Dienstag, 17. Juni 2014

Blog-Geburtstag - es darf gratuliert werden :-)

Heute ist es nun tatsächlich sage und schreibe schon fünf Jahre her, dass ich hier in diesen meinen Blog den ersten Eintrag reingeschrieben habe!

Die Zeit ist wirklich rasend schnell vergangen finde ich! Und fünf Jahre sind in der schnelllebigen Welt des Internets ja nun auch mindestens fünfundzwanzig Onlinejahre…

Durchaus also ein Grund, sich zu freuen und auch mit ein bisschen Stolz auf viele schöne und – wie ich hoffe – auch gelungene Beiträge über diverse Konzert- und Opernbesuche, CD-Vorstellungen, Lieblingskompositionen, usw. zurückzublicken.

Ich hoffe in Zukunft noch viele weitere solcher Beiträge hier einstellen zu können, wobei mir nach wie vor Qualität eindeutig vor Quantität geht und ich um Verständnis bitte, wenn es hin und wieder mal etwas länger dauert, bis es hier etwas Neues zu lesen gibt – aber schnell und gedankenlos hingetipptes Blabla hat in diesem Blog definitiv keinen Platz (dafür gibt es im Netz weiß Gott genug andere Orte!), das ist mir ganz wichtig.

Trotzdem bleibt natürlich nach wie vor der sehnliche Wunsch, etwas häufiger Zeit zu haben, um neue Beiträge zu schreiben – die Ideen dafür gehen mir weiß Gott nicht aus!

Aber leider, leider ist es so, vor allem wenn ich mir die Anzahl der Beiträge der vergangenen Monate so ansehe und diese dann mit den gleichen Zeiträumen früherer Jahre (vor allem 2010 oder 2011) vergleiche, dass ich momentan irgendwie noch weniger Zeit und Muße für den Blog habe, als bisher schon. Ich hoffe, dass sich das in absehbarer Zeit auch mal wieder ändert – an mir soll es gewiss nicht liegen (es sind tatsächlich eher die äußeren Umstände) und ich blicke daher gerade am heutigen Tage auch mal rundum optimistisch in die Zukunft!

An dieser Stelle auch ein herzlicher Dank an alle Leserinnen und Leser, die regelmäßigen wie die zufällig hier gelandeten - wenn ich Euch ein bisschen unterhalten und dabei möglicherweise auch noch etwas Wissenswertes oder Interessantes dabei vermitteln konnte, hat sich die ganze Sache doch schon gelohnt!
Ich freue mich nach wie vor über alle Kommentare, Fragen, Lob und Kritik und vor allem die vielen interessanten Kontakte, die ich hier in den vergangenen Jahren schon knüpfen konnte! Damit hätte ich vor 5 Jahren am allerwenigsten gerechnet, vor allem, weil ich nie irgendwelche wie auch immer geartete Werbung für meinen Blog gemacht habe! Wer mag, kann mir auch weiterhin gerne Kommentare zu meinen Beiträgen hier reinschreiben (natürlich auch zu älteren Texten, hier fällt nichts unter den Teppich!) oder mir eine Mail schicken (Adresse siehe rechts oben in der Seitenspalte), ich freue mich immer über Feedback aller Art und antworte selbstverständlich gerne auf Fragen oder Anregungen!

In diesem Sinne also – weiter geht’s mit einer wohlklingenden Mischung aus Andante maestoso und Allegro deciso!
*Fanfare und Tusch*
Der KLASSIKer aus Köln

Mittwoch, 11. Juni 2014

Richard Strauss - 150. Geburtstag

Heute vor genau 150 Jahren, also am 11. Juni 1864, wurde Richard Strauss als Sohn des Münchner Hofmusikers und Hornisten Franz Joseph Strauss in der bayerischen Hauptstadt geboren.

Allen anderen interessanten Komponistenjubiläen zum Trotz (z. B. der 300. Geburtstag von Carl Philipp Emanuel Bach im März) scheint sich der Eindruck zu bestätigen, dass sich das Hauptaugenmerk der Öffentlichkeit in diesem Jahr auf dieses Geburtstagskind konzentriert – ähnlich wie es im letzten Jahr mit dem 200. Geburtstag von Richard Wagner der Fall war. In beiden Fällen würde ich behaupten wollen, dass diese prominenten Vertreter der Komponistenzunft eigentlich gar nicht mehr so viel weitere Publicity nötig hätten und man die Energien lieber zu Gunsten einiger nicht minder interessanter Kollegen aufwenden sollte, die leider und unverdientermaßen längst nicht so im permanenten Scheinwerferlicht der Opern- und Konzertwelt stehen – aber mich fragt ja mal wieder keiner…
Die offizielle Strauss-Jubiläumsbriefmarke der Deutschen Post - mich enttäuscht das Motiv allerdings ziemlich!

Richard Strauss‘ Musik ist jedenfalls – und das ist für einen Komponisten des späten 19. aber vor allem auch des 20. Jahrhunderts immerhin doch sehr bemerkenswert und keinesfalls selbstverständlich! – seit jeher ein fester und unverzichtbarer Bestandteil der Konzertprogramme wie der Opernspielpläne rund um den Globus!

Für einen Komponisten ist er sehr alt geworden (es scheint eine Art „Berufsrisiko“ zu sein, dass viel zu viele seiner Kollegen viel zu früh verstorben sind…!), er starb im Alter von 85 Jahren am 8. September 1949 in seinem Anwesen in Garmisch-Partenkirchen. Und die Tatsache, dass er sich überhaupt ein eigenes Domizil in Garmisch-Partenkirchen leisten konnte (und das bereits ab 1908!) zeigt dann auch sehr schön, dass er bereits zu Lebzeiten ein ausgesprochen erfolgreicher Künstler, Dirigent und Musiker gewesen ist – auch das ist ja nicht unbedingt selbstverständlich in dieser Branche!

Seine ersten musikalischen Eindrücke empfing der kleine Richard natürlich im Elternhaus – hier wurzelt dann auch seine lebenslange Vorliebe für das Horn, das sein Vater als Berufsmusiker spielte, wie überhaupt für alle Holz- und Blechblasinstrumente. Es ist für einen Komponisten seiner Generation eher unüblich, so etwas wie Hornkonzerte oder Serenaden bzw. Sonatinen für Bläserensembles zu schreiben - dass der junge wie der alte Strauss genau dies jedoch mehrfach getan hat, lässt sich daher am ehesten wohl mit dieser autobiographischen Tatsache begründen.

Und wer bei der Erwähnung von Hornkonzerten oder Bläsererenaden spontan an Wolfgang Amadé Mozarts wunderbare Beiträge zu diesen Werkgattungen denken muss, liegt gar nicht so falsch, denn Mozart war definitiv der zutiefst bewunderte und verehrte musikalische Fixstern für Richard Strauss – für den älteren Strauss vielleicht sogar noch mehr als für den jüngeren, der sich zu Beginn seiner Karriere auch an Wagner orientierte (z. B. für seine erste Oper Guntram, die 1894 uraufgeführt wurde und für die der Komponist – ganz so wie es Wagner auch immer getan hatte - das Libretto selbst verfasste) oder Franz Liszt, dessen Sinfonische Dichtungen mit Sicherheit einen Einfluss auf seine eigenen Tondichtungen hatten.

Mit diesen Tondichtungen beginnt ab 1886 dann auch die Komponistenkarriere des jungen Richard Strauss. Mit Werken wie Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28 (UA 1895 hier in Köln!), Also sprach Zarathustra op 30 (UA 1896) oder Don Quixote op. 35 (UA 1898 wieder im Kölner Gürzenich!) mehrt Strauss seinen Bekanntheitsgrad und seine Popularität – diese und andere Tondichtungen, die alle für ein typisch spätromantisches Riesenorchester komponiert sind, gehören seit ihrer Entstehung zum festen Repertoire aller großen Sinfonieorchester!


Mit diesen Werken gehörte Strauss zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur jungen Komponistenavantgarde und abgesehen von der erst 1915 uraufgeführten, quasi als „Nachzügler“ entstandenen Alpensinfonie op. 60 schließt er das Kapitel seiner großen Orchesterwerke mit der 1904 im Rahmen einer USA-Tournee in der New Yorker Carnegie Hall uraufgeführten Sinfonia domestica op. 53 ab, um ab diesem Zeitpunkt seine Schaffenskraft fast ausschließlich nur noch der Oper zu widmen. In dem Zusammenhang fände ich es ausgesprochen interessant, ob man herausfinden könnte, ob Strauss sich ab diesem Zeitpunkt nur deshalb mit all seiner schöpferischen Kraft der Oper zuwandte, weil er das - vielleicht auch nur unbewusste - Gefühl hatte, in seinen reinen Instrumentalwerken alles, was er bis dahin ausdrücken wollte und konnte, nunmehr gesagt hatte und jetzt die menschliche Stimme, sozusagen als zusätzliches Ausdrucksmedium, mit hinzunehmen musste, um quasi so den künstlerisch notwendigen Schritt weitergehen zu können?

Und tatsächlich gelingt es ihm, mit der 1905 uraufgeführten, skandalumwitterten Salome (basierend auf dem gleichnamigen Drama meines Lieblingsautors Oscar Wilde!) und der 1909 erstmals über die Bühne gegangenen Elektra seinen Ruf als avantgardistischer Trendsetter noch um ein Vielfaches zu steigern (für so etwas sind gerade Theaterskandale immer gut)! Diese beiden Werke gelten zweifellos für das gesamte Operngenre des 20. Jahrhunderts als absolut zukunftsweisende und maßstabsetzende Schlüsselwerke, deren Faszination und verstörende Intensität bis heute ungebrochen ist!

Mit der Elektra beginnt dann auch die legendäre Zusammenarbeit Strauss‘ mit dem Dichter Hugo von Hofmannsthal (1874-1929), der bis zu seinem viel zu frühen Tod die qualitativ hochwertigen Texte für immerhin weitere 5 Strauss-Opern verfasst (Der Rosenkavalier [UA 1911], Ariadne auf Naxos [UA 1912 bzw. 1916], Die Frau ohne Schatten [UA 1919], Die ägyptische Helena [UA 1928 bzw. 1933] und Arabella [UA 1933] sowie das Szenarium des 1914 uraufgeführten Balletts Josephslegende).
Diese Künstlerfreundschaft wird oft verglichen mit ähnlich fruchtbaren Musiker-Dichter-Kooperationen wie z. B. der von Mozart mit Lorenzo Da Ponte und gehört sicher zu den Glücksfällen der Musik- wie der Literaturgeschichte!

Nach Hofmannsthals Tod arbeitet Strauss für seine weiteren Opern noch mit verschiedenen Textdichtern zusammen (z. B. mit Stefan Zweig, für dessen Mitarbeit an der gemeinsamen Oper Die schweigsame Frau er sich auch gegenüber den Nazis im Uraufführungsjahr 1935 durchzusetzen wusste), eine derart langjährige und auf einer gemeinsamen Basis fußende künstlerische Kooperation wie mit Hofmannsthal stellt sich aber nicht mehr ein.

Mit dem 1911 uraufgeführten Rosenkavalier vollzieht sich im Werk von Richard Strauss dann plötzlich ein unerwarteter Wandel – von einem der prominentesten Vertreter einer die Grenzen der althergebrachten Harmonien bis zum Äußersten ausreizenden jungen Komponistenavantgarde wandelt er sich Schritt für Schritt zu einem „Klassiker“ – durch die zunehmende Inspiration und Beeinflussung durch die Musik Mozarts (wie überhaupt der musikalischen Welt des 18. Jahrhunderts), die er jedoch nicht bloß kopiert, sondern stets in seiner ihm ganz eigenen Klangsprache in seine eigene Zeit zu übersetzen versteht. Damit entsteht sein ganz eigener Stil, der sich völlig unbeeinflusst von den weiteren radikalen musikalischen Entwicklungen der Jahre vor und nach dem Ersten Weltkrieg entwickelt.

Das lässt Strauss zwar in Bezug auf den "künstlerischen Fortschritt" im Vergleich zu seinen komponierenden Zeitgenossen immer mehr ins Abseits geraten (als „Neuerer“ gelten jetzt andere, z. B. die Vertreter der Neuen Wiener Schule), aber viele Künstler sind ja im Alter von Trends und Entwicklungen der Zeit überholt worden und Strauss ist nicht der erste und nicht der letzte Komponist, der noch in seiner Jugend als Trendsetter eines neuen Stils galt und dessen Spätwerk dann quasi jenseits von Gut und Böse eine ganz eigene Daseinsberechtigung führen konnte und es nicht mehr nötig hatte, sich um neue Moden und neu entwickelte Kompositionstechniken zu kümmern.

Und gerade das ist ja das Schöne daran, finde ich. Denn gerade das Spätwerk von Richard Strauss enthält so viel Wunderbares, zum Beispiel die in den letzten 3 schweren Kriegsjahren (1943-45) entstandenen wunderschönen zwei Bläsersonatinen, die Metamorphosen (1944/45) oder die Vier letzten Lieder (1948) - es wäre zu schade, wenn er seine einmal gefundene, ihm ganz eigene Musiksprache nicht mehr beibehalten und stattdessen versucht hätte, sich noch einmal an neuen Stilen auszuprobieren! Aber das hat er sich am Ende seines langen, von vielen Erfolgen gekrönten Lebens (zum Glück) nicht mehr angetan!

In der Tat ist die Liste der Stationen von Richard Strauss‘ beeindruckend – er war nicht nur ein meisterhafter Komponist sondern auch ein begnadeter Dirigent (wovon noch einige alte, vor allem aus den 1920er und 1930er Jahren stammende Aufnahmen zeugen) und arbeitete unter anderem mit den Berliner Philharmonikern sowie den (damals) bedeutenden Orchestern in den Residenzstädten Meiningen, Weimar und München zusammen; außerdem dirigierte er (natürlich) auch bei den Bayreuther Festspielen, war in führender Position an der Berliner Hofoper tätig sowie zeitweise Direktor der Wiener Staatsoper und zählt überdies zu den Mitbegründern der Salzburger Festspiele. Ach ja - und die Gründung der GEMA, der bis heute bestehenden, machtvollen Wächterin über musikalische Urheberrechte, ist auch maßgeblich auf ihn zurückzuführen.
Bei dieser prestigeträchtigen Vita ist es dann eigentlich auch nicht verwunderlich, dass der erfolgsverwöhnte Komponist nach der Machtergreifung durch die Nazis sich zumindest zeitweise in deren allumfassenden Machtapparat integrieren ließ (als Präsident der „Reichsmusikkammer“ von 1933-35, ein Posten, von dem er allerdings im Zuge der oben erwähnten Querelen um Stefan Zweig zurücktrat) – mit Strauss‘ weltberühmtem Namen wollten sich die braunen Machthaber natürlich nur zu gerne schmücken…

Im Jubiläumsjahr haben die Plattenfirmen – wie meist in den vergangenen Jahren zu ähnlichen runden Komponistenjubiläen – ihre oft umfangreichen Archive durchstöbert und mehrere interessante, meist wirklich erfreulich preisgünstige CD-Boxen zusammengestellt. Das ist in jedem Fall die billigere Variante für die krisengeschüttelte Klassikbranche (und den Sammler freut es obendrein) als die Produktion teurer Neueinspielungen, die gerade bei Richard Strauss ja auch immer einen riesigen Aufwand erfordern, da die von ihm vorgesehenen sehr großen Orchesterbesetzugen natürlich teuer sind – und in den Opern kommen dann auch noch die Sänger hinzu!

Immerhin erscheinen im Moment immerhin einige vielbeachtete Neuaufnahmen verschiedener Orchesterwerke von Strauss und zumindest auch die „Opern-Dauerbrenner“ Salome und Elektra sind in jüngster Zeit wieder einmal neu eingespielt worden. Es scheint tatsächlich so, dass diese beiden Opern in den letzten Jahren dem sonst immer mit an der Spitze der Beliebtheitsskala liegenden Rosenkavalier ein wenig den Rang abgelaufen haben – irgendwie passen diese grellen und drastisch-knappen Opern gut in unsere Zeit, während der lyrisch-breite Rosenkavalier dagegen etwas „angestaubt“ zu wirken scheint (das ist zumindest mein persönlicher Eindruck, ich kann mich natürlich auch täuschen!)…
Dennoch liegen diese drei Opern natürlich weiterhin mit großem Abstand an der Spitze in puntco Aufführungshäufigkeit von Strauss-Opern, gefolgt von Werken wie Ariadne auf Naxos, Arabella oder vielleicht auch noch der Frau ohne Schatten. Die meisten seiner anderen Opern hingegen trifft man leider selten bis fast gar nicht mehr auf den Opernbühnen an, von einigen rühmlichen Ausnahmen gerade jetzt im Jubiläumsjahr natürlich einmal abgesehen…


Und da freut man sich dann natürlich über eine Box wie die bei der Deutsche Grammophon erschienene Sammlung aller Opern des Komponisten (stolze 33 CDs)! Hier finden sich neben echten Referenzeinspielungen der bekannten Werke (wie z. B. der von Georg Solti dirigierten Elektra mit Birgit Nilsson in der Titelrolle) dann eben auch sonst meines Wissens nirgends mehr erhältliche Aufnahmen überaus selten zu hörender Opern wie Feuersnot (eine 1978 entstandene Liveaufnahme vom RIAS Berlin, die in diese Sammelbox übernommen wurde) oder Die schweigsame Frau und Die Liebe der Danae, die beide gar nur als Mono-Aufnahmen aus den Jahren 1959 bzw. 1952 von den Salzburger Festspielen ihren Eingang in diese CD-Zusammenstellung gefunden haben! Als „Zugabe“ gibt es dann übrigens auch noch die Vier letzten Lieder in der wunderbaren Aufnahme mit Jessye Norman und dem Gewandhausorchester Leipzig unter Kurt Masur aus dem Jahr 1982.

Auch die bei WARNER CLASSICS erschienene 9 CD-Sammelbox mit sämtlichen Orchesterwerken von Richard Strauss (also neben den Tondichtungen auch die Konzerte für Horn, Violine und Oboe und weitere kleinere Stücke) mit der Staatskapelle Dresden unter der Leitung von Rudolf Kempe hat mir viel Freude bereitet! Die Aufnahmen, die in den 1970er Jahren entstanden sind und von der Kritik viel Lob erfahren haben, wurden einem Remastering unterzogen und klingen wirklich bemerkenswert gut, wenn man bedenkt, dass sie im vordigitalen Zeitalter vor gut 40 Jahren entstanden sind!

Immer auf der Suche auch nach Raritäten bin ich dann noch auf die 3 CD-Box The other Strauss, die ebenfalls bei WARNER CLASSICS erschienen ist, gestoßen. Hier sind einige selten zu hörende Kompositionen von Richard Strauss, interpretiert von namhaften Solisten, versammelt (teils Neueinspielungen, teils aus den Archiven herausgesucht). Mit einem ähnlichen Titel war im vergangenen Jahr bereits die Box The other Wagner zum Jubiläum des anderen musikalischen Richard erschienen. Leider vermisse ich in der Strauss-Box aber Kompositionen wie beispielsweise die Militärmärsche op. 57, die Olympische Hymne aus dem Jahr 1936 oder die Japanische Festmusik op. 84 - alles Stücke, die ich sehr gerne einmal gehört hätte, weil man sie eben sonst nirgends zu hören bekommt – schade um die vertane Chance, diese CD-Sammlung wäre der ideale Ort für diese seltenen Schätzchen gewesen! Der Schwerpunkt der The other Strauss-Box liegt eindeutig auf kammermusikalischen Werken, was ihren Repertoirewert natürlich keinesfalls geringer macht, aber Wünsche wird man ja mal äußern dürfen, nicht wahr?

Abschließend noch meine persönlichen Richard Strauss-Favoriten: Salome, weil ich die hier musikalisch beschriebene, dekadent-schwüle, exotisch-orientalische Atmosphäre so perfekt eingefangen und irgendwie absolut unwiderstehlich finde (die nervöse Spannung, die von Anfang an förmlich in der Luft vibriert und im Verlauf der Oper immer unerträglicher wird, packt mich regelmäßig mehr als jeder Kinothriller!); Der Rosenkavalier, weil ich die zahlreichen poetisch-melancholischen Momente (vor allem der Marschallin) so anrührend finde und mich auch hier die allein durch die Musik herbeigezauberte, verspielte "Pseudo-Rokoko-Atmosphäre" so fasziniert; Ariadne auf Naxos, weil ich als Barockopernfan die schöpferische Auseinandersetzung eines Komponisten des 20. Jahrhunderts mit eben dieser alten Form des Musiktheaters sehr interessant und überaus kreativ gelöst finde und – um hier auch wenigstens ein Orchesterwerk explizit zu nennen - Also sprach Zarathustra, weil ich die Klanggewalt des Strauss’schen Riesenorchesters einfach grandios finde und es am Anfang dieses Stücks die wohl bekanntesten musikalischen 2 Minuten von Richard Strauss zu hören gibt! Wer kennt diese grandiose Fanfare nicht (oft ohne zu wissen, wer sie komponiert hat!) und wer hat nicht schon eine Gänsehaut bekommen, wenn diese Musik im maßstabsetzenden Science Fiction-Klassiker von Stanley Kubrick 2001: Odyssee im Weltraum erklingt?

Aber wie es oft so ist: Auch bei Richard Strauss gibt es – trotz seiner im Bereich der klassischen Musik allgegenwärtigen Präsenz und großen Bekanntheit – wohl für jeden noch eine Menge persönlicher Entdeckungen zu machen, so wie es mir jüngst mit den oben erwähnten Bläsersonatinen (dies übrigens auch eine Neuaufnahme!) geschehen ist, in die ich mich sofort verliebt habe…

Montag, 9. Juni 2014

Ein Abend in der Oper - "Der Freischütz" in Köln

So – hier bin ich wieder. Ich bitte, mein eigentlich unübliches mehrwöchiges Schweigen zu entschuldigen, aber die vergangenen Wochen waren für mich nicht einfach – ich hatte leider weder die Zeit, noch war ich in der Stimmung, neue Beiträge für meinen Blog zu schreiben, obwohl ich eigentlich genau das viel lieber getan hätte…! Nun, es ist leider nicht zu ändern, das Leben schreibt seine eigenen Regeln…
In der Zwischenzeit hat sich jedenfalls einiges angesammelt, was ich in der nächsten Zeit gerne abarbeiten möchte und los geht es heute zunächst mit der Rezension einer Opernaufführung, die ich bereits Mitte April besucht habe:

Am 12. April hatte in der Kölner Oper am Dom eine vom lettischen Regisseur Viestur Kairish zu verantwortende Neuinszenierung von Carl Maria von Webers (1786-1826) größtem Opernerfolg Der Freischütz ihre Premiere.

Die von mir am 15.04. besuchte (meiner Einschätzung nach so gut wie ausverkaufte) Vorstellung war demnach die 2. Aufführung dieser Inszenierung, die ich leider als ziemlich misslungen einschätzen würde!

Irgendwie ist Der Freischütz ein ganz besonderes „Problemkind“ für heutige Regisseure – diese Beobachtung habe ich leider schon häufiger machen müssen (selbst die Inszenierung des von mir so geschätzten Loriot aus den späten 1980er Jahren kann ich da leider nicht ganz von ausnehmen)!
Was einem in modernen Freischütz-Inszenierungen so alles an wilden, verquasten und absurden Bildern um die Ohren gehauen wird, spottet wirklich jeder Beschreibung. Auch wenn die aktuelle Kölner Inszenierung sich hier noch eher in gemäßigtem Rahmen bewegte, ändert das leider nichts an dem ernüchternden Fazit, dass das Ganze meinem Empfinden nach wieder einmal ziemlich an der eigentlichen Aussage und der so besonderen Stimmung dieser Oper vorbeiinszeniert wurde!

Deutschsprachige Opern des frühen 19. Jahrhunderts (also aus den Epochen der Romantik und/ oder des Biedermeier) zeichnen sich durch eine meist von Dialogen durchsetzte Handlung aus, die man – ganz unabhängig von der Musik - in den meisten Fällen in späteren Jahren vielleicht eher dem Genre der (erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandenen) Operette zurechnen würde.
Na, das trifft es vielleicht doch nicht so ganz, vor allem, wenn ich da an eher düster-schaurige Opernhandlungen wie eben die des Freischütz oder des Vampyr denke…

Was ich damit sagen will, ist, dass viele Opern dieser Zeit eine ereignisreiche Spielhandlung haben, die sich längst nicht so zur heute ja so beliebten Abstrahierung eignet, wie es beispielsweise die Opern von Richard Wagner tun.
Im Gegenteil: Diese „Biedermeier-Opern“ dienten vorrangig der bloßen – immerhin ausgesprochen niveauvollen - Unterhaltung des Publikums (was an sich ja nun nichts Verwerfliches ist oder den künstlerischen Wert dieser Werke irgendwie schmälert!) und hatten gar nicht den Anspruch, eine Art „Welttheater“ mit universeller, überzeitlich-allgemeingültiger Aussage darzustellen.

Das führt in der heutigen Zeit dann aber in der Regel zu einem mehr oder weniger großen inszenatorischen Dilemma, weil unsere Regisseure offenbar regelmäßig mit demselben Anspruch an solche Werke heranzugehen pflegen, wie sie es beispielsweise beim Ring des Nibelungen, Parsifal, Elektra oder Die Frau ohne Schatten zu tun pflegen – und das kann einfach nicht funktionieren, wie sich jüngst in Köln mit der verunglückten Freischütz-Inszenierung wieder einmal gezeigt hat!

Ich kann mich manchmal des Eindrucks nicht erwehren, dass genau das der Grund dafür ist, dass man die meisten Opern aus dieser Epoche (von Komponisten wie Lortzing, v. Flotow, Nicolai, Marschner, Kreutzer und anderen) auch kaum noch auf unseren Bühnen zu sehen bekommt! Nur leider, leider gibt es da (zum großen Verdruss heutiger "Regie-Götter") die große Ausnahme mit Webers unverwüstlichem Freischütz, der in seiner musikalischen Bedeutung wie der seit der Uraufführung 1821 ungebrochenen Beliebtheit beim Publikum einfach nicht zu ignorieren ist und moderne Regisseure damit seit Jahrzehnten vor ein – wenn auch hausgemachtes – Problem stellt: „Wie inszeniere ich diese ‘unsägliche‘ Handlung zeitgemäß?“

Natürlich lassen sich auch die Handlungen von auf Märchen- oder Sagenstoffen basierenden Opern (wie eben Der Freischütz) auf allgemeingültige und grundlegende moralische Regeln und Aussagen zurückführen – das ist ja der Grund, warum es Märchen und Legenden überhaupt gibt.

Aber führt das dann zwangsläufig gleich zu der Verpflichtung für einen Regisseur, seinem Publikum diese „Erkenntnisse“ mit dem Holzhammer einzubläuen? Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Theaterbesucher heute wie damals die Moral der Freischütz-Handlung durchaus erkannt und sogar verstanden haben – für wie begriffsstutzig wird man da eigentlich gehalten?

Die „bahnbrechende“ Regie-Idee der Kölner Neuinszenierung basierte nun also auf der Verallgemeinerung des an der mitleidlosen, genormten Leistungsgesellschaft zerbrechenden Individuums (= Max), das es nicht vermag, die Erwartungen der Mehrheit zu erfüllen und in seinem letztlich vergeblichen Kampf um Anerkennung und „Normerfüllung“ ins Abseits („auf die schiefe Bahn“) gerät.

So weit so gut – vielleicht etwas zu sehr aus der Sicht der heutigen Zeit gedacht und formuliert, aber der Kern der Geschichte ist klar.
Warum man das Ganze dann aber derart umsetzen muss, dass sich die ganze Szenerie nun in einer Art moderner „Vorstadthölle“ abspielt, in der alle Anwesenden annährend gleich aussehen, brav ihre klischeehaften Rollen ausfüllen (Männlein wie Weiblein – die mich in ihren pinkfarbenen Cocktailkleidchen und dem ständigen peinlichen Uh! und Ah!-Gruppengequietsche und -gekreische ganz besonders genervt haben!), in identisch ausgestatteten Reihenhaus-Siedlungen leben (so wird das zumindest angedeutet), konnte ich nicht wirklich nachvollziehen.
Denn ganz ehrlich – was hat das dann überhaupt noch mit dem für die Handlung des Freischütz so überaus wichtigen Jäger- und Waldmilieu zu tun? Wenn diese Bereiche nur noch als etwas alberne Zitate aufgegriffen werden (wie z. B. überdimensional große, umherwandernde Waldtierköpfe; Jäger als Paintball-Spieler), dann verliert Webers wundervoll atmosphärische Musik ja völlig ihre Daseinsberechtigung!
Und wenn ich etwas überhaupt nicht ausstehen kann, dann ist es die Tatsache, dass man das Gefühl hat, dass eine Inszenierung sich keinen Deut um die nach wie vor wichtigste Sache einer Oper schert – die Musik! Wenn man merkt, dass der Regisseur sich offenbar keine Mühe gemacht hat, sich ernsthaft mit der Musik und der von ihr transportierten Stimmung auseinanderzusetzen, sondern bereit ist, alles andere einer einmal gefassten, fixen Regie-Idee (ob für das Stück nun passend oder nicht) zu opfern und ohne Rücksicht auf Verluste gnadenlos niederzuwalzen, dann macht mich das wirklich sauer!
Ich bin der Meinung, wenn man Webers Musik zum Freischütz offen und unvoreingenommen anhört, dann spürt man förmlich, wie sehr der Komponist das ganze Sujet „Wald – Jagd – Teufelsspuk“ ernstgenommen und sich ganz auf die spannende Geistergeschichte eingelassen hat! Das alles kann man doch nicht einfach so ignorieren, indem man das Ganze mit dem ach so beliebten Stilmittel der ironischen Brechung konterkariert und ins lächerliche Gegenteil umkehrt!

Genau das passiert aber leider – von wenigen Momenten abgesehen (so gerät überraschenderweise immerhin der Beginn der Wolfsschluchtszene tatsächlich ziemlich atmosphärisch düster und gruselig, das hält aber leider nicht allzu lange an…) – in der Kölner Inszenierung andauernd: Die Musik kann fast gar nicht ihre Wirkung entfalten, weil man ständig Dinge zu sehen bekommt, die nicht zu dem passen, was man gerade hört…!
Niemand erwartet heute noch eine zu 100% realistische Inszenierung einer Opernhandlung (was eigentlich schade ist!) und ich bin der Letzte, der das Fehlen einer solchen kritisieren würde, aber auch mit modernen Mitteln, wie beispielsweise effektvoll und intelligent eingesetzten Beleuchtungselementen, ließen sich mit Sicherheit eine Menge stimmungsvoller Bilder auch im Freischütz herbeizaubern, man müsste sich nur einmal ernsthaft auf die Musik einlassen und die von ihr transportierten Stimmungen umsetzen – lieber etwas weniger Bohei auf der Bühne als ständig sinnentstellende Aktionen, die mehr ablenken als dass sie irgendwie nutzen würden. Als ob das Publikum beim Opernbesuch ständig auf bahnbrechende neue Erkenntnisse und „Aha!“-Erlebnisse erpicht wäre! Sowas kann in der Regel nur schief gehen…

Außerdem muss man dem Regisseur tatsächlich auch noch vorwerfen, seine immerhin fragwürdige Inszenierungsidee nicht einmal komplett durchdacht und konsequent umgesetzt zu haben: Max wird ja als jemand dargestellt, dessen Leistungen aus Sicht der Gesellschaft offensichtlich nicht ausreichen – aber was für Leistungen sollen das denn eigentlich sein? Eigentlich müsste man ja davon ausgehen, dass es sich hierbei um seine beruflichen Fähigkeiten handelt, die nicht genügen, um dem gesellschaftlichen Leistungsdruck standzuhalten. Max ist – am Text wird ja nichts geändert – Jäger von Beruf. Gezeigt wird aber permanent nur das alberne Farbkugelschieß-Geländespiel „Paintball“. Was soll diese Darstellung für einen Sinn haben? Ein Freizeitvergnügen in der Tradition eines „Räuber- und Gendarmspiels“ für Erwachsene, gut und schön. Aber wieso soll bitteschön ein Versagen bei diesem Spiel gleich zu derart existenzbedrohenden Nöten führen, dass man sich mit dem Teufel einlassen muss (also zum Äußersten greift), wie Max es im Verlauf der Handlung dann ja tut? Den tieferen Sinn möge man mir bitte mal erklären!
Ich befürchte, dass der Regisseur die Paintball-Idee einfach nur witzig und ach so passend für eine moderne Freischütz-Inszenierung fand, dass es dann letztlich auch wieder egal war, dass das Ganze im Gesamtzusammenhang überhaupt keinen Sinn ergab…

A propos „Teufel“ – mit der Darstellung der Figur des Samiel, des „schwarzen Jägers“ (wie der Teufel im Freischütz genannt wird), tun sich moderne Regisseure ja auch so unglaublich schwer. Wo liegt da eigentlich das Problem? Was spricht gegen die personifizierte Darstellung von mythischen Gestalten auf der Bühne? Als ob das heutzutage ein „No-go“ wäre, was um jeden Preis zu verhindern ist!?
In einer Zeit, wo beispielsweise das Kinopublikum sich nach wie vor massenhaft für Filme begeistern kann, in denen es von Vampiren, Werwölfen und sonstigen Monstern nur so wimmelt, muss man stattdessen doch nun wirklich nicht auf so absurde Ideen kommen wie in der Kölner Inszenierung, in der Samiel statt als Teufel nunmehr in der Rolle des Fastfoodketten-Clowns Ronald McDonald quasi als Personifizierung des globalisierten kapitalistischen Bösen daherkommt, um allen Zuschauern diese ungemein subtile (und so wahnsinnig originelle) Art der Konsumgesellschaftskritik vorzuführen?!? Das hätte man ohne diese ganzen verworrenen Gedankengänge auch wesentlich einfacher und wirkungsvoller haben können: Schwarzer Jäger = Teufel = Böse – ich glaube, diesen Transfer hätte nun wirklich jeder erbringen können, aber das wäre ja wieder viel zu einfach gewesen, da hätte man am Ende ja auf die Idee kommen können, der Regisseur hätte sich keine eigenen Gedanken gemacht …

Unfreiwillig komisch wurde die Präsentation dieser Inszenierung im Rahmen der Publikumseinführung vor Vorstellungsbeginn im Foyer: Nachdem zunächst die Opernhandlung (wohlgemerkt in ihrer ursprünglichen Form) außergewöhnlich ausführlich vorgetragen wurde (wahrscheinlich damit man als Zuschauer beim Ansehen der Inszenierung dann überhaupt noch nachvollziehen kann, worum es eigentlich geht...), wurde das Regiekonzept vorgestellt und die Dramaturgin überschüttete die Zuhörerschaft urplötzlich mit einem Schwall psychologischer Fachbegriffe, dass man den Eindruck hatte, plötzlich Siegmund Freud gegenüberzustehen…
Dieser rührend-hilflose Versuch, der Inszenierung durch eine übertriebene Verwendung ausgesprochen wichtig klingender Fremdwörter eine gewisse seriöse Legitimation und Bedeutungsschwere zu verleihen, erinnerte mich frappant an eine Szene, die auch gut in einem Loriot-Sketch hätte spielen können…!

Das Ganze gipfelte in einer Beschreibung der neu definierten Rolle des Samiel sinngemäß als typischem Vertreter eines die Konsumenten abhängig machenden, weltweit tätigen Wirtschaftsmolochs, der "stets etwas Leckeres aus seiner Tiefkühltruhe zu zaubern versteht, von der aber nie hinterfragt wird, was da alles drinsteckt und was da alles hineinkommt…"
Da kann man sich eigentlich nur noch an den Kopf packen! Spätestens an dem Punkt ahnte ich bereits, dass der Opernabend zumindest optisch nicht zu meinen Favoriten gehören würde…!
Immerhin erklärte das dann sehr schön, warum der Bösewicht Kaspar, der ja im Finale Samiels Opfer (anstelle der unschuldigen Agathe) wird, in dessen stets mitgeführter, rollender Tiefkühltruhe landet! Au weia!

Der ganze Ärger über dieses hirnlose Spektakel ließ dann leider die – ja eigentlich viel wichtigere – musikalische Leistung dieses Opernabends mehr oder weniger in den Hintergrund treten, was mir ein bisschen leidgetan hat, denn die konnte sich durchaus hören lassen!
Das Gürzenich-Orchester unter der Leitung von Generalmusikdirektor Markus Stenz (er verlässt Köln zum Ende dieser Spielzeit, so dass ausgerechnet diese Produktion leider sein letztes Kölner Operndirigat darstellt!) spielte in einem frischen, recht zügigem Tempo, kam aber aufgrund des meiner Meinung nach in der Ausweichspielstätte Oper am Dom viel zu tiefen Orchestergrabens akustisch nicht wirklich zu voller Entfaltung – viele dramatische Stellen wirkten leider etwas „schwachbrüstig“.

Die Solisten des Abends haben mir durch die Bank gut gefallen – da gab es eigentlich kaum bemängelnswerte Ausfälle: Sowohl Andreas Schager als Max, wie auch Gloria Rehm in der Rolle des Ännchen (die vom Regisseur unverständlicherweise wie alle weiblichen Figuren des Stücks – mit Ausnahme der Agathe - in die Rolle eines rosa Cocktailkleidchen tragenden, wasserstoffblonden Dummchens gesteckt wurde, was so gar nicht zu dieser Figur passt!) überzeugten stimmlich, genauso wie der für meine Begriffe allerdings nicht allzu finster oder wenigstens bedrohlich daherkommende Oliver Zwarg als Kaspar.

Persönlich gefreut habe ich mich, den Bariton Paul Armin Edelmann (in der Rolle des Ottokar) nach vielen, vielen Jahren wieder einmal auf der Bühne erleben zu können – ich kenne ihn noch aus seiner Zeit als Ensemblemitglied am Koblenzer Stadttheater in den 1990er Jahren. Was sich der Regisseur dabei gedacht haben mag, die Rolle des Fürsten Ottokar als die eines Zirkusdirektors anzulegen, hätte mich auch mal interessiert (vielleicht wegen des „Clowns“ Samiel?) – das passte zum ganzen inszenatorischen Rest ja nun auch nicht wirklich, wie überhaupt das ganze Finale mit dem abschließenden Auftritt des Eremiten als konfliktlösendem Deus ex machina in dieser Inszenierung für mich ein einziges Rätsel darstellte, aber als ob es darauf nun auch noch angekommen wäre…

Am besten gefallen hat mir aber das Kölner Ensemblemitglied Claudia Rohrbach in der Rolle der Agathe – sie hat wirklich großartig gesungen und vor allem ihre beiden Soloszenen wirklich sehr schön gestaltet (lyrisch, anrührend, mit klarer Tongebung und guter Höhe), allen inszenatorischen Störelementen zum Trotz!

Immerhin muss man dem Regisseur zugestehen, dass er den Sängerinnen und Sängern den Entfaltungsraum gelassen hat, gerade ihre großen Soli angemessen rüberbringen zu können! Das sollte eigentlich selbstverständlich sein, aber nachdem ich schon Inszenierungen gesehen habe, wo die Sopranistin kopfüber auf einer schiefen Ebene lag, von Wasser umspült wurde und dabei eine schwierige Arie einigermaßen wohlklingend abzuliefern versuchte, muss man ja nun schon selbst solche Dinge bereits lobend hervorheben…!

Und obwohl man ihm die Rolle unnötig schwer gemacht hat, schaffte es Renato Schuch meist doch, seinen Samiel irgendwie dämonisch wirken zu lassen, obwohl es wahrscheinlich um Einiges leichter gewesen wäre, diese (Clowns-)Figur grotesk und albern darzustellen!
Allerdings war die gefühlt mindestens zehnminütige Sequenz, die wohl zur Überbrückung des Bühnenumbaus unmittelbar vor der Wolfsschluchtszene diente, in der „Samiel“ bedeutungsschwanger (mit per Lautsprecher eingespielten widerhallenden, schweren Schritten) durch den Zuschauerraum streifte und in der sonst nichts passierte, definitiv zu lang und dramaturgisch völlig überflüssig!

Erwähnen sollte man auch noch die gute Textverständlichkeit aller Darsteller (auch in den Dialogszenen!) – da hätte man ausnahmsweise die mittlerweile oft auch bei deutschsprachigen Opern dringend benötigten Übertitel (in diesem Fall rechts und links der Bühne eingeblendet) nicht gebraucht!

Leidgetan hat mir die Tatsache, dass das durch die Inszenierung zunehmend unwilliger gestimmte Publikum am Ende die respektable Leistung des gesamtes Ensembles nicht wirklich zu würdigen wusste: Der Schlussapplaus fiel ziemlich karg aus, viele Vorhänge gab es auch nicht – die meisten Zuschauer wollten nur noch raus aus dem Theater, das merkte man deutlich.
Es ist wirklich schade, dass die Sängerinnen und Sänger am Ende vom Publikum für eine alberne Inszenierung, für die sie ja nun wirklich nichts können, bestraft werden! Ich bin sicher, der Beifall wäre stärker ausgefallen, hätte man etwas anderes zu sehen bekommen!

Am großen Publikumszuspruch merkte man, dass das Bedürfnis beim Kölner Opernpublikum durchaus da war, wieder einmal Webers populärste Oper auf der Bühne erleben zu können – es ist wirklich schade, dass dieses Interesse durch solch eine uninspirierte Inszenierung so ernüchtert und ausgebremst wurde! Da muss man sich dann nicht wundern, wenn das Publikum sich künftig einen Opernbesuch lieber zwei- oder dreimal vorher überlegt, statt sich spontan Karten zu kaufen. Wer hat schon Lust, sich einen kompletten Abend über den auf der Bühne gezeigten Unfug zu ärgern?

Eigentlich hatte ich die Kölner Oper in den letzten Jahren auf einem ganz guten Weg gesehen, aber nach einer Inszenierung wie dieser, die mich frappant an frühere Unsitten erinnert, die seinerzeit dazu geführt haben, dass ich fast gar nicht mehr in die Oper gegangen bin, nimmt meine Skepsis im Moment wieder zu – ich kann wirklich nur hoffen, dass das Kölner Opernhaus seine Phase mit spektakulären, gut durchdachten und originellen Inszenierungen nicht schon wieder beendet hat…

Abschließend noch ein Link zur wie immer sehr lesenswerten Rezension der Kölner Freischütz-Inszenierung beim Online Musik Magazin (OMM).