch wirkungsvoll (und gar nicht mehr winterlich!)
Astor Piazzolla (1921-1992)
Las Cuatro Estaciones Porteñas ("Die vier Jahreszeiten aus Buenos Aires")
Der Winter-Satz "Invierno Porteño" (Winter in Buenos Aires) ist - wie die anderen drei Sätze dieses Zyklus - ein Stück für Gitarre solo (das Werk gibt es aber auch in anderen Bearbeitungen, z. B. für Klavier) und basiert, wie die meisten Werke Piazzollas, aus Elementen des traditionellen argentinischen Tangos.
Alexander Glasunow (1865-1936)
Die Jahreszeiten, op. 67 (Ballett in vier Teilen, UA im Februar 1900)
1. Teil: Der Winter
Tänzerisch und musikalisch geht es um folgende Themen:
Introduktion - Frost (Polonaise) - Eis (Tanz) - Hagel (Scherzo) - Schnee (Walzer) - Zwei Gnomen entzünden ein Feuer, um die eisigen Temperaturen des Winters zu verbannen.
Glasunows vierteiliges Ballett beginnt mit dem Winter - nach einer Einleitung werden die Personifikationen der vier "klassischen" Winterwetter-Erscheinungen mit jeweils einem eigenen Tanz vorgestellt. Nachdem zuletzt die herumwirbelnden Schneeflocken einen Walzer dargeboten haben, beginnt mit der Entzündung eines Feuers, das helfen soll, die Winterkälte zu vertreiben, quasi schon die Überleitung zum folgenden Frühling.
Fanny Hensel-Mendelssohn (1805-1847)
Das Jahr - 12 Charakterstücke für das Fortepiano (komponiert 1841)
12. Satz: Dezember - Allegro molto
13. Satz: Nachspiel - Choral ("Das alte Jahr vergangen ist")
1. Satz: Januar - Ein Traum (Adagio quasi una Fantasia - attacca:)
2. Satz: Februar - Scherzo
Peter Tschaikowsky (1840-1893)
Die Jahreszeiten, op. 37b (12 Klavierminiaturen, entstanden 1875-1876)
12. Satz: Dezember - Weihnachten
1. Satz: Januar - Am Kamin
2. Satz: Februar - Karneval
Erneut bleibt Fanny Hensel in ihrer musikalischen Monatsbeschreibung weniger konkret als Tschaikowsky. Sie schildert erneut Empfindungen, die im Monat Januar auch mal als "Traum" betitelt werden und übergangslos ("attacca") in den ausgelassenen Februar übergehen, dessen Scherzo sich sicherlich auf den Karneval bezieht. Interessanterweise klingt ihr Klavierzyklus nicht mit dem 12. Satz "Dezember" aus. Die Komponistin hat noch einen 13. Satz, "Nachspiel" betitelt, hinzugefügt: Sinnigerweise zitiert sie darin den Choral "Das alte Jahr vergangen ist".
Die Themen, die sich Tschaikowsky für die drei Wintermonate als Überschriften gewählt hat, überraschen nicht wirklich - den 12. und letzten Satz seines Zyklus' lässt er als schwungvollen Walzer daherkommen: "Weihnachten" als Zeit fröhlicher Feiern, "Am Kamin" geht es im Januar eher besinnlich und behaglich zu, während es zum "Karneval" im Februar ausgelassen zugeht.
Joseph Joachim Raff (1822-1882)
Symphonie Nr. 11 a-moll, op. 214 "Der Winter" (komponiert 1876/ 77)
1. Satz: Der erste Schnee - Allegro
2. Satz: Allegretto
3. Satz: Am Kamin - Larghetto
4. Satz: Karneval - Allegro
Louis Spohr (1784-1859)
Symphonie Nr. 9 h-moll, op. 143 "Die Jahreszeiten" (UA 1850)
1. Satz "Der Winter" (Allegro maestoso)
Wie Glasunows Jahreszeiten-Ballett fängt auch Spohrs 9. Symphonie mit dem Winter an, ein irgendwie streng und unnachgiebig wirkendes Motiv zu Beginn dieses ersten Satzes soll wohl die unwirtliche Jahreszeit symbolisieren. Ansonsten höre ich aus dem restlichen Satz nicht wirklich Winterliches heraus - aber das bleibt ja jedem Hörer selber überlassen…
Joaquín Rodrigo (1901-99)
Musica para un Jardín (UA 1958)
3. Satz: Berceuse de invierno (Wiegenlied des Winters)
In Rodrigos "Musik für einen Garten", ein kleiner Zyklus, in dem ein Garten in den verschiedenen Jahreszeiten musikalisch beschrieben wird, wird der Winter, der ja gartentechnisch nicht wirklich ereignisreich ist, relativ kurz abgehandelt - übergangslos folgt diesem kleinen Satz direkt die "Introduccion a la berceuse de primavera", also die "Einleitung zum Wiegenlied des Frühlings"…
Gregor Joseph Werner (1693-1766)
Musicalischer Instrumental-Calender (veröffentlicht 1748)
Zum originellen Instrumental-Calender von Gregor Werner hatte ich bereits im Post vom 22.06.09 Klassik im Sommer ein paar erläuternde Worte geschrieben, daher möchte ich mich hier nicht wiederholen und stattdessen jetzt nur das "Programm" der drei Wintermonate vorstellen:
12. Konzert: Dezember ("Il Decèmbre, im Christmonat")
1. Der Winter
2. Die Sonne im Steinbock
3. Menuett: Die Tageslänge 8, die Nacht 16 Stund
4. Der Schlaf oder ein Nachtstück
5. Das Jahresende
1. Konzert: Januar ("Il Gennàro, oder im Jenner")
1. Neujahrsanfang, zeiget an die kalt und frostige Zeit
2. Gute Hoffnung eines glückseligen Jahres
3. Menuett: Die Tageslänge 9, die Nacht 15 Stund
4. Der aberwitzige Bauer
2. Konzert: Februar ("Il Febbràro, im Hornung")
1. Die Fastnacht
2. Menuett: Die Tageslänge 10, die Nacht 14 Stund
3. Die Hochzeit des Hanswurst
4. Menuett: Die Tageslänge 11, die Nacht 13 Stund
5. Masquerade
Bei Vivaldis Frühling würde ich mich allerdings nicht von dem abgebildeten Cover zum Kauf dieser Aufnahme verleiten lassen.
AntwortenLöschenDie bei weitem beste Aufnahme der 4 Jahreszeiten ist IMHO diejenige von Sigiswald Kuijken. Interessant ist auch die von Giardino Armonico.
@ Stefan: Danke für den Tipp!
AntwortenLöschenAuch wenn wir hier gerade im "Winter" sind - bei der Wahl des angesprochenen Covers habe ich mich ausnahmsweise vom jahreszeitlich passenden Motiv leiten lassen *grins*
Mehr als 10 000 mp3-Klingeltöne wurden soeben unter der größten deutschen Website-Adresse aktualisiert: https://klingeltonekostenlos.com/neue-klingeltone/
AntwortenLöschenWenn Sie Klingeltöne herunterladen möchten, ist dies meiner Meinung nach die beste Wahl für Sie: vyzvánění do mobilu
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