Mittwoch, 29. Mai 2013

Heute in der Lunch-Time-Orgel

In dieser Woche spielte wieder einmal Andreas Petersen, Kantor und Organist der Friedens-Kirchengemeinde für uns die Lunch-Time-Orgel und hatte dazu den dreimanualigen mobilen Spieltisch der großen Beckerath-Orgel in der Düsseldorfer Johanneskirche leicht schräg vor die Bankreihen platziert, so dass wir ihm gut beim Spielen zusehen konnten.
Sein Programm hatte er unter den Titel Eine Zeitreise durch die Orgelmusik – in 30 Minuten durch 7 Jahrhunderte gestellt und es tatsächlich fertiggebracht, hierin gleich zehn (!) verschiedene Kompositionen unterzubringen:

Anonymus (14. Jahrhundert)
Organ Estampie (um 1325)

Johannes Buchner (1483-1538)
Veni creator spiritus (Choralis in basso)

Samuel Scheidt (1587-1653)
Veni redemptor gentium (1. Versus)

Dietrich Buxtehude (1637-1707)
Choralbearbeitung über
„Nun bitten wir den heiligen Geist“ BuxWV 209

J. S. Bach (1685-1750)
Präludium C-Dur BWV 545,1

Johann Ludwig Krebs (1713-80)
Präludium C-Dur

Wolfgang Amadé Mozart (1756-91)
Adagio in C für Glasharmonika KV 356

Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-47)
Präludium in C-Dur

Jéhan Alain (1911-40)
Choral dorien

Andreas Willscher (geb. 1955)
Toccata alla Rumba


Um alle diese Stücke im gewohnt gut halbstündigen Mittagskonzert unterbringen zu können, waren die meisten heute zu Gehör gebrachten Werke naturgemäß eher kürzeren Ausmaßes, wodurch man aber – gerade in dieser gedrängten Form – wirklich sehr schön die Entwicklung der abendländischen (Orgel-) Musik quasi im Zeitraffer von der zaghaften Entwicklung erster mehrstimmiger Kompositionen bis hin zu stark rhythmusbetonten, teils dissonanten aktuellen Stücken nachvollziehen konnte!

Unser Organist wählte hierzu geschickt die verschiedensten Registrierungen, beginnend mit recht archaisch anmutenden Klängen bei den ältesten Stücken, bei Scheidt erinnerte mich der Orgelklang dann an Sackpfeifen (oder wie diese Instrumente heißen), mit denen früher die Spielleute aufgespielt haben, die späteren Kompositionen – gerade die in der festlichen Tonart C-Dur stehenden verschiedenen Präludien – warteten dann mit entsprechend üppigem Sound auf.

Sehr gut gefiel mir die noch sehr mittelalterlich anmutende Estampie aus dem 14. Jahrhundert und die entspannte Choralbearbeitung von Buxtehude.
Das bekannte Glasharmonika-Adagio von Mozart, das heute auf der Orgel erklang, wirkte zwar entsprechend zart und ätherisch, die verzierte Oberstimme mit ihren zahlreichen melodischen Feinheiten ging aber leider größtenteils (wohl bedingt durch die Akustik des großen Kirchenraumes) unter.
Die abschließende Toccata alla Rumba begann – wie man es eigentlich von einer „klassischen“ Toccata erwartet – ausgesprochen virtuos und wild und hatte zunächst definitiv nichts mit der doch eher ruhigen und gefühlvollen Rumba zu tun. Der kontrastierende Mittelteil dieser Toccata erinnerte dafür dann schon eher an den titelgebenden lateinamerikanischen Tanz.

Mittwoch, 22. Mai 2013

Richard Wagner - 200. Geburtstag

Heute ist es nun endlich soweit – nach Monaten der Vorbereitung und des Wartens vieler Musikfreunde und Opernenthusiasten – vor genau 200 Jahren wurde Richard Wagner in Leipzig geboren – das ist dann zumindest hierzulande wohl mit Abstand der bedeutendste runde „Promi-Gedenktag“ dieses Jahres!

Gedenk-Briefmarke und –Münze sind bereits erschienen, dazu eine geradezu inflationär anmutende Anzahl neuer Bücher über diesen schillernden Künstler, der erstaunlicherweise auch heute noch so polarisiert wie kein zweiter Komponist - und schon gar keiner aus dem 19. Jahrhundert!

Wagner starb nach einem wirklich filmreifen Leben, das selbstverständlich auch Stoff für gleich mehrere Opern geliefert hätte (Revolutionen, horrende Schulden, wilde Fluchten vor Gläubigern, leidenschaftliche Affären, künstlerische Katastrophen, ein echter Märchenkönig, die Verwirklichung der eigenen künstlerischen Visionen – da war wirklich alles dabei!) am 13. Februar 1883 in Venedig, so dass wir in diesem Jahr gleich auch noch seinen 130. Todestag begehen konnten (dies vielleicht, um die Wagner-Gegner und –Kritiker etwas zu versöhnen, denen der ganze Rummel in diesem Jahr ein Dorn im Auge sein dürfte…)! ;-)

Anstatt an dieser Stelle –wie üblich – ein paar nähere Worte über Vita und Werk zu verlieren (das tun in diesem Jahr mit Sicherheit genug andere, die hierzu weitaus berufener sein dürften als ich), möchte ich hier viel lieber etwas über mein persönliches Verhältnis zu Wagner (bzw. seiner Musik) schreiben – denn das ist (und das mag vielleicht überraschen) nicht ganz unproblematisch (und dabei spielen die hier jetzt vielleicht erwarteten antisemitischen Äußerungen Wagners überhaupt keine Rolle):

Ich habe bislang nämlich keinen rechten Zugang zu Wagners Musik (und damit sind natürlich zu 95 % seine Opern gemeint) finden können. Was ich bisher so von ihm gehört habe, lässt mich größtenteils ziemlich unbeeindruckt, es sagt mir nichts – oder jedenfalls nicht besonders viel. So, jetzt ist es raus… :-)

Für jemand wie mich, der sich selber nicht nur als passionierten Liebhaber der klassischen Musik (und zwar wohlgemerkt durch alle Jahrhunderte!) bezeichnen würde sondern hierbei auch noch einen besonderen Schwerpunkt auf die Oper legt, ist diese „Selbstdiagnose“ wenn nicht gleich besorgniserregend so doch zumindest ungewöhnlich, finde ich jedenfalls.

Ich habe immer das Gefühl, dass mir etwas ganz Besonderes und wirklich Wichtiges entgeht, wenn ich mich wieder einmal dabei ertappe, dass mich eine Wagner-Oper nicht in dem Maße anspricht, wie sie es nach landläufiger Meinung eigentlich tun sollte. Und gerade bei den Opern des Bayreuther Meisters ist ja die enthusiastische Fangemeinde seit über 100 Jahren nun wirklich enorm groß (und enorm leidenschaftlich) – und können so viele Menschen irren?
Welcher andere (Opern-) Komponist hat schon eine „Gefolgschaft“, die sich direkt nach ihm benennt (Wagnerianer) und die mit dem Bayreuther Festspielhaus quasi auch noch einen Tempel besitzt, der zumindest einmal im Jahr das Zentrum allgemeiner „Wallfahrten“ darstellt? Von „Mozartianern“, „Donizettinern“ oder „Verdianern“ beispielsweise habe ich noch nie etwas gehört und selbst wenn eine solche Bezeichnung dieser Art in Bezug auf die eingefleischten Fans eines anderen Komponisten ab und an mal fallen sollte, ist sie doch kein derart feststehender Begriff wie der eines Wagnerianers (oder – selbstverständlich – einer Wagnerianerin), inklusive aller damit verbundenen Klischees und Vorurteilen über diese Gattung Mensch!


Und da steht man dann als Opernfreund, schaut mit einer Mischung aus Unverständnis und Neid auf die Heerscharen wagnerbegeisterter Theatergänger und fragt sich, ob man selber vielleicht einen Gendefekt oder etwas in der Art besitzt, weil man persönlich jede Aufführung einer Händel-, Mozart- oder Verdi-Oper (um mal meine persönlichen drei Favoriten auf diesem Sektor ins Spiel zu bringen) einem Abend mit Parsifal oder den Meistersingern vorziehen würde…?

Der Vergleich hinkt etwas, aber um das wenigstens ansatzweise zu verdeutlichen, wie ich mich hierbei fühle, stelle man sich vor, dass man ein Weinliebhaber ist (um es noch anschaulicher zu gestalten auch noch einer mit dem Schwerpunkt auf dem Gebiet des Rotweins) und nun bekommt man mit, dass so ziemlich jeder Weinkenner von den herrlichen, üppigen, legendären Bordeaux-Weinen begeistert ist, die für viele (die meisten?) Freunde des Rebensaftes so etwas wie das Nonplusultra darstellen, das eigentlich nicht mehr zu toppen ist.
Neugierig, aufgeschlossen und durchaus experimentierfreudig hat man natürlich auch schon den ein oder anderen Bordeaux probiert, aber – man traut sich kaum, das zuzugeben – irgendwie kann man jedoch die Begeisterung der meisten anderen Weinliebhaber hier so gar nicht nachvollziehen und fragt sich gleichzeitig, warum dennoch so viele gerade diese Weine so sehr schätzen und lieben.

Und genau das ist bei mir eben der Punkt mit Wagner-Opern: Da sie von so vielen mir ansonsten ja sehr sympathischen Musikliebhabern derart in den Himmel gehoben, bewundert und heiß geliebt werden (und zwar oft über die Maßen mehr als die Opern anderer berühmter Komponisten!), muss da ja wohl irgendetwas dran sein, als dass man es mit dem Argument „ist halt alles eine Frage des Geschmacks“ einfach links liegen lassen könnte (zumindest wenn man sich wie ich sehr für die Gattung Oper interessiert), oder sehe ich das falsch?

Es mag etwas albern erscheinen, dass ich mir hierüber Gedanken mache, aber das etwas vage Gefühl, dass ich da irgendwas Besonderes verpasse, weil ich zu Wagners Opern nicht den rechten Zugang finde, ist halt nach wie vor da (und wer verpasst schon gerne etwas?) und hat sich auch über die Jahre meines Daseins als Klassik- und Opernfan bislang nicht entscheidend verändert, wobei ich ja insgeheim (doch bislang vergebens) stets auf mein entscheidendes persönliches „Aha!“-Erlebnis in Bezug auf Wagners Musik gewartet habe, bzw. noch immer warte.
Das Erweckungserlebnis, das auf einen Schlag alles verändert und mich von dem bislang meine Erkenntnis hindernden Schleier befreit und mir endlich den Zugang zu den so viele andere Opernfreunde beglückenden Gralsgefilden Wagnerscher Leitmotivik verschafft – wo ist es nur...?

Ich bitte das nicht falsch zu verstehen: Wagners Opern sind allesamt gut gemachte Werke mit einigen sehr schönen Stellen (ich mag vor allem die Chorpassagen!), aber die Begeisterung und die Verehrung, die gerade diesen seinen Kompositionen entgegengebracht werden, sind mir - im Vergleich zu anderen Komponisten, die einen solchen Enthusiasmus mindestens ebenso verdient hätten - eben bis heute unverständlich geblieben, da fehlt für mich irgendwie die Verhältnismäßigkeit!

Davon abgesehen, dass ich musikalisch nicht besonders gepackt oder mitgerissen werde, wenn ich mir eine Wagner-Oper anhöre (und allein schon deshalb die allgemeine Begeisterung für ihn nicht ganz nachvollziehen kann), finde ich seine Opern oft auch viel zu sehr überfrachtet mit bedeutungsschwangerem mythischem Drumherum und sie sind für meine Begriffe definitiv viel zu langatmig. Mozart war beispielsweise doch auch in der Lage, mindestens ebensoviel in denkbar knappster Form auszusagen; aber da ist Wagner vielleicht als Kind seiner Zeit noch am ehesten zu entschuldigen: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist der zunehmende Hang zu epischer Breite und Kolossalem ja auch anderswo zu beobachten - auch die Sinfonien (um nur mal im Bereich der Musik zu bleiben) werden immer länger und die sie spielenden Orchester immer größer und passenderweise habe ich z. B. mit Bruckners Sinfonien auch so meine Zugangsschwierigkeiten!

Die Meistersinger von Nürnberg sind für mich alles, aber keine komische Oper (aber als eine solche sind sie doch eigentlich gedacht, oder?) und den tieferen Sinn, der hinter den einzelnen Episoden des Ring des Nibelungen steckt, habe ich bis heute auch nicht wirklich verstanden, wobei ich jetzt gar nicht mal über die oft belächelte Stabreim-Lyrik herziehen möchte, die Wagner in Anlehnung an mittelalterliche Vorlagen speziell für den Ring ersonnen hat – im Gegenteil, die Tatsache, dass er konsequent seine eigenen Libretti geschrieben hat (und sie so passgenau auf seine speziellen Vorstellungen zuschneiden konnte, wie es außer ihm selber wahrscheinlich eh niemand sonst hinbekommen hätte) finde ich sogar ausgesprochen bemerkenswert!

Wenn ich außer Barock- und Mozartopern keine weiteren Lieblings-Opernepochen hätte, würde es mich wahrscheinlich nicht weiter tangieren, dass mir Wagners Musik nicht besonders viel bedeutet, aber gerade Opern aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (und hier vor allem italienische und französische), haben es mir eben auch sehr angetan – vielleicht ist doch was dran an dem „Vorurteil“, dass jemand, der eher die italienische Oper liebt, mit dem „Teutonen“ Wagner nichts – oder zumindest nicht viel - anfangen kann?
Einschätzungen dieser Art habe ich schon mehrfach lesen können (allerdings eher in älteren Büchern und Aufsätzen) und solche Pauschalierungen meist albern gefunden; aber irgendwas scheint da wohl doch dran zu sein, wobei es natürlich spannend wäre, das mal konkret festzuhalten, wo genau eigentlich die Unterschiede und die sicherlich auch vorhandenen Gemeinsamkeiten zwischen Opera all‘ italiana und dem Wagnerschen Gesamtkunstwerk denn nun liegen.

In dem Zusammenhang stehen auch in diesem Jahr neu erschienene Bücher noch auf meiner Wunschliste, die sich aus naheliegenden Gründen am Beispiel der beiden fast gleichaltrigen „Opernkomponisten-Jubilare“ dieses Jahres, also Richard Wagner und Giuseppe Verdi (die sich interessanterweise genau wie die ebenfalls gleichaltrigen Herren Bach und Händel nie persönlich begegnet sind!), mit der Thematik „Unterschiede und Gemeinsamkeiten“ auseinandersetzen. Immerhin ein oder zwei Titel zu dieser wirklich interessanten Frage sind bislang schon neu erschienen:

Vielleicht kommt da ja auch noch was nach, da Verdis runder Geburtstag ja erst im Herbst ansteht, aber bisher muss man sagen, dass zumindest auf dem Sektor Buchneuerscheinungen Richard Wagner im Moment eindeutig die Nase vorn hat - und das, obwohl eigentlich beide Herren mit recht ansehnlichen Riechorganen „gesegnet“ waren… ;-)

Ich vermute, dass es hier auf dem „Wagner-Sektor“ einen gewissen Nachholbedarf gab, da das letzte Verdi-Jahr ja erst 12 Jahre her ist (der 100. Todestag im Jahr 2001), während das letzte „große“ Wagner-Jahr (ebenfalls der 100. Todestag) ja bereits vor satten 30 Jahren begangen wurde!

Und in einem solchen Jubiläumsjahr, wo dann sogar Nachrichtenmagazine wie DER SPIEGEL dem Geburtstagskind reißerische (wie letztlich leider völlig ins Leere gehende) Titelstorys widmen, verkaufen sich solche Buchneuerscheinungen dank der allgemeinen Aufmerksamkeit und der damit verbundenen kostenlosen Publicity sicherlich deutlich besser als in einem ganz „normalen“ Jahr – da möchte dann natürlich kein Verlag hintanstehen, also stürzen sich im Moment alle wie wild auf den wohl umstrittensten (und damit zwangsläufig noch interessanteren) deutschen Komponisten – aber wie gesagt, warten wir mal ab, was der Herbst in Bezug auf Verdis runden Geburtstag noch so alles bringen wird…

Interessant finde ich auf jeden Fall ein paar Bücher, die Wagner selber (er war ja auch schriftstellerisch sehr begabt), bzw. seine Zeitgenossen einmal zu Wort kommen lassen:

Und meine Neugier geweckt haben auch Titel, die dem vermeintlich so bekannten Bild des großen, hehren Künstlers ein paar neue, nicht so bekannte Facetten hinzufügen (so z. B. seine recht ausgeprägte humorvolle Seite):

Es gibt sicher eine ganze Reihe sehr lesenswerter, ausführlicher Wagner-Biographien, aber für einen (ersten) kurzen und dennoch sehr fundierten Überblick über Vita und Werk Wagners kann ich zwei Bände der auch ansonsten (gerade im Bereich Musik) ausgesprochen empfehlenswerten Taschenbücher der Reihe C. H. Beck WISSEN rekommandieren:

Auf dem CD-Sektor sieht es in diesem Jahr bislang eher mau aus in Bezug auf spektakuläre neue Wagner—Neuaufnahmen – man merkt, dass die fetten Jahre der Branche vorbei sind und offensichtlich kein Geld mehr da ist für neue, aufwendige Opernaufnahmen (oder womöglich des Gesamtwerks).
Daher dominieren in diesem Jahr bisher die Neuauflagen alter, legendärer Einspielungen (die ja oft sowieso Referenzstatus besitzen und neueren Aufnahmen eh vorzuziehen sind – hier sind sich jedenfalls die meisten Rezensenten einig).

Die wenigen Neuaufnahmen, die zum Thema Wagner in den letzten Monaten erschienen sind, decken dann auch eher kostengünstigere Nischen ab, neben durchaus gut gemachten Arien-Recitals aktueller Wagner-Sänger sind das zum Beispiel Einspielungen verschiedener Transkriptionen von Wagner-Kompositionen beispielweise für Klavier oder Blechbläser.

Erstaunlich ist bei Wagner, dass so ziemlich sämtliche Kompositionen, die er außerhalb des Opernsektors verfasst hat, eher den Charakter von Gelegenheitswerken besitzen – das gilt für seine Konzertouvertüren wie für die Klavierwerke, Chormusik, Liedkompositionen oder sonstige Orchesterwerke.


Hier ist bei EMI Classics eine interessante (und preisgünstige) Box mit 3 CDs unter dem etwas nebulösen Titel The other Wagner erschienen, die wohl die meisten dieser „anderen“ Werke Wagners versammelt und damit eine gute Ergänzung zu den Opern bildet, die ja (bis auf die frühen) alle –zigfach eingespielt wurden, während man Aufnahmen von Kompositionen wie z. B. Das Liebesmahl der Apostel, der Columbus Ouvertüre oder des Großen Festmarschs bislang mt der Lupe suchen musste (von Konzertaufführungen dieser Werke ganz zu schweigen!) – immerhin ist im Jahr 2001 auch bei NAXOS schon mal eine CD erschienen, die zumindest 4 der Orchesterwerke enthält.

Den erwähnten Großen Festmarsch kannte ich immerhin sogar schon – dank Loriot, dem wohl prominentesten Wagnerianer der letzten Jahrzehnte - aus dem grotesk-grandiosen Finale, das die 1983 anlässlich des 60. Geburtstags des beliebten Humoristen entstandene Sondersendung beschließt! Meiner Meinung nach taugt dieser Marsch auch zu nicht viel mehr, da er doch ziemlich ermüdend, langatmig-lärmend und nicht besonders originell daherkommt, dies aber nur am Rande…


Ansonsten haben es mir vor allem einige Opernouvertüren Wagners angetan: Neben denen zu Holländer und Tannhäuser vor allem die zur Oper Lohengrin - das Stück ist wirklich grandios und mit Abstand meiner Wagner-Lieblingskomposition!
Ich besitze meiner Meinung nach recht gelungene Aufnahmen dieser und anderer bekannter Ouvertüren, die Karl Böhm Ende der 1970er Jahre mit den Wiener Philharmonikern eingespielt hat.




Von den Opern Tannhäuser, Der fliegende Holländer, Parsifal und Lohengrin gefallen mir die unter der Leitung von Daniel Barenboim um das Jahr 2000 herum entstandenen Aufnahmen von der Staatsoper Berlin recht gut, außerdem die Meistersinger-Aufnahme unter der Leitung von Herbert von Karajan sowie der Rienzi unter Heinz Hollreiser – aber hier fehlen mir wie erwähnt auf dem Sektor der Wagner-Opern die Vergleichsmöglichkeiten, um da ein abschließendes Urteil über die Qualität dieser Einspielungen fällen zu können …

Vor ein paar Jahren habe ich dann übrigens eine Entdeckung gemacht (mein persönlicher Tipp!), die ich gleichermaßen interessant wie aufschlussreich fand: Die vom Kabarettisten und Klassik-Fan Konrad Beikircher wunderbar lebendig vorgetragene Begegnung zwischen Wagner und Gioachino Rossini (1792-1868), die sich im Jahr 1860 in Paris zugetragen hat, wo Rossini ja seit Jahren residierte und Wagner zu der Zeit versuchte, mit seinem Tannhäuser zu reüssieren. Geradezu minutiös protokolliert wurde die Begegnung dieser beiden so gegensätzlichen „Operntitanen“ des 19. Jahrhunderts von Edmond Michotte (1830-1914), der damals so etwas wie Rossinis persönlicher Referent war und es ist wirklich hochinteressant mitzuerleben, wie die beiden Komponisten miteinander umgehen: Respekt- und humorvoll gleichermaßen, der joviale Rossini ist den neuen Ideen Wagners gegenüber übrigens durchaus aufgeschlossen und befragt seinen jüngeren Kollegen voller Neugier nach seinen künstlerischen Vorstellungen.

Eine wirklich toll gemachte CD, die ich nur empfehlen kann (auch im Hinblick auf den schon erwähnten Unterschied zwischen italienischer und speziell wagnerscher Opernkunst)!

Und ansonsten (um ein Fazit zu ziehen): Ich bin weiter aufgeschlossen, empfangsbereit, willig und interessiert und bin gespannt, ob ich irgendwann tatsächlich einmal anders über Wagners Opern schreiben kann, als es mir im Moment möglich ist – hojotoho!

Heute in der Lunch-Time-Orgel

Mein Urlaub ist vorbei, dafür konnte ich heute endlich mal wieder die Lunch-Time-Orgel besuchen (es hat halt alles Vor- und Nachteile). Organist Wolfgang Abendroth spielte im heutigen Mittagskonzert folgende Stücke für uns:

Dietrich Buxtehude (1637-1707)
Choralfantasie „Nun freut euch, lieben Christen g’mein“ BuxWV 210

Louis Vierne (1870-1937)
Feux follets („Irrlichter“) op. 53 Nr. 4

Alexandre Guilmant (1837-1911)
Grand Choeur en forme de Marche op. 84


Das heutige Programm, das sich aus Werken des norddeutschen Orgelbarock und der französischen Spätromantik zusammensetzte, startete mit Buxtehudes großer, mehrteiliger Choralfantasie über den heute nicht mehr so häufig gesungenen Choral „Nun freut euch, lieben Christen g’mein“, an dessen musikalischem Material der Barockmeister aus Lübeck in der Folge seine ganze kompositorische Kunst entfaltet.

In komplett andere musikalische Gefilde führte dann Louis Viernes sehr bildhaft gestaltete Schilderung umherflirrender Irrlichter im nächtlichen Moor. Ich kannte das Stück nicht, fand es spontan aber sehr ausdrucksstark und stimmungsvoll - und virtuos war es obendrein, so ein Irrlicht ist schließlich ausgesprochen schnell! ;-)

Als effektvollen „Rausschmeißer“ zum Abschluss gab es dann noch den pompösen, klangsatten Marsch für die große Orgel von Alexandre Guilmant.

Schade eigentlich, dass die heutige Gelegenheit nicht genutzt wurde - heute gedenkt die Musikwelt Richard Wagners 200. Geburtstag - eine der großen Opernouvertüren dieses Komponisten in einer Orgelbearbeitung (die gibt es nämlich!) zu Gehör zu bringen…

Mittwoch, 15. Mai 2013

Die CD-Cover-Galerie (3)

Ich habe wieder einmal in meinem CD-Archiv gewühlt (im Urlaub hat man ja für so etwas auch einmal Zeit) und möchte daher heute mal wieder einen Beitrag für die im letzten Jahr begonnene CD-Galerie präsentieren.

Ich habe zwei originelle Cover gefunden, die sehr schön zeigen, dass es auch auf dem Klassik-Sektor nicht immer bierernst oder zumindest würdevoll zugehen muss, sondern dass man mit einem Augenzwinkern oder einer witzigen Idee oft mehr erreicht und besser im Gedächtnis bleibt, als wenn man die CD-Cover mit den letztlich doch immer ähnlich ausfallenden Künstler-Porträts, Komponistenbildern, zeitgenössischen Gemälden, Landschafts- oder Instrumentenfotografien schmückt.

Ein schönes Beispiel für den kreativen Umgang mit dem im Klassikbereich mit Sicherheit vorherrschenden Dauerthema "Künstlerfoto und/ oder Komponistengemälde" ist die im Jahr 1997 bei der Deutsche Grammophon erschienene Kompilation mit Händel-Arien, die vom walisischen Bassbariton Bryn Terfel dargeboten wurden.


Raffiniert wird der Kopf des Sängers in ein Gemälde von Georg Friedrich Händel eingebaut – das Ergebnis überzeugt sehr, wie ich finde! Wenn man das Orignalgemälde von Jan van der Banck nicht kennt, würde man gar nicht merken, dass der Interpret hier quasi als der ihm die Melodien liefernde Komponist posiert.

Auf der Rückseite des CD-Covers (bzw. des sie umhüllenden Pappschubers) wird dann fairerweise auch das Originalgemälde gezeigt und man kann so schmunzelnd zwischen Original und Fälschung vergleichen.


Ich kann mich erinnern, dass es zum Zeitpunkt des Erscheinens dieser auch musikalisch durchaus gelungenen Aufnahme (Bryn Terfel wird begleitet vom Scottish Chamber Orchestra unter der Leitung von Sir Charles Mackerras) mindestens eine Rezension gab, wo man es als respektlose „Anmaßung“ empfand, dass sich Bryn Terfel dem Publikum hier quasi als „Inkarnation“ des großen Barockkomponisten präsentierte, was ich nun wirklich nicht nachvollziehen konnte und kann – was gibt es doch für humorlose Leute, die einfach an allem etwas auszusetzen haben!
Ich bin sicher: Abgesehen von der witzigen Gestaltungsidee (und der marketingtechnisch sicher nicht ganz unbeabsichtigten Auffälligkeit dieses Covermotivs) lag sämtlichen Beteiligten mit Sicherheit jegliche Motivation fern, den beliebten walisischen Bassbariton (aus welchen möglichen Gründen auch immer) mit dem von ihm interpretierten Komponisten gleichzusetzen – eine Unterstellung, die eigentlich so absurd ist, dass man sich wundern muss, dass sie überhaupt geäußert wurde…

Im Mozart-Jahr 2006 erschien beim ORF (Österreichischer Rundfunk) eine interessante CD, auf der zahlreiche, oft winzige und nur wenige Sekunden dauernde fragmentarische Kompositionsskizzen des weltberühmten Salzburgers eingespielt waren.
Nachdem schon im Mozart-Jahr 1991 die großangelegte Gesamtaufnahme aller Mozart-Werke bei PHILIPS Classics erschienen war (und man auch hier bereits zahlreiche, zum Teil von Musikwissenschaftlern vollendete Mozart-Fragmente mit aufgenommen hatte), bot diese CD nun einen weiteren Schritt in die Richtung, wirklich so ziemlich alles, was Mozart im Verlauf seines viel zu kurzen Lebens jemals an Notenmaterial zu Papier gebracht hat, auch auf Tonträgern zu verewigen – eine Ehre, die nun wirklich nicht vielen Komponisten der Musikgeschichte zuteil geworden ist! Dafür muss man schon ein Superstar wie Wolfgang Amadé sein (wobei mich interessieren würde, was er dazu gesagt hätte - "Ah geht’s Kinder, seid’s ihr komplett narrisch wor’n…?“)

Die Idee, die man für die Gestaltung des Covers dieser zumindest für eingefleischte Mozart-Fans hochinteressanten CD fand, ist so frappant einfach wie genial (und erinnert mich in ihrer Einfachheit an das Cover mit den Äpfeln, das eine Aufnahme von Vivaldis Vier Jahreszeiten zierte): Was illustriert eine Sammlung unvollendeter Mozart-Werke eindrücklicher und plakativer als das Foto einer angebissenen Mozart-Kugel…?

Mein Kompliment an den Designer Wolfgang Grossebner, der diese witzige Idee hatte!

Mittwoch, 8. Mai 2013

Das Bonmot für Zwischendurch

Heute muss ich mich doch mal kurz aus dem Urlaub melden!
Im Moment lese ich viel und stolpere immer wieder über Aussprüche meines Lieblingsautors Oscar Wilde...
Zwei seiner zahlreichen Bonmots über Kunstwerke, Künstler und deren Kritiker möchte ich daher heute hier mal ganz kurz zum Besten geben:

Meinungsverschiedenheit über ein Kunstwerk zeigt, dass das Werk neu, vielschichtig und wesentlich ist.



Sind die Kritiker uneins, steht der Künstler im Einklang mit sich selbst.