Mittwoch, 31. März 2010

KLASSIKers Osterprogramm

Bevor ich mich in die Osterfeiertage verdrücke, noch kurz ein paar Hinweise zu den Stücken, die ich mir heuer für die kommenden Feiertage vorgenommen habe:

Am Karfreitag (und evtl. auch noch am Karsamstag) auf jeden Fall eine Bach-Passion, das muss einfach sein! Nachdem ich in den vergangenen Wochen ja schon die ein oder andere Passionsmusik angehört habe (z. B. die Brockes-Passion von Telemann), ist - wie in den meisten Vorjahren - am Karfreitag selber dann auch mal wieder Bach angesagt.

Ich schwanke noch zwischen einer Aufnahme der Matthäus-Passion, die während eines Konzerts im März 2007 in der Bonner Beethovenhalle mitgeschnitten wurde, bei dem ich mitzusingen die Gelegenheit hatte. Bisher hatte ich noch nicht wirklich die Muße, mir diesen Konzertmitschnitt mal in Gänze und wirklich in Ruhe anzuhören.

Außerdem liebäugle ich mal wieder mit meiner Lieblingsaufnahme der Johannes-Passion - eine Produktion aus den 1960er Jahren (also interpretations-technisch nicht mehr ganz so taufrisch, dafür aber wirklich superb im Klang!), in der Fritz Wunderlich den Evangelisten-Part und Dietrich Fischer-Dieskau die Christus-Worte übernommen haben. Zwei meiner Lieblingssänger in einer Aufnahme vereint (Dirgent ist Karl Forster) - das allein macht schon den Reiz dieser ansonsten wunderbar dramatisch und fast opernhaft ausgefallenen Passions-Einspielung aus! Als bekennender Karl Richter-Fan bin ich den Klang von Bach-Interpretationen aus der Zeit der 1960er Jahre ja eh gewohnt, der manchem Fan der moderneren, "historisch informierten" Bach-Interpretationen immer wieder in lustvollem Grausen die Haare zu Berge stehen lässt *grins*

Am Ostersonntag dann habe ich meist das meiner Meinung nach leider viel zu kurz geratene Osteroratorium von Bach angehört (das auch in puncto Bekanntheit meilenweit hinter den beiden oben erwähnten Passions-vertonungen zurücksteht!). Zu schade, dass Bach kein gleichwertiges österliches Gegenstück zu seinen beeindruckenden Passionsmusiken und dem Weihnachtsoratorium komponiert hat!
Ich habe eine ältere Aufnahme unter der Leitung von Karl Münchinger (allerdings noch mit anderem Cover als das hier abgebildete) und seit ca. 2 Jahren ergänzend auch eine neuere Einspielung unter Philippe Herreweghe - mal schauen, für welche ich mich spontan entscheiden werde.

Eine echte Alternative zum Bach'schen Osteroratorium stellt für mich nun schon seit ein paar Jahren das italienisch-sprachige Händel-Oratorium "La Resurrezione" ("Die Auferstehung") dar, das während seines Italienaufenthalts entstand. Händel war damals gerade mal Anfang 20 und aus dieser Perspektive finde ich seine Leistung (also die Komposition dieses Oratoriums) wirklich ganz beachtlich - ein tolles, farbiges und sehr abwechslungsreiches Werk, das ich in der energiegeladenen Aufnahme mit den Musiciens du Louvre (Leitung Marc Minkowski) besitze und nun schon seit mehreren Jahren regelmäßig zur Osterzeit mit großem Vergnügen genieße...!

In diesem Sinne: Allen Lesern ein frohes und musikalisches Osterfest!

Heute in der Lunch-Time-Orgel

Passend zur Stimmung der Karwoche präsentierte uns Gast-Organist Jens-Peter Enk heute ein vorwiegend in dunklen Moll-Tonarten gehaltenes Programm:

Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Präludium und Fuge f-moll BWV 534


aus dem "Orgelbüchlein":
"Da Jesus an dem Kreuze stund" BWV 621
"Herzlich tut mich verlangen" BWV 727
"O Mensch, bewein dein Sünde groß" BWV 622


Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-47)
Sonate d-moll, op. 65 Nr. 6


Vor allem die abschließende Orgelsonate von Mendelssohn hatte es mir heute angetan - die einleitenden (teilweise sehr virtuosen) Variationen über den bekannten Choral "Vater unser im Himmelreich" mag ich sehr. Der ruhige Schluss-Satz, im Gegensatz zu den in Moll gehaltenen Variationen in freundlichem Dur stehend, ist ein schöner Ausklang dieser Sonate.

Montag, 29. März 2010

KLASSIKers Lieblingsstücke (II): Dvorak - Stabat Mater

Pünktlich zum Beginn der vorösterlichen Karwoche möchte ich heute eines meiner liebsten Chorwerke vorstellen, das aktuell neben den ganzen Passionsvertonungen ebenfalls seinen festen Platz im Konzertleben der Fastenzeit hat:
Das Stabat Mater op. 58 von Antonin Dvorak (1841-1904).

Das Stück entstand wohl aus dem tiefen Schmerz heraus, den der Komponist empfand, als im September 1875 sein Töchterchen Josefa kurz nach ihrer Geburt starb. Dvorak verarbeitete seine Trauer in der Folgezeit mit der Vertonung der mittelalterlichen Sequenz "Stabat Mater" (ein in dreizeiligen Strophen gereimter Gesang), in der die Schmerzen und die Trauer Marias thematisiert werden, die mit ansehen muss, wie ihr Sohn am Kreuz einen grausamen Tod erleidet. Der Textdichter ist unbekannt, vermutlich ein italienischer Geistlicher des 13. Jahrhunderts. Dieser Stabat Mater-Text ist von vielen bekannten Komponisten vertont worden, zu den bekanntesten dürften neben Dvorak wohl Pergolesi, Scarlatti, Haydn, Rossini, Liszt und Verdi gehören.

Noch während der Kompositionsphase verstarben im Jahr 1877 zwei weitere Kinder Dvoraks im Säuglings- bzw. Kleinkindalter - man kann also die im Musikstück erklingende Verzweiflung (und deren letztendliche Überwindung, wenn das Stabat Mater am Ende in eine hoffnungsvollere Stimmung umschlägt) als eine Form der persönlichen Trauerarbeit des Komponisten bezeichnen.

Uraufgeführt wurde das Chorwerk am 23.12.1880 in Prag, es folgten weitere Aufführungen im Jahr 1882 (Brünn und Budapest), seinen endgültigen internationalen Durchbruch erlebte das Stabat Mater jedoch im Jahre 1884, als Dvorak es im Rahmen einer Englandreise in der gewaltigen Kulisse der Londoner Royal Albert Hall vor ca. 8.000 Zuhörern mit einem aus über 800 (!) Sängerinnen und Sängern bestehenden Chor und einem dazu passenden Riesenorchester aufführen konnte. In England war damals nach wie vor eine seit Händels Tagen ungebrochene Chormusik- und Oratorienbegeisterung lebendig, die sich zu Dvoraks Zeit gerne in derartigen Massen-Events mit hunderten Ausführenden äußerte - das späte 19. Jahrhundert liebte das Monumentale eben sehr…
Der Triumph seines Stabat Mater machte Dvorak endgültig international - und vor allem natürlich in Großbritannien - zu einem berühmten und geachteten Komponisten und führte zu weiteren Kompositionsaufträgen, so zum Beispiel für sein gewaltiges Requiem op. 89 (1889/90), das als Auftragswerk für das Chorfestival in Birmingham entstand.

Ich hatte das Glück, dieses Chorwerk nicht wie üblich als Zuhörer kennenzulernen, sondern es als Chorsänger aktiv mit einstudieren zu können und auf diese aktive Art und Weise lernt man ein Musikstück ja gleich ganz anders und viel intensiver kennen! Ich kannte von Dvorak bis zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich einige seiner Instrumentalwerke (Symphonie "Aus der Neuen Welt", Cellokonzert, Slawische Tänze) und auch seine Märchenoper "Rusalka" hatte ich schon mal gehört, aber seine Chorwerke waren mir bis zu diesem Zeitpunkt völlig unbekannt (was, wie ich feststellen musste, leider vielen Musikfreunden so geht) und da hatte ich, wie sich herausstellen sollte, einiges verpasst!
Das war im Dvorak-Jahr 2004, in dem die Musikwelt des 100. Todestages des großen tschechischen Komponisten gedachte. Zusammen mit einem anderen Chor hatten wir uns die Einstudierung und Aufführung der beiden berühmtesten Chorwerke Dvoraks (Stabat Mater und Requiem) vorgenommen - je eine Aufführung fand dann in der Kölner Philharmonie und im Altenberger Dom statt. Schon während der Probenarbeiten beeindruckten mich der Melodienreichtum und die enorme Ausdrucksvielfalt beider Chorwerke, die seitdem zu meinen absoluten Lieblingsstücken gehören - es macht große Freude, die Stücke zu singen (und zu hören natürlich auch)!

Die Aufführung im Altenberger Dom am Nachmittag des Karfreitags gehörte dann auch zu den für mich eindrücklichsten Erfahrungen meiner bisherigen Choristenkarriere: Es wurde vor der Aufführung und auch in den Programmen darum gebeten, nach dem Konzert auf das Applaudieren zu verzichten (dies ist - zumal bei Kirchenkonzerten - am Karfreitag so üblich) und die tiefe Stille, die nach dem Verklingen der letzten Töne in dem großen gotischen Kirchenraum herrschte, verbunden mit dem quasi greifbaren nonverbalen Zuspruch des Publikums (der sich dann draußen auf dem Vorplatz in zahlreichen positiven Äußerungen der Zuhörer fortsetzte), führte zu einem richtigen Gänsehautgefühl und war intensiver und beeindruckender als jeder noch so heftige Applaus!

Dvorak stellt den Chor vor einige interessante Herausforderungen, das Ganze ist aber eine lösbare und überaus dankbare Aufgabe - auch für die vier Solisten (Sopran, Alt, Tenor und Bass), die ebenfalls schöne und ausdrucksvolle Partien bekommen haben. Ich kann gut verstehen, dass Dvoraks Stabat Mater nun schon seit mehr als 120 Jahren zu den absoluten Lieblingswerken großer Kirchen- und Konzertchöre gehört! Ich würde mir wünschen, dass sowohl Dvoraks Stabat Mater wie auch sein wunderbares Requiem auch beim Publikum eine noch größere Bekanntheit erlangen - verdient hätten es beide Werke auf jeden Fall! Wer als Klassik-Fan die ungleich bekannteren Requiem-Vertonungen von Mozart und Verdi mag, dem dürften die beiden erwähnten Dvorak-Chorwerke ebenfalls zusagen!

Dvorak hat sein ca. 90-minütiges Stabat Mater in 10 Sätze aufgeteilt, die unterschiedlich besetzt sind:

1. Satz: Stabat mater (Solisten und Chor)
Der gut 20-minütige Eröffnungssatz ist gleich auch der längste Einzelsatz des gesamten Werks. Er beginnt mit einer ausgedehnten Orchestereinleitung, die mit ihrer dramatischen Steigerung den Verlauf des folgenden ersten Choreinsatzes vorwegnimmt. Dieser beginnt leise und zögerlich, fast stammelnd, wie ungläubig angesichts des Leides und der Trauer. Die Spannung intensiviert sich in der Folge immer mehr und in einer gewaltigen Steigerung führt das Ganze zu einem Ausbruch, der wie ein kollektiver Aufschrei wirkt. Nach einem kürzeren Abschnitt, in dem der Chor eine für das Werk charakteristische schmerzliche Melodie singt (die in Abwandlungen gerade im ersten und letzten Satz mehrfach zitiert wird), folgt ziemlich schnell ein zweiter dramatischer Ausbruch, bevor sich die Stimmung etwas beruhigt und nun, beginnend mit dem Solo-Tenor, die vier Solisten einsetzen und in der Folge in einen Dialog mit dem Chor treten. Nach dieser Episode greift der Chor den Beginn des Satzes wieder auf und die beschriebenen dramatischen Steigerungen wiederholen sich.

2. Satz: Quis est homo (Solistenquartett)
Beginnend mit der Altistin setzen die vier Solisten die klagende Stimmung in einem ausdrucksvollen, teils sehr leidenschaftlichen Quartett fort.

3. Satz: Eia mater, fons amoris (Chor)
Dieser reine Chorsatz ist in Form eines bedrohlich wirkenden Trauermarsches gehalten, die düstere Stimmung wird nur ganz kurzzeitig etwas aufgehellt, dafür gibt es äußerst dramatische Stellen (die "Fac"-Rufe)!

4. Satz: Fac, ut ardeat cor meum (Bass und Chor)
Der Solo-Bass beginnt mit einer von Blechbläsern umrahmten Phrase, die mich immer an den Beginn des "Tuba mirum" im Mozart-Requiem erinnert. Ob sich Dvorak bei der Komposition dieses Satzes von Mozarts Totenmesse inspirieren ließ? Denn wenn kurz danach die Holzbläser eine ruhig dahinschreitende Begleitung anstimmen, erinnert das nun wiederum frappant an den Beginn des Requiems von Wolfgang Amadé… Der Chor singt seinen Part in diesem Satz wie einen Choral (sogar mit separater Orgelbegleitung), wird aber auch zeitweise erneut dramatisch-leidenschaftlich.

5. Satz: Tui nati vulnerati (Chor)
Eine ganz neue Stimmung kommt auf: Der Chor singt ganz innig, fast wie ein Wiegenlied - die dominierende Holzbläserbegleitung klingt charakteristisch böhmisch, bzw. irgendwie ein bisschen folkloreartig - jedenfalls wirkt das Ganze sehr beschaulich. Ein kurzer dramatischer Mittelteil erinnert jedoch an die ernste Grundstimmung des Werks, dann kehrt die beschauliche Stimmung des Satzbeginns zurück.

6. Satz: Fac me vere tecum flere (Tenor und Chor)
Die innige Stimmung des 5. Satzes wird beibehalten, Solo-Tenor und (Männer-)Chor ergänzen einander in einer Art Frage- und Antwort-Spiel - auch in diesem Satz gibt es kürzere dramatische Episoden wie im 5. Satz.

7. Satz: Virgo virginum praeclara (Chor)
Der Chor muss sich hier ganz zurücknehmen, um so schlicht und eindringlich wie möglich zu klingen: Der Satz sollte wie ein Gemeindechoral klingen - ganz einfach und innig. Das Ganze ist wie ein gesungenes Gebet - voller Inbrunst und Eindrücklichkeit und damit in seiner fast kindlich wirkenden Frömmigkeit und Zuversicht meilenweit von der Verzweiflung und Trauer des ersten Satzes entfernt. Aber gerade diese Bandbreite an Ausdrucksmöglichkeiten macht ja den Reiz des Werkes aus!

8. Satz: Fac, ut portem Christi mortem (Sopran und Tenor)
Dieses Duett ist ein sehnsüchtig und auch tröstlich klingender Bittgesang - erneut dominieren die begleitenden Holzbläserstimmen und erzeugen eine warm klingende Atmosphäre.

9. Satz: Inflammatus et accensus (Alt)
Dieses ausdrucksstarke Solostück für die Altistin wird durch eine strikte und unerbittlich wirkende rhythmische Streicherbegleitung dominiert, immer wieder unterbrochen von flehend oder bittend klingenden, fließenden Abschnitten.

10. Satz: Quando corpus morietur (Solisten und Chor)
Indem Dvorak diesen letzten Satz in einer ähnlichen Stimmung wie den ersten beginnen lässt, schafft er eine Art Rahmen, der das vielgestaltige Werk einfasst. Diesen letzten Satz beginnen nun aber die vier Solisten, der Chor nimmt das leidenschaftliche Thema auf und steigert das Ganze zu einem dramatischen Ausbruch wie im ersten Teil - allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass sich der kollektive "Aufschrei", in dem die gewaltige Steigerung kulminiert, diesmal in einen strahlenden Dur-Akkord auflöst (ein toller Effekt, da die Zuhörer noch den verminderten Septakkord aus dem ersten Satz im Ohr haben dürften!) und der Chor nun a cappella die Worte "Paradisi gloria" wie in hellstes Licht getaucht schmettern darf. Kurz danach mündet das Ganze in einen fugierten, jubelnden "Amen"-Teil, dessen schnelles Tempo das Geschehen zu einem weiteren Höhepunkt treibt: Als Krönung der vorangegangenen, grandiosen Steigerung singt der Chor erneut a cappella vollstimmig und mit ganzer Kraft erneut die Worte der gesamten letzten Strophe des Stabat Mater - eine echte Gänsehaut-Stelle mit umwerfender Wirkung!!
Schwierig für den Chor, da es nicht ganz einfach ist, mit einem Ensemble, das in der Regel 100 oder mehr Sängerinnen und Sänger umfassen dürfte, die Intonation zu halten - das Ganze "sackt" gerne bei solchen a cappella-Stellen etwas ab, wenn man sich nicht höllisch konzentriert und dann klingt es doch etwas verunglückt, wenn am Ende dieser Stelle das Orchester wieder einfällt und der Chor am Ende zu tief war…
Nach diesem Höhepunkt klingt das Stück immer leiser werdend mit weiteren "Amen"-Rufen aus - das letzte kräftige "Amen" wird noch einmal vom klagenden Motiv aus dem ersten Satz begleitet und der Zuhörer durch diesen Kunstgriff daran erinnert, dass die ganze soeben geäußerte Zuversicht und Tröstung aus der abgrundtiefen Traurigkeit des Beginns entstanden ist. Trauer und Schmerz sind halt untrennbar mit dem ganzen Jubel und der soeben gehörten Äußerung der Hoffnung verbunden. Schön, dass ein großes Werk wie dieses so nachdenklich und verhalten ausklingt und nicht mit beifallheischenden Fortissimo-Akkorden!
Ich besitze eine NAXOS-Einspielung des Stabat Mater, die ich ganz ok finde - aber meine absolute Lieblingsaufnahme, die ich Interessierten unbedingt ans Herz legen möchte, entstand als Live-Aufnahme in Dresden im Jahr 2000: Unter der Leitung des bereits im Jahr 2001 verstorbenen Giuseppe Sinopoli spielt die Staatskapelle Dresden, es singt der Chor der Sächsischen Staatsoper Dresden, die Solisten sind Mariana Zvetkova (S), Ruxandra Donose (A), Johan Botha (T) und Roberto Scandiuzzi (B). Eine tolle Aufnahme mit tollen Sängern und sattem Chor- und Orchesterklang! Sehr zu empfehlen!!

Donnerstag, 25. März 2010

Zuletzt gehört...

Angeregt durch das gestrige Mittags-Orgelkonzert habe ich mir am Abend noch eine schon länger nicht mehr gehörte, ausgesprochen interessante CD reingezogen, die pünktlich zum Bach-Jahr 2000 erschienen war und mit originellen (und selten zu hörenden) Transkriptionen Bach'scher Kompositionen für großes Symphonie-Orchester aufwartet:
Unter der Leitung des Finnen Esa-Pekka Salonen spielt das Los Angeles Philharmonic Orchestra Bach-Bearbeitungen namhafter Komponisten (und Dirigenten) wie Sir Edward Elgar (1857-1934), Gustav Mahler (1860-1911), Arnold Schönberg (1874-1951), Anton Webern (1883-1945) und nicht zuletzt Leopold Stokowski (1882-1977).
Den Lebensdaten der illustren Herrenschar kann man bereits entnehmen, dass die eingespielten Stücke im frühen 20. Jahrhundert entstanden sind und sich dementsprechend an der für die damalige Zeit üblichen orchestralen Üppigkeit orientieren, was für Bach-Kompositionen ja eigentlich zunächst als eine etwas ungewöhnliche Voraussetzung erscheint (um es mal harmlos auszudrücken).
Nachdem sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts ein mehr oder weniger festes Repertoire für Symphonie-Orchester herausgebildet hatte (angefangen bei den Symphonien von Haydn, Mozart und Beethoven), war man um 1900 herum zum einen auf der Suche nach neuen Stücken, um das Orchester-Repertoire zu erweitern und zum anderen war das Interesse an der Musik aus der Zeit vor den Wiener Klassikern (also Barock und Rokoko) neu erwacht und gerade die beiden großen Barock-Komponisten Bach und Händel rückten hier naturgemäß in den Fokus des Interesses.
Gerade die Chormusik dieser beiden "alten Herren" war nie ganz aus dem Repertoire von Gesangsvereinigungen und Kirchenchören geraten (vor allem Händel in England) und auch Bachs Orgelmusik wurde damals durchaus in den Kirchen gespielt.
Aber im Konzertsaal tauchte Orchestermusik aus dem Barock so gut wie gar nicht auf, was nicht zuletzt an den gewaltigen Veränderungen lag, die 150 Jahre Musikgeschichte in puncto Orchesterbesetzung und Klangvorstellung zum damaligen Zeitpunkt bereits bewirkt hatten.
Wer spielte damals z. B. noch so etwas Exotisches wie ein Cembalo? Im 18. Jahrhundert gehörte ein solches Instrument jedoch zum unverzichtbaren Bestandteil eines jeden Orchesters.
Außerdem wurden die kleinen Orchesterbesetzungen des Barock und die wenigen dort verwandten Instrumente als zeitbedingte Beschränkungen angesehen - hinzu kam, dass man viele Instrumente der Barockzeit (wie z. B. die Gambe, die Oboe d'amore oder die Traversflöte) gar nicht mehr kannte.
Um dem Publikum des beginnenden 20. Jahrhunderts nun dennoch die Möglichkeit zu geben, sich wenigstens hin und wieder mal ein paar Musikstücke von Bach & Co. anhören zu können (deren Musik von vielen Komponisten der damaligen Zeit als durchaus hörenswert und wertvoll geschätzt wurde, die jedoch hauptsächlich nur in Expertenkreisen bekannt war), kamen besagte Bearbeitungen (Transkriptionen) von Barockmusik sehr in Mode:
Man arrangierte die alten Kompositionen für die Klangkörper, die einem zur Verfügung standen - Symphonieorchester, Streichensembles, Klavier - und machte sie somit wieder zugänglich und spielbar und rückte sie aus dem Umfeld rein wissenschaftlicher Musikhistorie wieder in den Fokus musikalischer Praxis.
Viele Menschen bekamen damals zum ersten Mal Musikstücke von Bach & Co. zu hören, die für uns heutzutage absolut gängige "Barock-Hits" und deren weltbekannte Melodien quasi allgegenwärtig sind!
Interessant wird diese ja sehr lobenswerte "barocke Wiederbelebung" aber vor allem durch die damalige Einstellung der alten Musizierpraxis gegenüber: Man betrachtete den Entwicklungsstand von barocken Instrumenten und der dadurch bedingten Orchestrierung als einen eher unfertigen, noch nicht abgeschlossenen und ging fest davon aus, dass Bach, Händel und deren Zeitgenossen die Errungenschaften moderner Instrumente sehr zu schätzen gewusst hätten, wenn sie sie denn bloß schon gekannt hätten!
Und so wie Mozart schon wenige Jahrzehnte nach Händels Tod zum Beispiel dessen Oratorium "Der Messias" für eine Wiener Liebhaberaufführung in bester Absicht mit zusätzlichen Instrumenten (unter anderem Klarinetten) "auffüllte" und Mendelssohn und Schumann im 19. Jahrhundert die Bach-Passionen für ihre Wiederaufführungen kürzten und bearbeiteten (aber allein die Tatsache, dass sie sich überhaupt für deren erneute Aufführung einsetzten, gebührt ihnen ein großer Verdienst!!), glaubte man auch Anfang des 20. Jahrhunderts, dass man Barockmusik vor einer (Wieder-) Aufführung erst in ein zeitgemäßes Gewand kleiden müsse, bevor man sie überhaupt einem Publikum präsentieren könne.
Man glaubte wirklich, den alten Musikstücken durch diese "Generalüberholungen" etwas Gutes zu tun und durchaus im Sinne der Komponisten zu handeln.
Immerhin wurden auf diese Art und Weise viele Musikstücke aus einem oft jahrzehntelangen Dornröschenschlaf erweckt - und das ist ja auch schon was…
Diese so bearbeiteten Stücke klingen für uns heutige Zuhörer oft wie eine bizarre Mischung aus spätromantischem Bombast mit barocken Melodien. Überraschend anders und manchmal auch ein bisschen unfreiwillig komisch - aber auf jeden Fall ein Hörerlebnis der ganz besonderen Art!
Gerade bei Bach entdeckten viele der damaligen Arrangeure auch das Potential, das in seinen zahlreichen und umfangreichen Orgelwerken lag: Hier konnte man sich bei der Orchestrierung dieser mehrstimmigen und harmonisch so überaus interessanten Kompositionen mal so richtig austoben und "aus dem Vollen schöpfen"! Man merkt diesen Bearbeitungen an, wie viel Freude ihre Schöpfer daran gehabt haben müssen, aus dem "kargen" Stimmmaterial ein wahres Klangfest für ein groß besetztes Symphonie-Orchester schaffen zu dürfen und dem Publikum so auch Werke zu Gehör bringen zu können, die es sonst vielleicht nie kennengelernt hätte! So überrascht es nicht, dass auch auf der oben erwähnten CD die meisten der eingespielten Bach-Stücke im Original Kompositionen für die Orgel sind: Fantasie und Fuge c-moll BWV 537, Toccata und Fuge d-moll BWV 565, Präludium und Fuge Es-Dur BWV 552, Fuge g-moll BWV 578.

Die Fantasie und Fuge c-moll BWV 537 hatte es gestern im Orgelkonzert gegeben und das hatte mich an die auf der CD enthaltene Orchesterversion von Edward Elgar erinnert - ein herrlich üppig-klangsattes Werk, luxuriös ausgestattet wie ein viktorianischer Salon mit vielen Blechbläsern, Pauken, Becken und weiterem Schlagwerk, einem breitem Streicherteppich und apart flirrenden Harfenklängen im Hintergrund! Elgar lässt nichts aus, was ein Symphonie-Orchester seiner Zeit zu bieten hat und das Ganze klingt erstaunlich stimmig - wenn man nicht weiß, dass es sich eigentlich um eine barocke Orgelkomposition handelt, könnte man das Stück auch für eine Originalkomposition eines Spätromantikers halten (gerade bei der langsamen Fantasie zu Beginn mit ihren schillernden Harmonien)!
Überhaupt zeigt sich bei all diesen Bearbeitungen, dass gerade Bachs Musik diese ganzen "Vergewohltätigungen" erstaunlich schadlos übersteht - irgendwie kann ihr nichts wirklich etwas anhaben, sie klingt einfach immer gut und verfehlt ihre Wirkung nicht! Wie vielseitig sie ist, zeigen ja unter anderem auch die zahllosen Jazz-Bearbeitungen, die so ab den 1950er Jahren zunehmend aufgekommen sind.
Gerade Leopold Stokowski hat sich durch seine zahlreichen Bach-Bearbeitungen auf diesem Gebiet sehr hervorgetan - seine "Bach-Musik" war bei den Besuchern seiner Symphonie-Konzerte sehr beliebt, während das üppige Klanggewand, das Stokowski den barocken Werken überstülpte, bei Kritikern und Musikwissenschaftlern eher skeptisch und ablehnend bewertet wurde; man qualifizierte solche Werke geringschätzig als "Bachowski" ab. Die bekannteste Stokowski-Bach-Transkription ist sicherlich die faszinierende Orchesterversion der bekannten und beliebten Toccata und Fuge d-moll BWV 565 (auch auf besagter CD eingespielt), die auch im legendären Walt Disney-Trickflilm "Fantasia" von 1940 von Stokowski und "seinem" Philadelphia Orchestra gespielt wird (die bekannteste Episode aus "Fantasia" ist wohl der Auftritt von Micky Maus als Zauberlehrling zur Musik von Paul Dukas).
Aus heutiger Sicht sieht man Stokowskis Bearbeitungen barocker Kompositionen weitaus weniger negativ sondern vielmehr als interessante und experimentelle Zeugnisse einer Zeit, die gerade erst begann, sich einen neuen Zugang zur Barockmusik zu verschaffen und dabei halt verschiedene Wege ausprobierte. Und dass Stokowski (aber auch die anderen oben erwähnten Komponisten) sein Handwerk als geschickter Arrangeur und Orchestrator brillant beherrschte, steht wohl außer Frage. So gesehen kann ich auch andere CDs sehr empfehlen, die weitere interessante Stokowski-Transkriptionen enthalten (die zweite CD enthält Bearbeitungen von Stücken von Händel, Vivaldi, Purcell und anderen):

Allein die Tatsache, dass es außer den hier vorgestellten noch einige weitere CD-Aufnahmen gibt, zeigt ja, dass diese Stokowski-Bearbeitungen auch heute durchaus ihr Publikum finden und auf Interesse stoßen.

Dass uns heute Barockmusik genauso selbstverständlich vertraut ist, wie die Musik von Mozart, Beethoven oder Brahms (deren Musik seit ihrer Entstehung - im Gegensatz zu den meisten Barockwerken - ohne Unterbrechung immer wieder aufgeführt wurde), hat schließlich seinen Ursprung in diesem geschilderten "Trend" zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Es verwundert eigentlich nur, dass damals noch niemand auf die Idee gekommen ist, Barockmusik so aufzuführen, wie sie im 17. und 18. Jahrhundert erklungen sein könnte und eben alte Instrumente und alte Spieltechniken aus dieser Zeit zu verwenden. Ich schiebe diese für viele damalige Musiker sicherlich vollkommen absurd erscheinende Idee mal auf den damals noch ungebrochenen Fortschrittsglauben, der frühere Entwicklungsstufen als unfertig und damit verbesserungswürdig betrachtete.
Die Idee einer "historisierenden Aufführungspraxis" hat sich erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts verbreitet und ist mit dem Entstehen der "Originalklangbewegung" seit den 1950er Jahren ein bis heute ungebrochenes "Erfolgsmodell" geworden, dass unsere Hörgewohnheiten von Alter Musik komplett über den Haufen geworfen hat. Es mag erstaunen, wenn man sich vor Augen (und Ohren) führt, dass die selbstverständliche Art, wie man heute zum Beispiel Bachs Brandenburgische Konzerte aufzuführen pflegt, noch vor 70 oder 80 Jahren völlig unbekannt war! Man kann den Einfluss dieser seither neugewonnnenen Erkenntnisse auf die Musizierpraxis für unser heutiges Bild barocker (und älterer) Musik nicht genug würdigen und schätzen!
Aber ab und an macht es halt auch mal Spaß, sich anzuhören, wie man die Musik von "Bach & Friends" vor gut 100 Jahren so aufzuführen pflegte :-)
Am wichtigsten finde jedoch ich die Tatsache, dass man Bachs Musik überhaupt spielte und für aufführenswert erachtete und sich künstlerisch mit ihr auseinandersetzen wollte - das ist doch irgendwie das größte Kompliment, das man einem Komponisten machen kann, oder nicht?

Mittwoch, 24. März 2010

Heute in der Lunch-Time-Orgel

Zunächst spielte uns Wolfgang Abendroth heute die Fantasie und Fuge c-moll BWV 537 von Johann Sebastian Bach.
Die ruhige Fantasie passte gut zur Passionszeit: Eher getragen und schmerzvoll-melancholisch im Ausdruck. Ganz im Gegensatz dazu die anschließende Fuge, deren energisch-markantes Thema mir besonders gut gefallen hat.

Im Anschluss daran gab es heute zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder mal eine Orgelkomposition aus dem 20. Jahrhundert: Die Choralvariationen op. 22/1 über "Jesu, meine Freude" von dem in München tätigen Karl Höller (1907-87). Ein originelles Stück, das fern jeder Atonalität dennoch durch teilweise recht gewagte Harmonien und rhythmisch mitunter am Jazz orientierte Klänge für sich einzunehmen wusste :-)
Über den Choral "Jesu, meine Freude" hat z. B. schon Bach Variationen im Rahmen einer seiner Motetten komponiert und es ist interessant zu erfahren, dass sich auch im 20. Jahrhundert noch Komponisten mit solchen alten Choralmelodien kreativ auseinandergesetzt haben.

Montag, 22. März 2010

Frühlings-Klassik

So, seit dem 20. März ist es nun endlich auch ganz offiziell und endgültig FRÜHLING! Endlich!!
Wir haben einen wirklich langen, fies kalten und selbst für Kölner Verhältnisse erstaunlich schneereichen Winter hinter uns und dementsprechend groß ist die (Vor-) Freude auf den jetzt beginnenden Lenz!
Und diese Erwartungshaltung dem Frühling gegenüber ist genau das, was ihn mit Abstand zu der Jahreszeit macht, die mit den meisten positiven Eigenschaften belegt ist! Beim Recherchieren nach klassischer Frühlingsmusik habe ich bislang noch kein Stück gefunden, in dem es um negative Eigenschaften dieser Jahreszeit ginge (da gibt es bei allen anderen Jahreszeiten ja immer die berühmten zwei Seiten!) - wohin man schaut (und hört): Nur Freude, Glücksgefühle, Blumen, Vögel, Schmetterlinge und (natürlich!) Verliebtheit, Tanz, Jugend, etc.
Oh Mann!
Mit Abstand ist der Frühling auch die Jahreszeit, zu der ich die meisten Musikstücke gefunden habe, bzw. immer noch finde, ein Ende ist noch nicht abzusehen, ich sichte noch das Material und eröffne den musikalischen Frühling daher zunächst wie gewohnt mit den Jahreszeiten-Zyklen, die bereits im Sommer, Herbst und Winter entsprechend vorgestellt wurden:


Antonio Vivaldi (1678-1741)
12 Violinkonzerte "Il cimento dell'armonia e dell'inventione" op. 8
("Der Gipfel von Harmonie und Erfindung"); entstanden ca. 1700-1725

Darin als Konzert Nr. 1 "La primavera" ("Der Frühling") in E-Dur
Auch seinem Frühlingskonzert hat Vivaldi ein - möglicherweise von ihm selbst gedichtetes - Sonett vorangestellt, in dem er ein erläuterndes Programm für das jeweilige Konzert entwirft und hübsch gereimt die Szenerien vorstellt, die er in der Musik des dreisätzigen Konzerts auszudrücken versucht.

Die Themen der drei Sätze sind:
1. Satz: Frühlingserwachen - Gesang der Vögel - Die Quellen murmeln - Blitz und Donner - Die verstummten Vögel beginnen nach dem Gewitter erneut mit ihrem Gesang
2. Satz: Der schlafende Ziegenhirt (Solovioline) - Rauschen des Laubes und der Pflanzen (Violinen) - Der Hirtenhund bellt (Viola)
3. Satz: Nymphen und Hirten tanzen einen ländlichen Tanz zu den Klängen des Dudelsacks

Das den ganzen Satz durchziehende Eröffnungsthema des ersten Satzes dieses ersten Konzerts der Vier Jahreszeiten dürfte die wohl bekannteste Vivaldi-Melodie überhaupt sein! Abgesehen von der kurzen Gewitter-Episode ist der ganze Satz geprägt von Fröhlichkeit und einer idyllischen Szenerie mit murmelndem Bach und singenden Vögeln. Im Sommer-Konzert wird das Gewitter dann ungleich heftiger ausfallen! Sehr anschaulich auch die "Rollenverteilung" der Instrumente im langsamen zweiten Satz: Die Solovioline beschreibt den ruhig schlafenden Hirten, das sich unablässig im sanften Wind bewegende Laub wird von den ersten und zweiten Geigen des Begleitorchesters zu Gehör gebracht und dazu "bellt" in regelmäßigen Abständen der treue Hund des Hirten - eine Aufgabe für die Viola (Bratsche)! Für die Bass-Stimme ist in diesem Satz nichts zu tun. Im dritten Satz ahmt das Streicherensemble mit charakteristisch wiegendem Rhythmus und liegenden Basstönen der typische Klang des damals bei der Landbevölkerung (nicht nur in Schottland) weitverbreiteten Dudelsacks nach, zu dessen Klängen die Landleute tanzen.


Joseph Haydn (1732-1809)
Die Jahreszeiten
(Oratorium in vier Teilen, Uraufführung im Mai 1801)

1. Teil: Der Frühling

Haydn nimmt sich im ersten Teil seines letzten Oratoriums folgender Frühjahrsthemen an:

Der Übergang vom Winter zum Frühling - Tauwetter - Die Sonne gewinnt wieder an Kraft - Der Bauer pflügt und sät - Bitte um Regen und gutes Gedeihen der Saat - Die Jugend freut sich über die ringsum blühende, neu belebte Natur - Danklied

Auch bei Haydn herrscht durchweg die Freude über das neue Erwachen der Natur nach dem langen Winter. Lediglich zu Beginn wird noch kurz gewarnt, dass der Winter ja auch noch einmal zurückkehren könne für ein weiteres (wenn auch wohl nur noch kurzes) "Gastspiel". Berühmt ist die Stelle, wo Haydn den "fröhlichen Landmann" (nein, nicht den von Robert Schumann *grins*) bei der Feldarbeit beschreibt und für seine damals schon zahlreichen Fans mit einem Augenzwinkern das beliebte Thema aus seiner "Symphonie mit dem Paukenschlag" (aus dem 2. Satz) zitiert.


Astor Piazzolla (1921-1992)
Las Cuatro Estaciones Porteñas
("Die vier Jahreszeiten aus Buenos Aires")

Der Frühling "Primavera Porteño" ist - wie die anderen drei Sätze dieses Zyklus - ein Stück für Gitarre solo (das Werk gibt es aber auch in anderen Bearbeitungen, z. B. für Klavier) und basiert, wie die meisten Werke Piazzollas, aus Elementen des traditionellen argentinischen Tangos.


Alexander Glasunow (1865-1936)
Die Jahreszeiten, op. 67
(Ballett in vier Teilen, UA im Februar 1900)

2. Teil: Der Frühling
Tänzerisch und musikalisch geht es um folgende Themen:
Scene - Der sanfte Zephir erweckt Blumen und Vögel zum Leben - Tänze für die Rosen, den Frühling und die Vögel in einer sonnendurchfluteten ländlichen Szenerie

Mit Harfenklängen weht der Zephir-Wind herein und belebt die helle und bunte Szene.


Fanny Hensel-Mendelssohn (1805-1847)
Das Jahr - 12 Charakterstücke für das Fortepiano
(komponiert 1841)

3. Satz: März - Agitato (mit dem Osterchoral "Christ ist erstanden")
4. Satz: April - Capriccioso
5. Satz: Mai - Frühlingslied

Fanny Hensel kombiniert ihren Monat März mit dem bekannten Osterchoral "Christ ist erstanden" und bringt damit das Osterfest als typisches Fest der Frühlingszeit als neuen Gedanken ins Spiel. Beim Anhören und Zusammenstellen verschiedener Frühlingsstücke ist mir aufgefallen, dass die ganze Osterthematik eher selten bis gar nicht in diesem Zusammenhang auftaucht. Klassische Musik zum Thema "Ostern" (übrigens auch ein schönes Thema, fällt mir gerade auf!) bleibt in der Regel eher auf den Bereich der geistlichen Musik beschränkt und wird von den Komponisten in Frühlingsmusiken weitgehend ignoriert.




Peter Tschaikowsky (1840-1893)
Die Jahreszeiten, op. 37b
(12 Klavierminiaturen, entstanden 1875-1876)

3. Satz: März - Lied der Lerche
4. Satz: April - Schneeglöckchen
5. Satz: Mai - Weiße Nächte

Auch Tschaikowsky beschäftigt sich erwartungsgemäß mit Frühlingsblumen und Vogelgesang. Das Mai-Thema "Weiße Nächte" überrascht etwas, da dieses Phänomen ja eigentlich eher zur "Mittsommernacht" Mitte Juni passen würde. Gut, auch im Mai sind die Tage schon herrlich lang und es ist abends lange hell, aber deswegen gleich schon von "Weißen Nächten" sprechen? Eventuell erklärt sich das Ganze durch den im 19. Jahrhundert in Russland noch vorherrschenden julianischen Kalender (erst im 20. Jahrhundert wechselte man auch dort zum in Westeuropa längst gebräuchlichen gregorianischen Kalender). Zur Zeit Tschaikowskys betrug die Differenz zwischen beiden Kalendersystemen bereits knapp 2 Wochen - während in Russland dem Kalender nach noch Ende Mai war, war in Westeuropa bereits Mitte Juni. So könnte das mit dem russischen "Weißen Nächten " im Mai dann doch noch hinkommen :-)


Joseph Joachim Raff (1822-1882)
Symphonie Nr. 8 A-Dur, op. 205 "Frühlingsklänge"
(komponiert 1876)

1. Satz: Frühlings Rückkehr - Allegro
2. Satz: In der Walpurgisnacht - Allegro
3. Satz: Mit dem ersten Blumenstrauß - Larghetto
4. Satz: Wanderlust - Vivace


Wieder einmal sind die vom Komponisten gewählten vier Satzüberschriften sehr aussagekräftig und umfassen verschiedene Aspekte des auch hier wieder mit freudiger Stimmung in Verbindung gebrachten Frühlings. Interessant ist die Aufnahme der Walpurgisnacht (30. April) in das Frühlingsprogramm.




Louis Spohr (1784-1859)
Symphonie Nr. 9 h-moll, op. 143 "Die Jahreszeiten"
(UA 1850)

2. Satz "Der Übergang zum Frühling" - Allegro maestoso
"Der Frühling" - Moderato

Wie in Glasunows Jahreszeiten-Ballett beginnt auch Spohr seine 9. Symphonie mit dem Winter, so dass der Frühling nun den 2 Satz bildet und in der kurzen Übergangs-Sequenz noch die Tempobezeichnung Allegro maestoso des Wintersatzes trägt, bevor sich das Tempo im eigentlichen 2. Satz dann etwas beruhigt.



Joaquín Rodrigo (1901-99)
Musica para un Jardín
(UA 1958)
3. Satz: Berceuse de primavera (Wiegenlied des Frühlings)

In Rodrigos "Musik für einen Garten", ein kleiner Zyklus, in dem ein Garten in den verschiedenen Jahreszeiten musikalisch beschrieben wird, sind Winter und Frühling in einem Satz zusammengefasst. Vom gartentechnisch nicht wirklich ereignisreichen Winter geht es übergangslos direkt zur "Introduccion a la berceuse de primavera" und dann zur eigentlichen "Berceuse de primavera" weiter…



Gregor Joseph Werner (1693-1766)
Musicalischer Instrumental-Calender
(veröffentlicht 1748)

Zum originellen Instrumental-Calender von Gregor Werner hatte ich bereits im Post vom 22.06.09 Klassik im Sommer ein paar erläuternde Worte geschrieben, daher möchte ich mich hier nicht wiederholen und stattdessen jetzt nur das "Programm" der drei Frühlingsmonate vorstellen:

3. Konzert: März ("Il Màrzo, in dem Mertzen")
1. Die Fasten
2. Die Sonne betritt den Widder
3. Menuett: Tag und Nacht gleich
4. Die Nachsinn- und Betrachtung
5. Der verworfene Tag

4. Konzert: April ("L' Aprile, im April")
1. Der Frühling
2. Der spielende Schäfer
3. Menuett: Die Tageslänge 13, die Nacht 11 Stund
4. Das veränderliche Aprilwetter
5. Das Frosch-Geschrei

5. Konzert: Mai ("Il Màggio, im May")
1. Der Gärtner
2. Menuett: Die Tageslänge 14, die Nacht 10 Stund
3. Die Nachtigall
4. Menuett: Die Tageslänge 15, die Nacht 9 Stund
5. Der Widerhall oder Echo


Auch für die Frühlingsmonate hat Werner wieder einige originelle Themen gefunden, die - mal mehr, mal weniger - zur Jahreszeit passen! Schön, dass hier auch mal ein Komponist sich des sprichwörtlichen Aprilwetters annimmt und den Satz-Titel "Das Frosch-Geschrei" finde ich auch zu schön :-)

Stephen Sondheim - 80. Geburtstag

Hierzulande bei weitem nicht so bekannt wie andere Komponisten und Texter der amerikanischen Musical-Szene feiert heute der gebürtige New Yorker Stephen Sondheim seinen 80. Geburtstag.

Sondheim kam schon früh in Kontakt mit der faszinierenden Welt der New Yorker Musicals, bekannt geworden sind z. B. die Begegnungen, die er bereits als Teenager mit der in der Nachbarschaft lebenden Musical-Legende Oscar Hammerstein (1895-1960) hatte, der vor allem als Texter vieler absoluter Broadway-Klassiker berühmt wurde.

Nach diesen prägenden Eindrücken und erfolgreich absolviertem Studium wurde er zunächst als Musical-Texter bekannt, darunter Gypsy (1959) und Do I Hear a Waltz? (1965) und vor allem natürlich für den Welterfolg West Side Story (1957), zu dem Leonard Bernstein (1918-90) die Musik schrieb. Hauptsächlich in den 1970er und 1980er Jahren entstanden dann die Musicals, für die er sowohl Text und Musik verfasste und die vor allem bei der Kritik aufgrund ihrer anspruchsvollen Themen und musikalischen Umsetzung gut ankamen. Vielleicht waren diese Werke für die Erwartung des unterhaltungswütigen, typischen Broadway-Publikums oft zu wenig eingängig - Welthits, wie sie zeitgleich z. B. von Andrew Lloyd Webber produziert wurden, waren jedenfalls nie dabei (obwohl die Stücke auch nie wirkliche Flops waren). Es ist ja oft so, dass das, was bei Kritikern und Kennern gut ankommt, nicht unbedingt immer auch dem Geschmack der breiten Masse entspricht. Daher ist Sondheim hierzulande wohl auch am ehesten als der West Side Story-Textdichter bekannt und ansonsten eher (leider!) "nur" ein Tipp für Kenner...

Zu seinen bekanntesten und erfolgreichsten Werken gehören sicherlich Anyone can whistle (1964), Follies (1971), A Little Night Music (1973), Pacific Overtures (1976), Sweeney Todd (1979), Sunday in the Park with George (1984) und Into the Woods (1987). Es lohnt sich wirklich, hier mal auf (zumindest akustische) Entdeckungsreise zu gehen! Auf unseren Bühnen bekommt man diese Stücke eher selten bis gar nicht zu sehen, sehr schade! :-(







Zumindest Sweeney Todd dürfte auch bei uns zeitweise einen kleineren Bekanntheitsschub erlangt haben, da Kult-Regisseur Tim Burton das düstere Musical im Jahr 2007 - wie meistens - mit Johnny Depp und Helena Bonham Carter in den Hauptrollen verfilmt hat. (Kaum zu glauben, dass die Rolle der Mrs. Lovett bei der Broadway-Premiere 1979 von Angela Lansbury gespielt wurde, die man bei uns eigentlich nur als nette ältere Dame und Hobby-Detektivin Jessica Fletcher aus der Serie "Mord ist ihr Hobby" kennt...)

Mittwoch, 17. März 2010

Heute in der Lunch-Time-Orgel

Im Konzert heute gab es nur ein Stück (was nicht sooo häufig vorkommt):
Wolfgang Abendroth spielte für uns heute von Josef Gabriel Rheinberger (1839-1901) die viersätzige Orgelsonate Nr. 8 e-moll, op. 132.

Orgelmusik der Spätromantik (die ja sehr häufig vor allem aus Frankreich kommt) mag ich sehr gerne, der in München wirkende Rheinberger (ein gebürtiger Liechtensteiner!) gehört da auf jeden Fall zu meinen Favoriten.
Neben der einleitenden Fuge faszinierte die heute gespielte Sonate vor allem durch ihre gewaltige Passcaglia im letzten Satz - beides eigentlich barocke Kompositionsformen, die aber auch im klanglichen Gewand des späten 19. Jahrhunderts ihren Reiz nicht verlieren.
Die musikalische Form einer Passcaglia finde ich immer ganz besonders spannend: Über eine stets in unveränderter Form durchlaufende Bassmelodie entspinnen sich in den darüberliegenden Stimmen Variationsfolgen, die sich im Verlauf des Stückes immer mehr verdichten und steigern, was dem Ganzen einen großartigen Spannungsbogen verleiht und somit gerade durch das immer wiederkehrende Bassfundament eine ganz eigenartige, unwiderstehliche Wirkung entsteht. Ist schwer zu beschreiben, hat aber auch im heutigen Konzert wieder funktioniert :-)

Montag, 15. März 2010

Neulich im Theater...

So, endlich war es dann mal soweit: Der erste Theater-Besuch im Jahr 2010 hat am vergangenen Samstag (13.03.) stattgefunden - wir haben in der (ausverkauften!) Kölner Oper eine Aufführung von Cole Porters Broadway-Klassiker "Kiss me, Kate" gesehen, bzw. gehört.

Ich muss mich ja als Fan der großen "klassischen" Musicals outen - bei Namen wie "My Fair Lady", "Annie get your gun", "The King and I", "West Side Story" oder "Show Boat" bekomme ich regelmäßig glänzende Augen - naja und "Kiss me, Kate" gehört in diese illustre Reihe natürlich unbedingt mit rein!

Schade, dass Musicals wie diese in den letzten Jahren hierzulande viel zu selten aufgeführt werden! Keine Ahnung, warum man spätestens seit den Neunzigern in Deutschland mit "Musical" hauptsächlich diese austauschbaren "Hochglanz-Produktionen" à la "Die Schöne und das Biest", "Miss Saigon" oder "Mamma Mia", etc. verbindet, die in haargenau denselben Versionen quer durch die Republik gereicht werden, bis sie keiner mehr sehen und hören mag... das ist echt schade - und auch ziemlich einfallslos!

Da lobe ich mir eine Inszenierung wie die, die wir letzten Samstag hier bei uns in der Kölner Oper zu sehen bekamen: Es war wirklich klasse und mitreißend - wir sind drei Stunden lang bestens unterhalten worden, tolle Kostüme, kiloweise Pailletten und sonstiger Glitter *grins*, Tanz und Gesang - und das alles nicht zu diesen maßlos überteuerten Preisen, die man für "We will rock you", "König der Löwen" & Co. hinblättern muss!

Die Kölner Oper ist in den vergangenen Jahren (im Gegensatz zu manch anderem Stadttheater wie z. B. dem Gelsenkirchener "Musiktheater im Revier") nicht gerade durch ihren übermäßigen Einsatz für Musicals aufgefallen und so ging man in dieser neuen Spielzeit 2009/10 (mit neuem Intendanten!) auch erst einmal auf Nummer sicher und übernahm mit der aktuellen "Kiss me, Kate"-Inszenierung eine Produktion der Komischen Oper Berlin aus dem Jahr 2008, was ich im Nachhinein für einen klugen Schachzug halte und mit der Hoffnung verbinde, dass wir hier in Köln auch künftig mal wieder ein paar weitere Musical-Klassiker präsentiert bekommen! Die Chancen stehen gut, würde ich sagen, denn die "Kiss me, Kate"-Inszenierung kam hier in Köln wirklich gut an, was die ständig ausverkauften Vorstellungen und die zu Recht guten Pressekritiken beweisen!

Hervorzuheben ist besonders die Hauptdarstellerin Dagmar Manzel, die als kratzbürstige Kate eine derartige Energie versprüht, dass einem wirklich Angst und Bange werden konnte, wenn sie einen ihrer Wutanfälle zelebrierte *lach*
Die Frau ist ein echter Vulkan und produziert bei ihren Temperamentsausbrüchen Geräusche, die man am ehesten noch mit Pumuckl oder anderen wildgewordenen Kobolden vergleichen könnte! Dass sie außerdem auch noch fabelhaft singen und tanzen kann, machte die ganze Sache zu einem perfekten Ganzen, denn mit einer guten Darstellerin der Kate/ Lilli steht und fällt das ganze Stück!

Der Darsteller der männlichen Hauptrolle, der österreichische Bassbariton Claudio Otelli, hat mir dagegen nicht so gut gefallen - es stört in einem Musical wie diesem doch schon, dass der Mann ausgebildeter Opernsänger ist, da er seine Songs naturgemäß mit großer Geste und Opernstimme anging, was irgendwie nicht ganz zum Rest des Ensembles und dem Stil der Musik im Bigband-Sound der 1940er Jahre passen wollte. Wenn Herr Otelli sang, blieb erstaunlicherweise auch sofort die Textverständlichkeit größtenteils auf der Strecke, das scheint irgendwie bei Opernsängern eine Art Grundproblem zu sein, wie ich es in zahllosen Aufführungen "normaler" Opern schon erleben musste - schade eigentlich...

Ein Rätsel blieb für mich auch, warum alle Darsteller mit diesen portablen Mikrofon-Teilen ausgestattet waren (so wie es in den oben erwähnten "Hit-Musicals" ja üblich ist)? Die Kölner Oper hat im Gegensatz zu diesen riesigen "Event-Hallen" eine gute Akustik, reguläre Opernaufführungen werden ja auch ohne diese Mikrofon-Dinger gegeben; wirklich notwendig sind die Teile meiner Meinung nach also nicht (und auch "Kiss me, Kate" dürfte seit der Uraufführung 1948 mehrheitlich eher ohne diese Technik über die Bühne gegangen sein...) - meint man damit die heutzutage richtige "Musical"-Theaterstimmung erzeugen zu müssen, ohne die es angeblich nicht (mehr) geht? Hmmm, also ich fand die Stimmen manchmal ein bissel übersteuert...

Das Orchester war übrigens auch echt spitze - "Kiss me, Kate" sieht eine klassische Bigband mit Streicherverstärkung vor und es machte Spaß, die Musiker beim Spielen zu beobachten, zumal man die "Band" wie eine Bigband in einem Tanzclub der 1940er Jahre präsentierte: Die einzelnen Notenständer hinter weißen Sichtblenden versteckt, die gesamte Band war auf einem stufenartigen Gestell (auch ganz in weiß) übereinander aus dem Orchestergraben aufsteigend bis weit auf die Bühne hinauf positioniert, so dass man sie eben auch während der Vorstellung gut sehen konnte, der (natürlich auch weiße) Flügel im Zentrum konnte von der Bühne aus über diese Stufenkonstruktion mühelos von den Darstellern "betreten" werden - es macht sich ja immer gut, wenn man sich mal beim Singen oder Steppen auf dem Klavierdeckel tummeln kann :-)
Die Musiker trugen weiße Hemden und schwarze Hosen und als kleinen Farbklecks dazu magentafarbene Feze (schreibt man das so??), also diese klassischen türkischen "Eimerhütchen" mit Bommelschnur, die ich in alten Schwarz-Weiß-Filmen tatsächlich schon mal als Band-Outfit gesehen habe - das sah klasse aus! Ich hab ja eh eine Schwäche für so kleine Details!

Warum in der Inszenierung alle Szenen, die im Stück eigentlich im Padua der Renaissance spielen (wie von Shakespeare in seiner Komödie "The Taming of the Shrew" - "Der Widerspenstigen Zähmung" eigentlich vorgesehen), im Look von glitzernden Las Vegas-Cowboys und -girls gegeben wurden, habe ich nicht so ganz verstanden.
Ich hatte zeitweise das Gefühl, im Westernzirkus aus "Annie get your gun" gelandet zu sein, muss allerdings dem Regissuer Recht geben, der im Programmheft dazu schreibt, dass diese Renaissance-Welt im Stück eh ein reines Phantasieland ist, deren Look nun schon (spätestens seit der berühmten Verfilmung des Stücks aus dem Jahr 1953) so oft kopiert worden ist, dass man sie zum einen endlich mal getrost über Bord werfen könne und es somit zum anderen eh völlig egal sei, ob das Ganze nun in Venedig, Rom, Neapel oder Las Vegas spiele. Naja, da hat er sich dann eben für diese quietschbunte, glitzernde Las Vegas-Version entschieden...

Aber abgesehen von diesen wenigen, wirklich zu vernachlässigenden Punkten ist diese Köln/Berliner "Kiss me, Kate" ein sehr, sehr lohnendes Theatervergnügen geworden, das man unbedingt gesehen und gehört haben sollte!
Wer also noch nicht drin war, sollte sich bemühen, für die verbleibenden Vorstellungen noch Karten zu ergattern - vergesst "Hairspray" im Musical-Dome, "Kiss me, Kate" ist das Musical der Saison in Köln!

"Wunderbar, wunderbar...!" *träller*

Freitag, 12. März 2010

Zwei Bonmots für Zwischendurch...

Ich hab mal wieder ein bisschen in den umfangreichen Weisheiten von Mr. Oscar Wilde nachgeschlagen und zwei weitere scharfsinnige Bemerkungen gefunden, wobei ich die erste der bezaubernden Mademoiselle Smilla widmen möchte (vielleicht trifft es diesmal eher Deine Sichtweise zum Thema "Mode"...) *wink*:

Mode ist nicht nur eine Frage der Kleidung. Mode hat etwas mit Ideen zu tun, damit, wie wir leben.

Und zum Hauptthema dieses Blogs meint Oscar:

Musiker sind so absurd unvernünftig. Immer wollen sie einen gerade in dem Augenblick völlig stumm haben, wenn man sich danach sehnt, völlig taub zu sein.

Mittwoch, 10. März 2010

Heute in der Lunch-Time-Orgel

Heute präsentierte uns Wolfgang Abendroth wieder mal ein kleines aber feines Mittagsprogramm:

Dietrich Buxtehude (1637-1707)
Präludium e-moll
Girolamo Frescobaldi (1583-1643)
Toccata di durezze e ligature
Claudio Merulo (1533-1604)
Toccata
Léon Boëllmann (1862-97)
Elégie
Choral

Vor allem das vielgestaltige, mehrteilige Präludium von Buxtehude hat mir gut gefallen - interessant auch die beiden eher selten zu hörenden Orgelwerke aus der italienischen Spätrenaissance/ des Frühbarocks!

Carl Reinecke - 100. Todestag

Im Moment geht es echt Schlag auf Schlag…

Heute möchte ich zur Abwechslung mal nicht an einen runden Komponisten-Geburtstag erinnern, sondern an den Todestag des Komponisten, Pianisten, Dirigenten und Lehrers Carl Reinecke, der heute vor genau 100 Jahren in Leipzig gestorben ist.
Geboren wurde Reinecke 1824 in Altona und der früh als begabter Pianist auftretende junge Mann studierte in der Folge - versehen mit einem Stipendium - am Leipziger Konservatorium, wo der große Mozart-Bewunderer dann auch Felix Mendelssohn Bartholdy und Robert Schumann kennenlernte.

Nach einigen beruflichen Zwischenstationen, unter anderem in Köln und Barmen (heute Wuppertal), wurde Reinecke dann im Jahr 1860 Leipziger Gewandhauskapellmeister, ein Amt, das er bis 1895 ausübte. Zeitgleich war er an seinem alten Studienort, dem Leipziger Konservatorium, zunächst als Lehrer, später dann sogar als dessen Direktor tätig (bis 1902).


Als Komponist zahlreicher, heute leider meist in Vergessenheit geratener Werke aller Gattungen (Oper, Lieder, Symphonien, Konzerte, Klavier- und Kammermusik) war er ein eher konservativer Vertreter - seine schon erwähnte Verehrung für die Musik Mozarts sollte zeitlebens anhalten, auch die Kompositionen von Mendelssohn, Schumann und Brahms entsprachen seiner ästhetischen Überzeugung. Vielleicht liegt es genau daran, dass Reineckes Kompositionen heute nicht mehr so bekannt sind, da er sich stilistisch eben sehr an den genannten Komponisten orientierte, woraus er auch keinen Hehl machte, da er für sich selbst als Künstler darin kein Problem sah.

Bedeutender für den weiteren Verlauf der Musikgeschichte dürfte sicherlich seine langjährige Tätigkeit als Klavier- und Kompositionslehrer am Leipziger Konservatorium sein - die Reihe bedeutender Komponisten, Pianisten und Dirigenten, die von ihm ausgebildet wurden, ist lang und reicht bis weit ins 20. Jahrhundert hinein.
Isaac Albéniz, Max Bruch, Frederick Delius, Edvard Grieg, Leos Janacek, Sigfrid Karg-Elert, Emil Nikolaus von Reznicek, Christian Sinding, Charles Villiers Stanford, Arthur Sullivan und Johan Svendsen dürften nur die bekanntesten unter ihnen sein!

So gesehen finde ich es schön, wenn man auch mal eines Musikers gedenkt, der vor allem als Lehrer und Pädagoge eine einflussreiche Persönlichkeit war.

Kompositionen von Reinecke kenne ich persönlich (noch) nicht allzu viele.

Erwähnenswert sind auf jeden Fall der Klavierzyklus "Von der Wiege bis zur Bahre" op. 202 aus dem Jahr 1888, den es auch in einer Fassung für Flöte und Klavier gibt (die auch auf der hier vorgestellten NAXOS-Aufnahme zu hören ist), sowie die im Jahr 1885 entstandene Sonate in e-moll für Flöte und Klavier "Undine" op. 167.

Zu den bekanntesten und somit auch am häufigsten eingespielten Werken Reineckes dürften zwei dem Spätwerk zuzurechnende Werke gehören: Das Konzert für Harfe und Orchester e-moll, op.182 (1884) sowie das Konzert für Flöte und Orchester D-Dur, op. 283 (1908). Wie man erkennen kann, dürften vor allem Flötisten Carl Reinecke sehr dankbar für seine kammermusikalischen und konzertanten Beiträge zu ihrem eh nicht so großen Repertoire sein ;-)


Genau das dürfte eben auch der Grund für die anhaltende Beliebtheit gerade der beiden letztgenannten Konzerte sein: Im 19. Jahrhundert beschränken sich die meisten Komponisten beim Schreiben von Konzerten fast ohne Ausnahme (warum auch immer?) auf die Soloinstrumente Klavier, Violine und ab und an auch mal auf das Cello. Kein Wunder, dass Generationen von HarfenistInnen und Flötenspielern und -spielerinnen froh sind, dass es mit diesen beiden Konzerten auch für sie sehr aparte Werke aus der Epoche der Spätromantik gibt! Wie gesagt: Wer Musik von Schumann und Brahms mag, dürfte sich beim Anhören dieser Werke ebenfalls sehr wohl und "heimisch" fühlen :-)

Dienstag, 9. März 2010

Samuel Barber - 100. Geburtstag

... und schon wieder ein runder Geburtstag!

Heute vor 100 Jahren wurde der amerikanische Komponist Samuel Barber in West Chester, Pennsylvania, geboren (er starb im Alter von fast 71 Jahren am 23.01.1981).
Zugegeben - sein Name ist nicht so bekannt, wie die von Frédéric Chopin oder Robert Schumann (um nur zwei weitere Jubilare des Jahres 2010 zu nennen), aber mir persönlich liegt seine Musik sehr am Herzen und ich möchte daher die Gelegenheit nutzen, an dieser Stelle ein wenig dafür zu werben, denn es lohnt sich wirklich!
Samuel Barber teilt das Schicksal zahlreicher Komponisten, von denen die Nachwelt oft nur ein einziges Stück kennt (und liebt) und in dessen Schatten deren übriges, oft umfangreiches und vielgestaltiges Oeuvre dann undankbarerweise ein Dasein in fast völligem Vergessen fristet.

In Barbers Fall ist dieses Stück sein weltberühmtes "Adagio for Strings", das ursprünglich der zweite Satz seines Streichquartetts in h-moll, op. 11 aus dem Jahr 1936 war.
Im Jahr 1937 arrangierte Barber diesen langsamen Satz für Streichorchester (die Einzelstimmen des Quartettsatzes werden in der Hauptsache nun also chorisch, das heißt mehrfach, besetzt, was dem Satz eine stärkere Klangfülle und -intensität verleiht), der daraufhin in dieser Form 1938 vom NBC Symphony Orchestra unter der Leitung der Dirigentenlegende Arturo Toscanini in New York im Rahmen einer Radioübertragung erstmals aufgeführt wurde.

Im Jahr 1967 bearbeitete Barber sein Adagio für achtstimmigen Chor a cappella und unterlegte hierfür den aus der lateinischen Messe stammenden Text des "Agnus Dei".
Barbers Adagio ist zu Recht berühmt geworden - es ist eine der intensivsten und schmerzlichsten Klagemusiken der gesamten Literatur und wurde zum Beispiel im Jahr 2004 von den Hörern der BBC zum "traurigsten klassischen Musikstück aller Zeiten" gewählt. Ich persönlich würde das Stück eher als tief melancholisch und schmerzerfüllt beschreiben, was für mich etwas anderes bedeutet als "Traurigkeit", aber das empfindet natürlich jeder anders. Jedenfalls ist es über die Jahrzehnte hinweg immer wieder bei Begräbnissen, Trauer- und Gedenkfeiern gespielt worden, so auch zu Barbers eigener Trauerfeier im Jahr 1981 (Leonard Bernstein dirigierte hierbei die New Yorker Philharmoniker).

Großartig ist der Aufbau des etwa 8 Minuten langen Satzes: Er beginnt leise und unspektakulär in den tiefen Stimmen, steigert sich allmählich in einem großen Bogen, währenddem der weitgespannte Fluss der Melodie sich in einem immer weiter verdichtenden Spannungsbogen intensiviert (auch durch schärfer werdende Harmonien und dissonante Reibungen, die durch die immer engere Zusammenführung der Einzelstimmen erreicht werden) und die Stimmen immer höhere Regionen erklimmen, bis der Höhepunkt in einem lang ausgehaltenen, fast schon schrill zu nennenden Akkord in höchsten Regionen erreicht ist. Dieser "Verzweiflungsschrei" (der noch dazu in fortissimo erklingt - die lauteste Stelle des ganzen Satzes) bricht dann unvermittelt ab, scheint in einer Generalpause nachzuhallen, bevor dann - wie eine Erinnerung an den Beginn des Satzes - die tiefen Stimmen wieder leise einsetzen (jetzt folgt quasi die Entspannung nach der vorangegangenen gewaltigen Steigerung) und der Satz zu einem ruhigen Ende gebracht wird, der - je nachdem, wie man das empfinden möchte - friedlich, vielleicht sogar hoffnungsvoll oder eben melancholisch schließt. Fantastisch!

Wie beliebt Barbers Adagio geworden ist, zeigen die zahllosen Einspielungen des Stücks, seine häufige Verwendung als Filmmusik (bekannt wurde es vor allem in Oliver Stones Antikriegsfilm "Platoon" aus dem Jahr 1986) und die zahlreichen Bearbeitungen und Arrangements. Im letzten Jahr habe ich z. B. eine sehr beeindruckende Version des Stücks für Orgel hören können - das war echt Gänsehaut pur!
In neuerer Zeit haben vor allem die Vertreter der Trance Music wie Ferry Corsten, William Orbit oder Tiësto das Barber-Adagio für sich entdeckt und eigene Bearbeitungen geschaffen, die zum Teil sehr erfolgreich waren.


Wie schon gesagt, so großartig und unverzichtbar das Adagio for Strings auch sein mag, es verstellt leider total den Blick auf Samuel Barbers restliches Werk, das neben Symphonien und weiteren Orchesterwerken (darunter auch das recht bekannte Violinkonzert op. 14 aus dem Jahr 1939) auch Kammermusik, Klavierwerke, Lieder und Opern umfasst.

Barbers bekannteste Oper (für die er auch mit dem Pulitzer-Preis für Musik ausgezeichnet wurde) dürfte Vanessa (op. 32) sein, die im Januar 1958 in New York uraufgeführt wurde. Für diese Oper schrieb Barbers Lebensgefährte, der italienisch-amerikanische Komponist Gian Carlo Menotti (1911–2007) das Libretto. Von der Besetzung der Uraufführung gibt es eine kürzlich wieder neu aufgelegte Einspielung, die bei SONY erschienen ist:
Sehr schön finde ich persönlich auch das melancholische "Knoxville: Summer of 1915" op. 24 für Sopran und Orchester aus dem Jahr 1948, über das ich in der Abteilung "Klassik im Sommer" schon ein paar Worte verloren hatte…

Außerdem gehört für mich als Orgelmusik-Fan die grandiose Toccata Festiva op. 36 für große Konzertorgel und Orchester aus dem Jahr 1960 zu meinen persönlichen Lieblingsstücken von Barber! Das Stück ist eine Auftragskomposition - eine neue Konzertorgel für Philadelphia wurde von einer reichen Mäzenin gespendet und sie wünschte sich, dass Barber ein wirkungsvolles Stück zur feierlichen Einweihung des Instruments komponieren sollte, was dieser dann auch tat.

Besonders empfehlen möchte ich an dieser Stelle die im Rahmen der verdienstvollen Serie "American Classics" bei NAXOS erschienenen Aufnahmen mit Werken von Samuel Barber. in der "American Classics"-Reihe erscheinen seit Jahren überaus interessante Einspielungen von Werken, deren Komponisten (zumindest hier bei uns Europa) fast völlig unbekannt sind - man blickt ja immer gerne etwas herablassend von hier aus auf klassische Komponisten aus der "Neuen Welt"…

Jedenfalls habe ich hier schon einige sehr schöne Werke kennenlernen dürfen (nicht nur von Barber!), von denen man sich nach dem Anhören ernsthaft fragt, warum sie hier bei uns eigentlich nie aufgeführt werden?!
Das Schöne an den NAXOS-CDs ist natürlich wieder einmal der unschlagbar günstige Preis, da kann man dann auch gerne mal "experimentell" sein und sich aus reiner Neugierde (und ohne Reue) auch mal eine CD einfach so zulegen, ohne das darauf eingespielte Werk zu kennen - oft habe ich dabei schon echte "Aha!"-Erlebnisse gehabt :-)

Freitag, 5. März 2010

KLASSIKers Lieblingsopern

Bisher kam eine Musikgattung hier ein bisschen zu kurz, obwohl ich sie eigentlich mit am meisten liebe:

OPERA!!!

Ich habe mir mal ein paar Gedanken gemacht, um meine absoluten Lieblingsopern hier in einer Top Ten-Liste zu veröffentlichen, aber -- es war mir beim besten Willen nicht möglich, mich hier nur auf 10 Opernfavoriten zu beschränken!
Und das, obwohl ich schon einige Titel weggelassen habe, auf die ich im allergrößten Notfall verzichten könnte (allein das schon ein grausamer Gedanke!).
Aber wer sagt denn, dass es ausgerechnet immer Top TEN-Listen sein sollen (die Zahl 10 wird sowieso völlig überbewertet!)??
Ich habe mich daher also mit Ach und Krach mit mir selber auf eine Liste mit 15 Opern einigen können, die ich - ohne jedes Ranking, denn das mag vielleicht bei Sportlern oder Aktienfonds etwas aussagen, aber nicht bei so vielschichtigen Kunstwerken wie Opern es nun einmal sind - hier nun also chronologisch nach ihren Uraufführungsdaten geordnet feierlich bekannt geben möchte:

Giulio Cesare in Egitto (G. F. Händel, UA 1724)
Cleofide (J. A. Hasse, UA 1731)
Orfeo ed Euridice (C. W. Gluck, UA 1762)

Il re pastore (W. A. Mozart, UA 1775)
Idomeneo (W. A. Mozart, UA 1781)
Le Nozze di Figaro (W. A. Mozart, UA 1786)

Die Zauberflöte (W. A. Mozart, UA 1791)
Il Barbiere di Siviglia (G. Rossini, UA 1816)
Der Freischütz (C. M. von Weber, UA 1821)

L'elisir d'amore (G. Donizetti, UA 1832)
La Traviata (G. Verdi, UA 1853)
Don Carlos (G. Verdi, UA 1867)

Carmen (G. Bizet, UA 1875)
Eugen Onegin (Tschaikowski, UA 1879)
Tosca (G. Puccini, UA 1900)


Gut - ich gebe zu, dass die Auswahl jetzt nicht besonders originell ist, ich gehe mal davon aus, dass bis auf Hasses Cleofide und Mozarts Il re pastore alle anderen Opern hinlänglich bekannt sind. Es handelt sich aber (fast) ausnahmslos um Opern, die ich in meiner Teenie-Zeit kennen- und liebengelernt habe, die mich daher nun schon seit vielen Jahren begleiten und in diesem Alter fängt man halt vor allem mit den absoluten "Klassikern" an, bevor man sich dann den Stil-Richtungen zuwendet, die einen besonders angesprochen haben. Und gerade die Teenagerzeit prägt einen doch ganz besonders, nicht wahr? Wenn ich daran denke, wie oft ich vor allem die hier genannten Opern rauf und runter gehört habe - gerade bei den deutschsprachigen Werken hat es dazu geführt, dass ich die kompletten Texte heute immer noch auswendig kenne :-)
Und meine Italienischkenntnisse (vor allem die Aussprache) haben davon auch profitiert. Wofür Opern alles gut sein können *grins*

Es fällt auf, dass sich keine Oper des 20. Jahrhunderts in meiner Liste befindet, ebenso fehlt Richard Wagner - für viele ja der Operngott schlechthin!
Mein Herz schlägt halt eindeutig für die italienische Oper und dann auch noch für die Barockoper - beide Faktoren sind von Opern, wie Wagner sie komponierte, meilenweit entfernt - das konnte also nichts geben mit uns :-)
Außerdem erkennt man ganz gut, dass Mozart und Verdi zu meinen Lieblingskomponisten im Opernsektor gehören - ich hätte auch noch Mozarts Don Giovanni, Die Entführung aus dem Serail, La clemenza di Tito und Cosi fan tutte nennen können (oder bei Verdi Rigoletto, Il trovatore, Aida oder Macbeth) und noch einige andere Opern (vor allem mehr von Händel!), aber ich sollte und wollte mich ja ein bissel einschränken und so musste ich grausam abwägen und die Favoritenliste zusammenstreichen - aber weniger als 15 Titel waren einfach nicht drin...!

In der Folge möchte ich (in unregelmäßigen Abständen) meine jeweilige Lieblingsaufnahme der hier genannten Opern vorstellen - man darf gespannt sein!

Neuerwerbung

Dass ich ein großer Fan von Orgelmusik bin, dürfte sich mittlerweile ja gezeigt haben - der absolute und unverzichtbare Mittelpunkt meiner Orgelleidenschaft ist - welch Überraschung! - natürlich das Orgelwerk von Johann Sebastian Bach. Und da geht es wohl nicht nur mir so :-)

Im Laufe der Jahre habe ich nun schon einige CDs mit Orgelwerken vom Johann Sebastian in meine Sammlung integrieren können, aber es waren bislang immer nur Einzelstücke und - leider, leider - sind die Porgrammverantwortlichen bei diversen CD-Labels nicht besonders originell, was die Zusammenstellungen auf solchen Bach-Orgel-CDs angeht :-(
Viel zu häufig sind allerdings immer nur die gleichen Stücke auf solchen CDs vertreten (besonders natürlich die unvermeidliche Toccata und Fuge d-moll BWV 565...), während andere Werke, die keinesfalls schlechter sind, so gut wie nie vertreten sind.

Unter den zahlreichen Organisten, deren Spiel mir gut gefallen hat, haben mir immer schon Helmut Walcha und der Brite Simon Preston besonders zugesagt.

Von Letztgenanntem habe ich seit ein paar Jahren drei gern gehörte CDs:




Wie schön, dass es von beiden Organisten Gesamtaufnahmen aller Bach-Orgelwerke gibt - denn nach einer solchen Gesamteinspielung bestand bei mir nun schon seit Längerem der Wunsch. Ich war das "Stückwerk" von diesen wenig hilfreichen "Best of Bach-Orgel" CD-Zusammenstellungen nämlich leid!

Das Problem: Die Aufnahmen von Helmut Walcha sind vor allem in den 1950er und 1960er Jahren entstanden. Schon auf den Einzel-CDs, die ich von Helmut Walcha habe, rauscht es manchmal doch schon recht deutlich, was mich auf Dauer ein bisschen stört und was schade ist, da ich die Interpretationen Walchas sehr gelungen finde. Hier soll jetzt nicht der Eindruck entstehen, als wären diese Aufnahmen völlig misslungen und verrauscht, wie man es leider oft bei Uralt-Aufnahmen erleben muss, die aus den 1930er oder 1940er Jahren stammen und die von irgendwelchen Schellackplatten auf CD überspielt wurden. Die Walcha-Aufnahmen sind davon weit entfernt, aber an manchen Stellen hört man ihnen ihr mittlerweile auch schon recht beachtliches Alter eben an.

Die Aufnahmen von Simon Preston sind dagegen alle zwischen 1987 und dem Jahr 2000 entstanden, also mit moderner Digital-Technik aufgenommen (was ich gerade bei Orgelmusik als großen Vorteil empfinde!) - aber bisher leider allesamt bei der Deutschen Grammophon seit Jahren im "Hochpreis-Segment" (wie das so schön heißt) vertreten, sowohl die Einzel-CDs, wie auch die Box mit der Gesamtaufnahme aller Bach'schen Orgelwerke, die im Bach-Jahr 2000 pünktlich zum 250. Todestag erschien. Und da hat mich bislang der Preis abgeschreckt, ganz ehrlich!

Umso größer meine Freude, als ich vor wenigen Wochen die um mehr als die Hälfte günstigere, ganz neu erschienene Box in der neuen Reihe "Collectors Edition" der Deutsche Grammophon entdeckte:

Die kompletten Bach-Orgelwerke, eingespielt von Simon Preston auf 14 CDs. Da habe ich dann nicht lange gezögert - und mir selber nachträglich zum Geburtstag diesen langgehegten Wunsch erfüllt.
Simon Preston spielt auf diesen 14 CDs auf ganz verschiedenen Orgeln in Deutschland, Skandinavien und England, darunter auch auf der Klais-Orgel der Bonner Kreuzbergkirche, was mich als ehemaligen Bonner natürlich ganz besonders freut!